Fragranza Nº1 - Ananas Sativa

Palonera
30.09.2015 - 16:14 Uhr
15
Top Rezension
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft

Riesling, Bacchus und Silvaner?

Familientreffen sind ein heikel' Ding für mich als Täubchen wie auch als Parfuma.
Nicht immer fühle ich mich wohl inmitten schnatternder Gestalten, nicht immer fühlen sie sich wohl in Gegenwart von Düften, die – von mir heiß geliebt – mit gut bekannter Markenware nur sehr entfernt verwandt sind.
Ein Dilemma, das ich zumeist löse, indem ich, wenn schon Nische, dann doch jene trage, die sich so weit nicht aus dem Fenster lehnt, daß sie herauszufallen droht.
Nun aber stand ein Wochenende mit Weinverkostungen bevor – ein Anlaß, der das Tragen von Parfum verbietet.
Eigentlich.
Schließlich geht der Wein auch durch die Nase, die frei und unbeeinflußt, unabgelenkt sein soll.
Eigentlich.
Was tun, um dennoch nicht so gänzlich "nackt" zu sein?

Einer dieser "Zufälle" wird es gewesen sein, der just im Augenblick der Frage meine Hand zu "Ananas Sativa" führte, der goldumhüllten Abfüllung, bis dato unbeachtet.
Ein Duft, von Weißwein inspiriert, im Frankenland, wo Weißwein dominiert?
Besser ging's nicht, dachte ich – und so kam "Ananas Sativa" mit zu Riesling, Bacchus und Silvaner.

Tatsächlich eröffnet "Ananas Sativa" mit deutlichen Anklängen an einen fruchtbetonten Weißwein – eine unsüße, vielleicht noch nicht ganz reife Ananas löst sich leicht und fein von einem hell-frischen, deutlich alkoholischen Untergrund und verbindet sich alsbald mit zarten Blüten, die in dieser Kombination unweigerlich an das Bukett eines gut gekühlten Weißen denken lassen.
Innerhalb der ersten halben Stunde reift sie nach, wird fruchtiger, appetitlicher, bleibt jedoch unsüß und eher vornehm-kühl.
Bis zu diesem Punkt gefällt mir "Ananas Sativa" sehr und bliebe er denn so, der Duft, so wäre ich sehr glücklich.
Leider entwickeln sich jedoch mit zunehmender Tragezeit deutliche Gäraromen, die ich auf der Haut nicht so gern habe wie im Glas.
Gleichzeitig weichen frühlingszarte Blüten einem klassisch-opulenten Strauß, der für sich genommen sicherlich recht edel wirkt, doch an der Seite der beschwipsten Ananas unschöne Assoziationen weckt an nicht mehr ganz so junge Damen in nicht so wirklich schicken Kneipen.
Das klingt böse, ja, ich weiß, und ein wenig schäme ich mich auch – doch sechs Tage und sechs Nächte, die der Test nun währte in der Hoffnung, es möge sich noch eine andere Richtung entwickeln, führten stets zum gleichen leicht abgestandenen Schluß.
Konditionierung, mag sein.
Doch schließlich schmeckt mir auch nicht jeder Wein...
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