Wild Dragon's Blood 2017

Chanelle
15.09.2017 - 07:09 Uhr
1
9
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft

Red Dragon

Wenn auch ich keine Verbindung zwischen diesem Duft und dem Roman von Thomas Harris feststellen kann, so drängt sich dieser Titel doch trotzdem auf. Der Duft hat eine rote Färbung, die allerdings auch ein Weilchen auf der Haut verbleibt, er ist mystisch und riecht nach Erinnerungen, nicht alle davon gut.
Woran er mich jetzt nicht erinnert, ist Anglomania, mein ehemaliger Signatureduft, den ich immer noch genial finde, aber außergewöhnlich und gut ist er auch.
Als ich ihn gestern das erste Mal roch (Apicius verhalf mir dankenswerterweise dazu), schickte er mich durch ein Wechselbad der Gefühle. Wie bei manchen außergewöhnlichen Düften wußte ich erstmal lange nicht, was ich davon halten sollte, bzw. wie ich später in Worte fassen sollte, was ich da gerade roch. Jetzt, am 2. Tag., kann ich schon ein wenig damit umgehen. Meine Gesamtmeinung steht auch schon fest, und die ist fast rundweg positiv.
Was mir gestern dazu einfiel, nämlich 80er-Jahre-Duft, 8 88 (von Comme des Garcons) und Opium vintage, ist leicht zu erklären:

Nachdem ich anfänglich eine mir vertraute Kopfnote, die krautig-seifig-süß war, gerochen hatte, fielen mir dazu schon einige 80er-Jahre-Herrendüfte ein, die stellenweise auch so rochen, allen voran der klassischen Paco Rabanne pour homme (entstanden schon in den 70ern), aber auch der beste Davidoff aller Zeiten, Relax.
Das sind aber keine Vertreter der "ROT"-Fraktion (und geht bitte alle nächste Woche wählen!!), aber da kommen wir noch hin. Denn die Seifenkraut-Kopfnote geht über in eine orientalische, und da kommen andere Verwandte ins Spiel: Joop Homme vintage ist nicht weit entfernt, auch Background winkt von fern.
Aber generell empfinde ich den Duft würziger, rauchigholziger als die beiden, fast schon animalisch. Ich rieche auch eine Nähe zu den heutzutage verpönten Pelz-Parfums der 30er Jahre, damals als weibliche Düfte konzipiert. Mit einer geballten Ladung Boudoir im Hinterkopf, und damit meine ich - nicht! - den Duft von Vivienne Westwood, sondern die Illusion eines geruchlich manifestierten Ankleidezimmers, mit Pelzen, Nag champa, Schminke von dunnemals, Zigaretten, Fettcreme und dem Geruch einer Schmuckschatulle. Letzteres auch schön eingefangen von 8 88, dem Goldduft.
Der Duft bleibt über Stunden in diesem imaginären Raum, bis er sich mit einer süßen Räucherstäbchennote zufriedengibt, die man noch am nächsten Tag wahrnehmen kann.
Dadurch, daß ich im drydown auch den Weihrauch gut erkennen kann, sehe ich ihn im Gesamtpaket eher als Duftzwilling eines anderen von mir sehr geliebten, schweren Parfums: Vallee des Rois. Demnach sehe ich ihn auch nicht als Herrenduft an, sondern durchaus tragbar von Frauen, die es auch mit Opium, Youth Dew oder Habanita können, also gestandene Vollweiber - oder von Männern, die den orientalischen 80ern nachtrauen, wie KL Homme oder Hascish.
Sparsam dosieren schont die Umwelt und kompromittiert nicht die Freunde, die immer noch Spaß an seichten Immergehern haben.
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