Ange ou Démon 2006 Eau de Parfum

Runa
08.11.2020 - 04:35 Uhr
17
Top Rezension
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft

Mal eben die Nase Pudern

Zum Einstieg beginnt die Faszination schon beim Öffnen der Schachtel, in welcher dieser für mich sehr gelungene Flakon steckt. In deren Innenleben nämlich ist quasi ein kleiner Papp-Mechanismus enthalten, der nicht nur der Form des Flakons nachkommt, sondern ihn auch leicht anhebt, um ihn besser entnehmen zu können.

Die Farbgestaltung des Flakons dann entspricht vielleicht nicht unbedingt dem, was man vielleicht erwarten würde (nämlich Dämonen-ROT), und auch würde von oben nach unten betrachtet das Dämonenhafte vor dem Engel stehen, weil Engel einfach nicht schwarz und Dämonen niemals weiß sind. Aber das tut keinen Abbruch, denn so ist deutlich zu erkennen, das der zauberhafte Inhalt geradezu kristallklar ist und nur darauf wartet, freigesetzt zu werden.

Und wenn das geschieht, fange ich unerwartet an zu schweben, auf Wolke 8, wie abgehoben. Ein geradezu imaginärer Nebel umgibt mich und ist verantwortlich dafür, mich fortan zu umzaubern und der Nase unaufhörlich zu suggerieren „Puder! Puder! Puder!“ - schwerelos.
Es ist, wie von weichem, zarten Puderduft geradezu aller anderen Sinne beraubt zu werden, einer sofort einsetzenden Schockstarre gleich, es ist, wie elektrifiziert, hypnotisiert zu sein - gar narkotisiert, wenn überdosiert!

Nase, du bist soeben im Puderdufthimmel angekommen!

Eine Zeit lang schwebt dann so etwas wie der „Frische-Wäsche-Kick à la Chloé“ mit, bis plötzlich irgendetwas blumig, fast fruchtig Frisches die dichte Wolkendecke aus Puder durchsticht, immer wieder auf sich aufmerksam macht. Das ist der Moment, wo die frisch gepuderte Nase plötzlich anfängt, selektieren, differenzieren, die Duftpyramide auflösen zu wollen, sie zu zersetzen - alles, was da getragen wird auf diesem soliden, pudrigen Fundament, was mit der Zeit mehr und mehr geprägt wird von der Vanille und einem guten Schuss Tonka.

Aber vergeblich, alles bleibt unaufhörlich verwirrend, das wahre Gesicht nicht zeigend. Es ist fast so wie ein Stehen vor einem Meer aufgewühlter, brodelnder, pulsierender Lava - unkontrollierbar, jedes platzende Bläschen einen neuen Duftschub freisetzend, von allem, was der Vulkan hergibt - was dabei fehlt, ist allenfalls die für diese Szene gefühlte Hitze.
Immer deutlicher zeigt sich dann, dass die sicher geglaubte Wolkendecke sich mehr und mehr auflöst, geradezu haltlos wird, ein Fall durch Zeit und Raum droht zu beginnen.

„ange ou démon“ verwirrt - geradezu um des Verwirrens willen.

Es ist ein Wechselspiel, das dem Namen voll und ganz gerecht wird. Es ist wie eine Vorlage oder der Stoff, aus dem Begierde, Hin und Her, Auf und Ab, Tänze auf Vulkanen, all derlei Gedanken und Träume bis hin zu verführerischer und verruchter Sinnlichkeit gemacht werden - gefährlich, wie der Name es schon andeutet.

Bin ich „Engelchen oder Dämonin“? - vielleicht an jedem Tag, vielleicht aber auch nicht.

Mir passt und gefällt „ange ou démon“ allemal, sehr gut sogar!
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