Floyd
21.04.2022 - 19:26 Uhr
48
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Abend glimmt vom Meer in die Gassen

Weit unten in den verwinkelten Gassen, den schmalen Schluchten zwischen uralten Häusern, über blank getretene steinerne Stufen gelangst Du hinunter an einen Kanal, er flimmert auf sonnenverbrannte Ziegel. Und Du weißt, ein Stück weiter ist die Mündung ins Meer und dennoch verweilst Du im Schatten hier, unter Mauerbögen breiter Brücken und lässt Dich nieder auf staubigem Lehm, beginnt doch die goldene Stunde schon.
Die Steine sind nun wie warme Öfen, vom Markt hörst Du leise die Händler rufen, ihre Stimmen hallen mit den Düften, Zitronen, Zucker und Meeresfrüchten durch zarten Rauch verbrannter Muscheln in den Feuern weiter unten am Fluss. Drin schimmert die Sonne in Tausendstrahlen, die Flut spült Salz in die zimtbraunen Wellen, die in Zeitlupe tanzend über Dir wogen an den Decken der dunklen Mauerbögen, wie rötlich glimmende Reflexionen der Brandglut über dem Meer, das Abendlicht fließt in Siamharzen über die hölzernen Dächer. Und aus den Kirchen und kleinen Kapellen wehn Wolken aus Weihrauch durch die Gassen, Boote schlafen wie Treibholz unter Brückengewölben an Bernsteinflüssen.
***
Dawn Spencer Hurwitz aus North Boulder, Colorado, bewegt sich mit ihren Düften in den fließenden Grenzbereichen zwischen Parfüms, Bespoke, Aromatherapie und Kooperationen mit Künstlern.
"Onycha" entstand in Anlehnung an den Weihrauch, der Überlieferungen aus dem antiken Griechenland zufolge in Salomons Tempel geräuchert wurde. Labdanum und Benzoe spielten hierbei die Hauptrollen. Das tun sie auch in Dawns Kreation.
"Onycha" eröffnet mit einem Akkord aus süß-fruchtigem Labdanum, warmholzig-zitrischem Amyrisöl sowie salzig-rauchigen Noten (Choya Nakh, Muschelschalen, fossiler Amber). Im weiteren Verlauf dominieren vor allem medizinisch-zimtiges Siam-Benzoe, balsamischer Weihrauch und süße Opoponax-Harze, ehe im Drydown lehmiges Oud und vor allem dunkle Zeder und herbe Siam-Hölzer darunter zum Vorschein kommen. Der Gesamteindruck bleibt dunkelharzig, rauchig, salzig, holzig und staubig und auch ich habe, wie von PallasCC unten bereits erwähnt, den Eindruck von warmem Stein, der dabei mitschwingt. Der Abend unter den Brückengewölben ist moderat und dauert knappe sieben Stunden.

(Mit Dank an Bloodxclat)
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