Les Exclusifs de Chanel

1932 2012 Eau de Toilette

Mediocre
09.07.2013 - 12:20 Uhr
21
Top Rezension
7
Duft

Tausche Nasenring aus Elfenbein gegen Diamantcollier oder Brillantbrosche....

Schon Weihnachten letzten Jahres hatte ich das Vergnügen,
den Duft 1932 in Form einer großzügigen Abfüllung auszutesten.
Da diese Abfüllung nicht unbedingt zu 100% aus vertrauenswürdiger Quelle stammte,
wollte ich meiner Nase nicht trauen und mit einem Kommentar dann doch lieber noch etwas warten.

Was war passiert?
Mir spukte die Information im Kopf herum,
daß dieser Duft inspiriert worden sei von der Kollektion „Bijoux de Diamants“,
die Coco Chanel im Jahre 1932 entworfen und in ihrem Palais in der Rue Faubourg St. Honoré ausgestellt hat.
Wer die damaligen Entwürfe kennt - die teilweise auch noch heute hergestellt werden -
kann den Duft „1932“ selbst bei einer ins Kraut schießenden Fantasie keinesfalls damit in Verbindung bringen.

In meiner Nase ist „1932“ ein weicher, sehr femininer Wohlfühlduft für den Tag,
der eher zu einem Twin-Set aus exquisitem Kaschmir und einer einreihigen Perlenkette paßt,
als zu einer hochkarätigen Ansammlung kalt-strahlender, herzlos-lupenreiner Diamanten,
die auf einer rauschenden Ballnacht grenzenlosen Neid und Bewunderung erregt.

Und das liegt vor allem an der Iris-Note die alles überpudert.
Dieser Mode des Überpuderns bin ich persönlich ähnlich überdrüssig,
wie der inflationären Ver(sch)wendung von Oud.
Sicherlich ist Monsieur Polge weit von der Notwendigkeit entfernt, ein schlecht verheiratetes Blumenbouquet unter einem Brautschleier aus Iris-Puder verstecken zu müssen - au contraire!

Der Duft spielt durchaus auf der Klaviatur der Chanel`schen Duftorgel:
Der Auftakt beginnt mit einer sanft-schwiegermütterlichen, leicht säuerlichen Zitrusnote,
dazu gesellen sich Tante Neroli und die üblichen Aldehyde.
Relativ schnell wird dann der Jasmin mit Rose verheiratet.
Der Jasmin ist ein Softie ohne störende, rüde Pipi-Note, der seinen Junggesellenabschiedsabend allein
und mit dem Durcharbeiten seiner Steuerunterlagen und den Bausparverträgen verbracht hat,
er verursacht daher auch dankenswerterweise keine Kopfschmerzen.
Braut Rose präsentiert sich in jungfräulichem Stolz ganz in weiß mit fruchtig-pfirsichartiger Frische,
sie hat weder von Tuten, noch von Blasen eine Ahnung.
Die gerne mal nervtötende Ylang Ylang hält sich als Blumenmädchen bei dieser Zeremonie ausnahmsweise mal etwas zurück, während die sonst so bescheidene Iris, ganz entgegen ihrer üblichen Zurückhaltung einen fast blickdichten Chiffonschleier über die Szenerie wirft und eine Bombe aus Puder platzen läßt, ganz so als ob Sie die Braut hätte sein wollen.
Ob angesichts solcher Allüren im Hintergrund Onkel Flieder still vor sich hingrummelt und Cousine Nelke indigniert die Augenbraue hochzieht merkt dabei schon lange keiner mehr.
Dies mag ja für viele Nasen dank der Aktualität des Duftkonzepts seinen Reiz haben,
aber ich persönlich verstehe die Verbindung zu der Schmuckkollektion im Jahre 1932 überhaupt nicht
und fühle mich in die Irre geführt. Da stimmt mich auch das Gruppenkuscheln in der Basis nicht versöhnlich.
Der Moschus führt das Werk der Iris weiter, Weihrauch und Sandelholz, die dem ganzen eine Struktur hätten geben können, rieche ich zu keiner Zeit heraus.

Was nun die Ingredienzen von 1932 angeht, gibt man sich auf der Chanel-Website bis obenhin zum Hals
mit güldenen Chanelknöpfen verschlossen.
Die Zutaten konnte ich bislang auch nicht auf einer Originalverpackung in Augenschein nehmen,
ganz einfach weil ich auf den Kauf dieses Parfums zu verzichten gedenke.
Hier bei Parfumo, wie auch in anderen Foren ist zu lesen, daß die Liste der Zutaten weitestgehend identisch
mit den Duftstoffen ist, die in Ivoire de Chanel (aus dem Jahre 1932!) Verwendung fanden.
Das entspricht auch dem, was ich dank der rudimentären Fähigkeiten meiner Nase bei 1932 an Ingredienzen herausfiltern kann. Zwar kenne ich den Duft des Moleküls Iralia nicht, aber es soll einer starken Irisnote mit leichtem Veilchenunterton entsprechen.
Iralia dürfte mithin weiter verbreitet sein, als wir es dank offizieller Duftpyramiden wissen.
Mir ist eine Verwendung von Iralia nur bei Cotys L`Origan, Guerlains Pois de Senteur und Ivoire von Chanel bekannt – letzteres stimmt offenbar in der Zusammensetzung mit der Duftpyramide von 1932 überein.
Somit hat man bei 1932 eine diamantöse Werbestrategie kreiert,
die in Wahrheit die werte Kundschaft mit einem elfenbeinernen Ring an der Nase herumführt.

So macht man aus Elfenbein Diamanten!

Nachtrag:
Für das Elfenbein in diesem Kommentar wurden selbstverständlich keine Elefanten gemetzelt!
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