Adventure 2008 Eau de Toilette

Ganduin
23.03.2014 - 23:06 Uhr
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Duft

Etikettenschwindel

Wenn man mal so spaßeshalber, etwa nachdem man den Duft hier gerochen hat und deswegen nun schwer verwirrt ist, nach Bedeutungen des Wortes "Abenteuer" googlet, findet man immer wieder Definitionen im Sinne von "etwas riskantes, etwas gefährliches, etwas außergewöhnliches, etwas außerhalb des alltäglichen". Abenteuer haben etwas mit Entdeckern zu tun, mit Menschen, die in Gegenden vordringen, die andere nicht einmal kennen, mit Dingen die sie sich trauen, von denen andere Albträume bekämen. Es gibt so etwas wie einen Geist des Abenteuers, einen Reiz, eine Faszination hin zu den Grenzen, zum Unbekannten, zum Ungewissen, zur Gefahr, zum Tanz auf der Rasierklinge, zum Segeln am Rande der Welt. Und nicht zuletzt gibt es so etwas wie erotische Abenteuer. Zu letzteren empfehle ich die Kommentare von LoveAstaire, etwa zu Midnight Poison oder zum Angel Liqueur de Parfum (alte Version, nicht die 2013er).
Es ist ein gewagtes Experiment, diesen Komplex an Bedeutungen in einen Duft gießen zu wollen, und einigen Parfüms gelingt es. Diesem hier allerdings leider nicht. Die stärkste Assoziation, die ich bei dem Wässerchen habe, ist "ganz nett", die zweite "unaufdringlich, harmlos". Und ganz nett ist so ziemlich das Gegenteil von Abenteuer. Was soll das sein, ein ganz nettes, harmloses Abenteuer? Die persönliche Erstbesteigung des Berliner Teufelsbergs (immerhin 120 Meter hoch)? Eine Großwildsafaritour in der Lüneburger Heide? Den USB-Stick rausziehen, ohne ihn vorher sicher zu entfernen?
Der Name führt meilenweit am Thema vorbei, geht sogar in die falsche Richtung. Der Duft ist kein Abenteuer, sondern biederer Mainstream. Es ist auch nicht der Duft eines Abenteurers. Indiana Jones, Han Solo, Jack Sparrow, Aragorn, die alle würden selbst nach zwei Wochen Wellnessurlaub noch dreckiger riechen als Adventure. Und man selbst riecht damit auch nicht so, als wäre man ein Abenteuer, auf das sich die Damenwelt in Scharen einlassen würde. Das würde mit dem Duft vermutlich nicht einmal der James Bond von Sean Connery schaffen. Ganz abgesehen davon, dass die schlappe Ausdauer des Duftes nichts gutes für die Ausdauer in anderer Hinsicht vermuten ließe...
Ich weiß nicht, was man bei Davidoff für ein Abenteuer hält. Vielleicht verstehen die Leute im Marketing dort darunter die krasse Selbstironie, einen so harmlosen Duft mit so einem gefährlichen Namen zu versehen. DAS wäre ganz großes Abenteuer. Aber ich fürchte, die meinen das leider ernst, und daher gibt es für den Etikettenschwindel von mir ordentlich Punktabzug. An und für sich, mit einem weniger verheißungsvollen Namen, wären auch 60 bis 70% drin gewesen. Wer einen passablen, annehmbaren, unauffälligen Duft sucht, wird hier ganz gut bedient. Da ein Parfüm aber ein Gesamtkunstwerk ist (man lese sich nur mal die fünf Fragen an Serge Lutens auf der Seite hier durch, welcher Bedeutung er dem Namen gibt!), gebe ich nur 50%.
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