Zino 1986 Eau de Toilette

Gekko
28.07.2018 - 04:04 Uhr
29
Top Rezension
6
Flakon
4
Sillage
6
Haltbarkeit
5
Duft

Ein Schatten seiner selbst, oder von der Hinrichtung von Duftklassikern

Mit Anfang 50 und einer von jeher vorhandenen Duftverrücktkeit kann man auf ein respektables olfaktorisches Zeitfenster und Gedächtnis zurückblicken. Die Tage bestellte ich mir über die Bucht einen meiner absoluten Favoriten der späten 80er, frühen 90er: Zino. Der Duft war seinerzeit einzigartig und sicher einer der besten ever aus dem Hause Davidoff. Würzig- holzig mit einer cremigen, vanilligen Eleganz, die einzigartig war. Haltbarkeit und Sillage exorbitant, den musste man vorsichtig dosieren, sonst wurde es crowdunpleasant. Ich habe seinerzeit in dem Duft gebadet. Weitere Favoriten mit entsprechendem Verbrauch waren Daniel Hechters Caractere und Jil Sander Man. Letzteren habe ich neulich für Horrorgeld leider gekippt erworben, während man den Caractere immer noch in altem Glanz erwerben kann. Der Name ist Programm.
Als ich jedoch den Zino auflegte, hatte ich mich fast erschrocken. Mein uraltes Duftgedächtnis meldete: falscher Flakon, Dummkopf. Kurz nachgesehen, nö, es steht Zino drauf.
Wenn man den alten Duft kennt, merkt man sofort, dass der Start völlig anders ist . Früher von null auf hundert, sofort Volumen, Platzhirsch. Jetzt mutet er fast etwas aquatisch, dünn, verschoben, die Bestandteile sind wohl gleich, frische Bergamotte und ich rieche stark Lavendel. Doch das alte Zino Feeling bleibt weg. Das Blumenbouquet mag mich auch nicht wirklich erreichen, die spätere Holz- Vanille- Basis stimmt versöhnlich.
Jedoch bleibt die Irritation. Paradoxerweise ist das Ganze noch besser, als manch anderes auf dem Markt, aber dabei wird mir umso deutlicher , welch ein Gigant Zino seinerzeit war.
Es ist sicherlich Heulen zum Mond, wenn beklagt, dass Hammerdüfte eingestellt wurden, und man sich um die Restbestände balgen muss, entwürdigend. Ich persönlich kann damit aber besser umgehen, als mit einem reformulierten Schatten seiner selbst. Die Liste solcher Kandidaten ist lang ( YSL la Nuit, Trussardi Uomo, Fahrenheit, Azzaro Homme etc. etc. .....
Die dahinterstehende Strategie vermag sich mir nicht erschließen. Produktionskosten? Nicht wirklich, bitte!! Es wäre doch so einfach mit konstanter Qualität am Markt zu bleiben und wenn der Lebenszyklus am Ende angekommen ist, einen komplett neuen Duft mit neuem Namen herauszubringen. Wäre schade um den alten, aber zumindest konsequent! Aber diese irritierende Fledderei hat betrügerische Züge.

PS: bevor es Rückfragen zur Bewertung gibt, der alte Zino bekäme eine glatte 10.

11 Antworten