Astor 1880 Cologne

NotAmused
25.10.2018 - 06:16 Uhr
6
Hilfreiche Rezension
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft

Astrum-Astor

Astor ist das dritteälteste Cologne der Trumper-Collection und das viertälteste insgesamt heute noch erhältliche von Geo. F. Trumper (Wild Fern hat einen Sprühflakon und gehört nicht zur Collection, stammt aber aus der gleichen Zeit). Um hier den zeitlichen Rahmen etwas greifbarer zu machen: Astor ist genauso alt wie der Kölner Dom. Dieser wurde ebenfalls 1880 fertiggestellt, allerdings ist die Geschichte seiner über 600 Jahre umfassenden Bauphase so grausig, dass ich bei einem so schönen Duft nicht weiter darauf eingehen möchte.
Wenn man Astor im Kontext der Trumper-Collection sieht, kann man sagen, dass hier erstmals ein deutlicher Duftverlauf mit teils verspielten Elementen auftritt. Beim später erschienenen Curzon ist das noch ausgeprägter, Astor trifft meiner Meinung nach aber deutlich besser die Balance zwischen sachlich-zurückhaltend und überraschend-freundlichen Grüßen zwischendurch und hat auch weniger Zutaten. Aber der Reihe nach:
Astor ist ein Splash-Cologne und sollte auch so genutzt werden. Ich hatte zwei Proben und füllte eine davon in einen (natürlich pingelig gereinigten) Sprühflakon um, was sich aber als Fehler erwies. Ich habe keine Ahnung warum, aber aus dem Sprühflakon roch es anders, recht scharf und der Verlauf war irgendwie „kaputt“.
Als ich die Probe direkt dem Röhrchen entnahm und ohne Verreiben aufs Handgelenk träufelte, sagte sofort und beinahe allein der Kümmel „Hallo!“. Sogleich gesellten sich zitrische Noten hinzu, die Bitterorange ist deutlich wahrnehmbar, die Zitrone für mich etwas zurückhaltender. Das Ganze ergibt eine wunderbar ausgewogene, würzig-zitrische Kopfnote, die mich komplett überrascht hat und es immer wieder tut.
Im weiteren Verlauf bleibt der Kümmel präsent, sobald die hesperiden Noten abklingen, tritt der Jasmin ins Bild und gibt ihm eine schöne Lieblichkeit, ohne die Komposition süß werden zu lassen. Hin und wieder hüpft keck ein Wölkchen wie von feinstem chinesischem Jasmintee aus der Hemdsmanschette, was bei mir stets zu einem Lächeln führt. Das Sandelholz wird nun zunehmend auch wahrnehmbar und schafft im späteren Verlauf zusammen mit dem zurückhaltenden, aber fixierenden Ambra eine tolle Wärme.
Astor kommt mit recht wenigen Zutaten aus und räumt jeder auch ausreichend Platz ein, um wahrgenommen zu werden. Man kann wohl davon ausgehen, dass diese auch weitestgehend natürlichen Ursprungs sind und die Komposition nicht reformuliert wurde. Das passte überhaupt nicht in Trumpers traditionell geprägte Philosophie. Und das riecht man auch. So etwas gibt es heutzutage nicht mehr. Dieses Wasser ist so aus der Zeit, dass es auch von einem anderen Stern stammen könnte, weshalb ich es innerlich immer „Astrum“ nenne. Ich mag es jedenfalls sehr und es ist bereits für den nächsten Colognekauf vorgemerkt.
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