Nahema 1979 Parfum

MisterRossi
15.10.2016 - 14:32 Uhr
19
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
4
Duft

Büchse der Pandora

Ei jei jei...wahrscheinlich setze ich mich in die Nesseln: alle VorrednerInnen finden es offensichtlich schön.
Ich nicht.
Nun, ich schildere die Eindrücke meiner (männlichen) Nase, und wie so oft falle ich direkt mit der Tür ins Haus: Nahema finde ich schrecklich.
Ich besitze eine ca. 20 Jahre alte Version von Nahema, damals noch in der mittlerweile überholten "Parfum de Toilette"-Variante. Und ich muss sagen: er ist einer der wenigen Düfte - und vor allem einer der ganz wenigen Guerlains - deren Aufsprühen ich tunlichst vermeide:

Was mir dort entgegenschlägt (und er ist nicht gekippt, es ist ein Aluspray und es riecht tatsächlich so) sind Kübel über Kübel an Rosen. Altmodische verstaubte Sofakissen-Rosen. Englisch. Vielleicht auch französich. Auf jeden Fall alt...sehr alt. Doch nicht nur die.
Einzelne Ingredientien zu erriechen war noch nie meine Stärke, daher beschreibe ich es in meiner subtilen Art: alle Blüten kleben in einer schmierigen Matschepampe aus zähem süßlichen Glibber. Meine Assoziation zaubert mir sofort einen glasierten Kirmes-Apfel vor Augen. Und da das Ganze auf der Basis der Guerlinade liegt, ist die Haltbarkeit sowohl überirdisch als auch enervierend.
Nahema hält und hält und hält, und er verändert sich kaum...der süßliche Rosenpamp wabert Stunde um Stunde herum...ein bißchen so als sei einem der Kirmesapfel im Gesicht klebengeblieben.
"Du Schatz, sehe ich irgendwie seltsam aus?"
"Nein warum denn?"
"Ich weiss nicht, irgendetwas stört mich so so komisch"
"Ach so, vielleicht meinst du das...warte ich zupfe dir kurz den Apfel von der Wange"
(das Geräusch eines sich öffnenden Klettverschlusses ertönt)

Nun, ganz so arg wie in der griechischen Mythologie ist es bei Nahema dann freilich nicht, liefert uns doch das weltweite Netz (wie es Walter aus "Fringe" gerne nennt) folgende Definition: "Die Büchse der Pandora enthielt alle der Menschheit bis dahin unbekannten Übel wie Arbeit, Krankheit und Tod. Sie entwichen in die Welt, als Pandora die Büchse öffnete."
Pandora wurde laut Mythologie von Zeus aus Lehm geschaffen, um Rache für den Diebstahl des Feuers zu nehmen. Diese Rache bestand aus oben genannter Büchse, die sie mitbekam. Pandora wurde zu diesem Zwecke zu einer holden und liebreizenden Gestalt geknetet und kann damit wohl als so etwas wie ein Vorläufermodell des trojanischen Pferdes gelten.
Nun ja, es geht hin und her und schlussendlich öffnet die dusselige Pandora aus Neugier die Büchse und alles Schlechte entfleucht. Nur die Hoffnung bleibt zurück, weil sie die Büchse wieder schliesst bevor diese auch noch abhauen kann.

Und genau so ist es: einmal geöffnet, bleibt am Ende des Tages nur noch die Hoffnung dass Nahema baldigst verduftet und/oder abgewaschen werden kann. Aber alles was der Flacon bis dahin freigesetzt hat, ist unwiderruflich in der Welt und stiftet dort Unfrieden.

Nun im Ernst: ich empfinde Nahema als untragbar. Neudeutsch heisst es hier häufig so schön: "aus der Zeit gefallen", und ich wüsste wirklich nicht an welcher Person oder zu welchem Anlass ich diesen Duft gerne wahrnehmen wollte. Er ist mir einfach zu schwülstig, süß, übertrieben und aufgesetzt. Das allerdings macht er sehr gut.

Deshalb mein ganz persönlicher Tip:
seid nicht neugierig - öffnet es nicht - bedenket die Folgen,
lasst es v e r s c h l o s s e n.
7 Antworten