Royal White 2013

Terra
01.01.2018 - 14:48 Uhr
8.5
Duft

Gegensätze die sich anziehen: Modern, klassisch, gefällig und einzigartig

Es wundert mich, dass Royal White hier bisher noch nicht mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde, wo er durch seinen gekonnten Spagat aus modern-minimalistischen und klassischen Akzenten doch eigentlich viele Freunde gewinnen könnte.

Vorerst gesellt er sich zu einer Art rarer Rosendüfte, in denen die dunkel-saftige, rote Blume mit passend saftigen, roten Fruchtnoten ergänzt, aufgemuntert und erhellt wird.
Spontan fällt mir dabei als weiteres Beispiel nur noch "Dom Rosa - Eau Sanguine" ein, der im Gegensatz zu Royal White mit einem tollen, spritzigen Champagnerauftakt begeistern kann. Doch weil mir eine frische Probe davon enorm schnell kippte und andere Düfte von Les Liquides Imaginaires einen zweifelhaften Eindruck hinterließen, verbinde ich das Label ein wenig mit Kopfnotenblendern und verbesserungswürdiger Qualität, weshalb deren Roseninterpretation von meiner Wunschliste verschwand.

Royal White hingegen startet anders und weniger spektakulär. Ich dachte zuerst, ich hätte es mit einem durchaus edlen, bewusst rein synthetischen Duft zu tun und glaubte, vor allem eine Art Moschus zu riechen. Ich kann diese Note schwer beschreiben. Versuche ich es, fallen mir clean, scharf aber gleichsam moschusartig wattewolkig als Gleichnisse ein.

Schnell formt sich aus diesem Auftakt eine dunkle Rose heraus. Jene ist dann recht prominent und duftbestimmend, dabei saftig und dunkel, der Eindruck insgesamt wirkt aber stets hell. Mitunter ist sicher die wunderbar rot-fruchtige Note hilfreich um aufzuhellen, die sich zu der Rose gesellt. Jener Eindruck passt durchaus zu Rhabarber, aber nicht zu der sauer-grünen Ausprägung. Eher erinnert es an die Fruchnote aus einem "Eau de Rhubarbe Écarlate". Hier zeigt sich also wie im Hermès eine rot-marmeladige Fruchtanmutung, nur ist sie im Royal White ein deutlich weniger süßer und nicht so dominanter Akzent der hervorragend zu dieser dunklen, saftigen Rose passt. Doch auch der helle, scharf-wattewolkige Moschuseindruck aus dem Auftakt und die gerade in der Basis dominante, aber schon vorher kontrastgebenden, seifig-holzigen Noten tragen permanent zu einem sehr hellen, aber nie direkt frischen Eindruck bei.

Mit fortschreitender Entwicklung wird die ehemals deutliche Rose zu einem kleinen Akzent und alles bekommt eine immer mehr edel-seifige Note. Vetiver und Eichenmoos waren schon vorher stilprägend und haben diesem recht modernen Thema einen fast seriösen Maßanzug verpasst, es auch eher maskulin wirken lassen. In der Basis zeigt sich diese Charakteristik deutlicher, der Duft wirkt vor allem seifig-holzig, hat aber gleichsam immer etwas edel-synthetisches und modern-minimalistisches.

Royal White ist ein äußerst harmonisch ausbalanciertes Parfum mit einem wunderbar linearen Verlauf. Auch wenn einige Nasen schon beim Lesen der Pyramide mit Rose oder Frucht der Meinung sein werden, es müsse sich um einen Damenduft handeln, so empfinde ich die sehr unverspielte Art von Royal White mit dem gekonnt inszenierten sauber-holzigen Einschlag als ziemlich maskulin. Es spricht also viel für ihn, doch um für mich als Kaufkandidat interessant zu sein wirkt er etwas zu sehr wie ein moderner Hollywood-Gentleman. Er zeigt kein Laster, ist die entscheidende Spur zu höflich, steht morgens schon geschniegelt aus dem Bett auf. Ich denke, das sehe ich nicht an mir, doch Parfums mit einer solchen Ausstrahlung sind oft die heiß begehrten "Pantydropper". Nur hat Royal White charakteristische, aber kaum olfaktorische Schnittmengen mit jenen und ist daher nicht wie so oft bei solchen Düften mit gepflegter Langeweile verbunden, sondern bleibt trotz aller Eleganz ein einzigartiger und sehr ästhetischer Duft.

Das Ganze gibt es hier im Übrigen zu einem recht reizvollen Preis, ein Test lohnt sich.
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