Les Exclusifs de Chanel

Coromandel 2007 Eau de Toilette

Hektor
04.01.2017 - 06:00 Uhr
8
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft

Wie lanciert man einen unauffälligen, aber gleichwohl bezaubernden Patch-Duft für Frauen, um damit ordentlich was zu verdienen?

Das ist die Frage, die man sich irgendwann einmal gestellt haben wird im Hause Chanel. Das Resultat ist ein genialer Streich, der in diesem Jahr, man glaubt es kaum, schon seinen zehnten Geburtstag feiern wird.

Dabei scheint es ein gewagtes Experiment zu sein, Patchouli in diesem Preissegment so in den Vordergrund zu stellen. Man wird so manche Diskussion darüber geführt haben, denn schließlich haftet jenem Duftstoff vielerorts noch das Vorurteil des Gruftihaften an. Heruntergewirtschaftete Körper in szenetypischer Kluft sollen sich ja gerne damit beduften, sagt der Volksmund.

Was der Volksmund im Allgemeinen so von sich gibt, ist mir in der Regel jedoch relativ egal, genauso wie es den verantwortlichen Parfümeuren egal gewesen sein wird. Sheldrake hat bei mir sowieso einen Freibrief, hat er doch sehr viele geniale Kunstwerke für Serge Lutens geschaffen. Zusammen mit Chanels Haus- und Hofparfümeur Jaques Polge hat man sich also an dieses Projekt gewagt.

Schon in der Eröffnung spielen die beiden stark auf und besetzen das Zentrum mit dem (wohl) indischen Lippenblütler (Wikipedia). Der Duft beherrscht folglich die ganze Duftpyramide, jedoch nie dergestalt, dass man direkt drauf gestoßen wird. Das Ganze geschieht eher subtil. Lässt man Patchouli von der Leine, überdeckt es meist alles andere, wie z.B. in Malles "Monsieur.", dem ich persönlich überhaupt nichts abgewinnen kann. Nein, hier hat man ein gekonntes Bett geschaffen, um es einzufangen.

Ähnliches hat auch Maison Francis Kurkdjian mit "Lumiere Noire" erschaffen, der zwei Jahre später auf den Markt kam. Ein Zufall? Wurde "der Armenier" etwa durch Sheldrake und Polge inspiriert? Ein Patchouli-Duft, domestiziert und salonfähig gemacht und damit durchaus im höheren Preissegment für Damen und Herren interessant? Das sollen die Verschwörungstheoretiker heraustüfteln. Sind es bei MFK die Rosen, die dem Patchouli dessen Dominanz nehmen, ist es bei Coromandel zunächst die zitrische Kopfnote.

Da ich von Haus aus eher einfältig und wenig begabt in derlei Dingen bin, kann ich die einzelnen zitrusartigen Duftsorten nicht separat erriechen. Es ist nur so, dass das Zusammenspiel dieser Kopfnote das besagte Bett für das Patchouli bildet bzw. eines der Betten, denn ich bilde mir ein, dass nach einer Zeit von einer viertel bis maximal einer halben Stunde ein anderes Duftbild entsteht, das auch für den Rest der Präsenz des Duftes bestehen bleibt.

Nun wird Patchouli umgebettet und zwar von einem Zitrusbett in ein Zimmer mit einem süßen Bett, in dem ganz leicht Weihrauch verwirbelt wird. Die Süße rührt vor allem von der Vanille her, Moschus und die anderen Duftsorten aus der Pyramide kann ich nicht erkennen. Sie mögen aber natürlich auch ihren Teil dazu beitragen, dass hier immer noch ein sehr schmeichelnder Duft auf die Umgebung abstrahlt.

Da ich den Duft immer nur auf die Handgelenke und den Oberkörper auftrage, er also immer nur leicht unter der Kleidung hervorkommt, weiß ich über die Sillage nur wenig Aussagekräftiges zu berichten. Am Hals oder andernorts prominent aufgetragen, kann er aber durchaus raumfüllend wirken.

Die Haltbarkeit ist einem Duft mit diesem Anspruch und in dieser Preisklasse angemessen. Einen Arbeitstag stemmt er locker und ich fühle mich dabei immer gut von ihm aufgehoben (und das als Mann). Zu knapp 3/4 befindet er sich momentan in Frauenhand. Allerdings ist er durchaus auch für all jene Männer interessant, die sich für "gezähmte" Patchouli-Düfte interessieren und z.B. schon erwähnten "Lumiere Noire" nicht ganz so schlecht finden.
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