L'Homme Idéal Extrême 2020

Apicius
01.08.2022 - 08:29 Uhr
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Top Rezension

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Im Straßenverkehr sollte man das bekanntlich unterlassen, bei Parfums kommt es gelegentlich vor.

Guerlain hat mit L'Homme Idéal Extrême die bekannte süßlich-orientalische Basisnote mit einer pechschwarzen Note maskiert: Anthrazitkohle, Teer, oder wie immer man das beschreiben möchte. Dahinter nehme ich einen ganz schwachen Anklang einer arabischen Oud-Note wahr.

Knochentrocken ist das, und ein Parfum, das mit diesem Auftakt fortgeführt wird, mag den Zusatz "Extrême" verdienen. Denn diese Duftrichtung ist nicht gerade das, was man typischerweise mit den eleganten Herrendüften von Guerlain verbindet. Nur mit größter Vorsicht könnte man eine entfernte Verwandschaft zum Klassiker Héritage erahnen.

Würde es so pechschwarz weiter gehen, Guerlain könnte sich möglicherweise eine neue Käuferschicht erschließen. Aber es ist halt nur ein Flanker, und schon bald bricht die bekannte süßlich-holzig-orientalische Welt des Originals durch.

Ein schöner Gegensatz? Mich überzeugt das nicht. Mir fehlt der rote Faden einer in sich schlüssigen Duftentwicklung. Aber sicher gibt es Käufer, die solche 2 in 1 Parfums bevorzugen und denen es gerade auf den Bruch innerhalb der Duftentwicklung ankommt.

Es gilt also, sich beim Testen Zeit zu lassen und nicht dem ersten Eindruck, der Kopfnote, auf den Leim zu gehen. Ansonsten ist bei dieser Art Parfum Enttäuschung absehbar.

Mir persönlich gefällt das Extrême nicht, aus den genannte Gründen. Merkwürdig, bei Guerlain finde ich die Leicht-Varianten der Düfte oft viel angenehmer und interessanter als die Extrem-, Intense- oder sonst irgendeine Schwere signalisierende Varianten. L'Homme Idéal Extrême macht da keine Ausnahme.
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