Soir de Marrakech 2004 Eau de Parfum

Eyris
23.05.2020 - 11:01 Uhr
9
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft

Amber-Karikatur

Lang ist es her, dass mich ein Duft dermaßen genervt hat wie dieser Kandidat. Das liegt nicht einmal daran, dass er über alle Maßen schlecht wäre - sondern daran, dass mir dieser zusammengeschusterte, völlig unauthentische Amberakkord, den man leider mittlerweile in vielen "Amber"-Düften findet, einfach nicht gefallen mag.
Aber beginnen wir von vorn! Orientalische Düfte mit Vanille, Harzen und Amber fallen definitiv in mein Beuteschema, und so schaffte es auch der sommerlich-warm anmutende "Soir de Marrakech" auf meine Merkliste.

Der leicht irritierende Auftakt wurde durch meine Vorredner bereits beschrieben und ich kann mich weitestgehend anschließend. Die klosteinartige Zitrone, die uns auf den ersten Riecher begrüßt, bringt zwar einerseits eine angenehme Frische mit sich, hat hier aber leider ein deutliches WC-Reiniger-Flair und passt so gar nicht zum warm-weichen Ambiente des Kuschelorientalen.
Dieser schräge Einstieg ist jedoch schnell überwunden und gibt den Blick frei auf mein neuestes Hassobjekt: den künstlichen Amber-Akkord. Nun möchte ich einige Worte vorweg verlieren, um meine Bewertung ein wenig zu relativieren: ich kann natürlich nicht mit absoluter Gewissheit sagen, ob hier nicht doch "echter" Amber verwendet wurde - in dieser Preisklasse ist das aber äußerst unwahrscheinlich. Zweitens: es gibt natürlich auch gut gemachte Amber-Akkorde und genauso sicherlich auch Parfumos, die sich an der hier vorliegenden Machart erfreuen können. Ich gehöre jedoch leider nicht dazu.

Der Amber-Akkord besteht hier - zumindest wenn ich meiner Nase trauen darf - aus Labdanum, Vanille und vermutlich dem häufig in dieser Konstellation verwendeten Benzoe.
Für meinen Geschmack sind Labdanum und Vanille aber derart überdosiert, dass hier statt eines Ambergeruchs eine mufflig-süße, ja fast stickige Labdanum-Wolke entstanden ist, die mir die Luft zum Atmen raubt. Mit dem vielseitigen, tiefgründigen und mystischen Duft von echtem Amber hat das meines Erachtens nichts mehr gemeinsam.
In Verbindung mit der Orangenblüte, die im Herz des Parfüms relativ stark hervortritt, entsteht sogar eine leichte Pudrig- und Seifigkeit, die weder dem Klosteinauftakt noch dem Muffelcharakter des Labdanums sonderlich schmeichelt.
Im Abgang nach ca. 6-7 Stunden springt dann noch der Moschus auf die Bühne und gibt mir endgültig den Rest.

Fazit: Wer Gefallen an schweren, etwas altbacken anmutenden Labdanum-Vanille-Düften findet, dem sei hier ein Test gern angeraten, nicht jedoch dem Liebhaber authentischer, würzig-orientalischer Amber-Düfte.
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