L'Edition Imperiale 2006

Palonera
08.08.2018 - 14:34 Uhr
34
Top Rezension
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
7.5
Duft

Septembersonne

Gut, gut.
Lassen wir außer acht, daß ich nicht trinke.
Keinen Whiskey, keinen Bourbon, keinen Courvoisier.
Daß ich kein Mann bin, sowieso.
Es gibt, so scheint es, nichts, das mich prädestinierte, diesen Duft zu testen, zu besprechen.
Nichts.
Außer vielleicht: meine Nase.
Jene Nase, vor der nichts sicher ist, das nach irgendetwas duftet, mitunter auch nur riecht.
Die neugierig ist und weltoffener manchmal als der Rest, der an ihr hängt.
Und natürlich: weil er da ist, der Flacon.
Bernsteinfunkelnd voll und schön.
Ein Hand-, ein Augenschmeichler.
Doch die Nase hat das letzte Wort:

Alkohol.
Sicher doch, Alkohol – und nicht zu knapp.
Für zwei, drei, vier Sekunden.
Das könnte Courvoisier sein – beschwören würde ich es nicht.
Der Mann an meiner Seite auch nicht – er liebt Whiskey und manch anderen edlen Tropfen, doch einen Courvoisier hatte er noch nicht im Glas.
Sehr bald schon weicht der Alkohol einem weichen, warmen, schmeichelnden Goldbraun – Samt und Holz, ein Hauch von wildem Leder, Herbstlaub, eine teure Körpercreme.
Sehr sanft, sehr still.
Nichts ist laut an "L'Edition Imperiale", nichts ist wirr und wuchtig, polternd gar.
Septembersonne auf lichtem Nadelwald, der Boden weich, mit Baumteil übersät.
Feste Schritte, besonnen, wohlgesetzt.
Breite Schultern, eine warme Hand – ein Lächeln in der Augen Strahlenkranz, Silberlocken im einstmals dunklen Haar.
Alte Fässer, Eichenholz in der Sonne, hinten auf dem Hof, dort, wohin der Schatten niemals fällt.
Ein Hauch von Rauch aus der Kapelle an des Waldes Rand.
Und auf dem Tisch vor dem Kamin Bernsteingefunkel im kristallschweren Glas.

Ein feiner, facettierter Duft, der keine große Bühne braucht und keine lauten Töne, um bemerkt zu werden, kommentiert zu werden.
Von den Menschen freilich nur, die näher kommen dürfen, die Armlängengrenze überschreiten dürfen und ihn wahrnehmen, den Duft, der nah mir bleibt bei Sonne und bei Regen, in Hitze wie in Kälte, an meiner Seite wie ein guter Freund.
Unaufgeregt gelassen, unprätentiös, doch nicht beliebig – und ganz gewiß kein Duft, der sich im ersten Test erschließt.
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