Portrait of a Lady 2010 Eau de Parfum

SinLaurent
23.04.2021 - 15:46 Uhr
21
Hilfreiche Rezension
10
Preis
10
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft

Wiedergeburt im falschen Zeitalter

Es gibt Geschichten darüber, dass sich einige Menschen an ihre früheren Leben erinnern. Ich glaube nicht daran. Ich weiss es. Wobei, wissen ist schon ein starkes Wort, aber ich gedenke zu wissen worüber ich rede, wenn ich von Parfüms und meiner Wiedergeburt erzähle.

Vorweg: Vielleicht wirst du dich nicht mit dieser Dame verstehen. Ich mag zwar viel jünger sein als sie, aber wir sind doch die selben. Wenn du vor hast, mit uns durch die Clubs zu ziehen und mit "Alien" bis um 9 Uhr morgens durchzutanzen, dann müssen wir dich leider enttäuschen. Wir werden auch nicht die Frauen sein, über welche die Typen nach dem Wochenende erzählen wie die Nacht mit uns war, und wie sich Black Opium auf unserer Haut anfühlte. Wir sind auch nicht die Art von Frauen, die waghalsig alleine die Welt mit einem Rucksack erkunden und ab und zu den Mut mit "Black Afghano" aufsprühen. Jeans hatten wir schon seit Jahren nicht mehr an (oder nie!) und wir mögen es unsere eigene Konfitüren und Seifen herzustellen.

Wieso wir so langweilig sind?

Weil wir all dies bereits gesehen haben.

Portrait of a Lady kann schon an einer Hand alle Finger abzählen, um zu zeigen, wie viele Jahrzehnte sie hinter sich hat. Sie trägt ihre Perlenkette um den Hals, die sie von ihrer Grossmutter vererbt bekommen hatte und trinkt jeden Morgen um exakt 9 Uhr den selben Schwarztee. Dazu das selbe leichte Gebäck. Man möge ihr neues Konfekt, neue Köstlichkeiten aus der weltbesten Konditorei reichen, doch sie wird ablehnen. Denn sie hat bereits gefunden was ihr gefällt (manche nennen sie deshalb auch "öde", "langweilig" und "spiessig"). Für ihren Geburtstag bekommt sie von ihrem Mann ihre Lieblingsrosen, vertun kann er sich nicht, denn die Dame hat seit eh und je den selben Geschmack. Irgendetwas an ihr erscheint, als hätte sie mit ihren Klamotten im Schrank gemeinsam den Winter überbrückt und ist gerade erst vor fünf Minuten herausgekrochen. Noch schnell klopft sie sich über ihre Kleidung, und irgendwas erinnert mich dabei an Kreidenstaub... Ja, feuchte Kreide.

Sie trägt nicht auf und wütet nicht. Sie bleibt doch zwingt sich nicht auf, sie hinterlässt eine Spur doch nur gewissen wird sie im Gedächtnis bleiben. Dass man sie prüde nennt, ist ihr gleich. Die Welt hat sie erblickt durch verschiedene Augen, und dieses Mal weiss sie, dass sie keinen Grund zur Eile hat, sich selber zu entdecken. Sie ist bereits am Ende, auch wenn es vielleicht erst der Anfang ist.
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