
Apicius
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Ist das noch Guerlain?
Parfums kommen und gehen, und besonders die sogenannten Flanker - also Varianten eines Originalduftes - genießen keinerlei Bestandsschutz. In diesem Fall löst Guerlain mit Vetiver Parfum das sehr respektable Vetiver Extreme ab. Dabei kann Guerlain - im Gegensatz zu manchen anderen Marken - für sich in Anspruch nehmen, stets qualitativ hochwertige Flanker vorgestellt zu haben.
Schauen wir uns an, ob das auch dieses Mal der Fall ist.
Der Dufteindruck bestätigt: Vetiver Parfum liegt näher am Vorgängerduft Extreme als am Original Vetiver EdT. Die Brücke hierzu ist die deutlich wahrnehmbare Rauchigkeit. Der Name deutet bereits an, dass wir eine vielleicht kräftigere, irgendwie „dunklere“ Ausprägung eines Vetivers vor uns haben. Die Rauchigkeit wird flankiert von würzigen Noten, die jedoch zu einem eher schlanken Charakter des Dufts führen. Ein Anteil an Frische im Kopf entsteht durch eine Note, die ich als minzartig wahrgenommen haben.
Betont rauchige Vetivers können probematisch sein. Ich kenne Beispiele, in denen das alles nur noch kratzig und unschön ist. Für Vetiver Parfum gilt dies nicht, es bleibt dezent. Delphine Jelk geht mit der Rauchigkeit in Vetiver Parfum genau bis an die Grenze dessen, was sinnvoll möglich zu sein scheint. Dabei verzichtet sie darauf, die Rauchigkeit mit anderen – zum Beispiel zitrischen Noten – zuzudecken. Im Gegenteil, der Einsatz schlanker, würziger Noten hätte das Potential, einen rauchigen, kratzigen Charakter noch stärker zu betonen. Es ist wohl der Kunst oder auch schlicht dem Fleiß der Parfumeurin geschuldet, dass der Punkt des Kippens ins Unschöne vielleicht in der Ferne angedeutet, aber nicht überschritten wird.
Vom ursprünglichen Vetiver-Duft Guerlains, der bis zum Jahr 2000 zur Verfügung stand, über den Nachfolger bis zu Vetiver Parfum ist stilistsch ein weiter Weg. Vetiver Parfum verweigert sich jeder Opulenz und Komplexität, die man bei den Vorgängern mehr oder weniger ausgeprägt hatte. Er wirkt wie aus einem Guss und hat wenig Entwicklung. Vetiver Parfum entspricht dem puristischen Stil eines Jean-Claude Ellena - das hätte auch von Hermès sein können. Vor dem Hintergrund, dass in meiner Wahrnehmung die Herrenparfums des Massenmarkts derzeit immer banaler werden, kann man Guerlain zumindest nicht vorwerfen, sich aktuellen Trends zu verschließen. Der Vorwurf der Banalität ist in diesem Fall freilich nicht zu erheben.
Aber welche Bilder von Grün vermag Vetiver Parfum in uns wach zu rufen? Ist das noch tropischer Regenwald? Sind das die Schottischen Highlands? Ich sehe hier Beton, kühle Büroarchitektur, nüchtern-urbane Ästhetik – und das Unternehmen hat beschlossen, ein wenig Dachbegrünung zu betreiben, dem Image wegen. In ein solches Umfeld könnte Vetiver Parfum eine gewisse Eleganz einbringen.
Für mich ist das nichts. So puristisch Vetiver Parfum sein mag, so schwer zugänglich ist der Duft für mich. Mir fehlt hier Wärme, Komplexität, auch Intimität. Ich kann mir keine Situation oder Stimmungslage vorstellen, in der ich Vetiver Parfum tragen möchte.
Schauen wir uns an, ob das auch dieses Mal der Fall ist.
Der Dufteindruck bestätigt: Vetiver Parfum liegt näher am Vorgängerduft Extreme als am Original Vetiver EdT. Die Brücke hierzu ist die deutlich wahrnehmbare Rauchigkeit. Der Name deutet bereits an, dass wir eine vielleicht kräftigere, irgendwie „dunklere“ Ausprägung eines Vetivers vor uns haben. Die Rauchigkeit wird flankiert von würzigen Noten, die jedoch zu einem eher schlanken Charakter des Dufts führen. Ein Anteil an Frische im Kopf entsteht durch eine Note, die ich als minzartig wahrgenommen haben.
Betont rauchige Vetivers können probematisch sein. Ich kenne Beispiele, in denen das alles nur noch kratzig und unschön ist. Für Vetiver Parfum gilt dies nicht, es bleibt dezent. Delphine Jelk geht mit der Rauchigkeit in Vetiver Parfum genau bis an die Grenze dessen, was sinnvoll möglich zu sein scheint. Dabei verzichtet sie darauf, die Rauchigkeit mit anderen – zum Beispiel zitrischen Noten – zuzudecken. Im Gegenteil, der Einsatz schlanker, würziger Noten hätte das Potential, einen rauchigen, kratzigen Charakter noch stärker zu betonen. Es ist wohl der Kunst oder auch schlicht dem Fleiß der Parfumeurin geschuldet, dass der Punkt des Kippens ins Unschöne vielleicht in der Ferne angedeutet, aber nicht überschritten wird.
Vom ursprünglichen Vetiver-Duft Guerlains, der bis zum Jahr 2000 zur Verfügung stand, über den Nachfolger bis zu Vetiver Parfum ist stilistsch ein weiter Weg. Vetiver Parfum verweigert sich jeder Opulenz und Komplexität, die man bei den Vorgängern mehr oder weniger ausgeprägt hatte. Er wirkt wie aus einem Guss und hat wenig Entwicklung. Vetiver Parfum entspricht dem puristischen Stil eines Jean-Claude Ellena - das hätte auch von Hermès sein können. Vor dem Hintergrund, dass in meiner Wahrnehmung die Herrenparfums des Massenmarkts derzeit immer banaler werden, kann man Guerlain zumindest nicht vorwerfen, sich aktuellen Trends zu verschließen. Der Vorwurf der Banalität ist in diesem Fall freilich nicht zu erheben.
Aber welche Bilder von Grün vermag Vetiver Parfum in uns wach zu rufen? Ist das noch tropischer Regenwald? Sind das die Schottischen Highlands? Ich sehe hier Beton, kühle Büroarchitektur, nüchtern-urbane Ästhetik – und das Unternehmen hat beschlossen, ein wenig Dachbegrünung zu betreiben, dem Image wegen. In ein solches Umfeld könnte Vetiver Parfum eine gewisse Eleganz einbringen.
Für mich ist das nichts. So puristisch Vetiver Parfum sein mag, so schwer zugänglich ist der Duft für mich. Mir fehlt hier Wärme, Komplexität, auch Intimität. Ich kann mir keine Situation oder Stimmungslage vorstellen, in der ich Vetiver Parfum tragen möchte.
7 Antworten
Eine neue Leichtigkeit?
Klassiker überdauern Dekaden, aber nicht die von ihnen abgeleiteten Varianten. Mit Habit Rouge L’Instinct steht nun die vierte Leicht-Variante des Habit Rouge in den Läden. Was macht Guerlain nach HR Eau de Toilette Legere, HR L'Eau und HR Sport diesmal anders?
Habit Rouge L’Instinct eröffnet mit einer ganz zauberhaften Kopfnote. Nur ein Hauch des bekannten Klassikers liegt eingebettet in zarter, ganz wenig zitrischer, blumig-fruchtiger Umgebung. Unterlegt ist das von einer hellen, entfernt an weißen Moschus erinnernden Note, deren Dufteindruck von cremig bis pudrig reicht. In den bekannt gemachten Duftnoten wird das wohl mit Hanf und Mate beschrieben. Bestimmt liege ich falsch, aber ich spüre im Hintergrund so etwas wie eine ganz schwache Oud-Note, die ich – dem Zeitgeist entsprechend – in allen neueren HR Varianten zu finden glaube.
Der zarte Eindruck erschließt sich nicht unmittelbar, und vielleicht auch nicht jedem. Direkt auf der Haut ist das alles scharf-bitter und nicht schön. Man darf sich also keinesfalls beim Testen die Nase am Handrücken plattdrücken, wie man das so oft in den Parfumabteilungen beobachten kann. Damit scheidet der unerfahrene Parfumkunde als Zielgruppe zwingend aus.
Den Zugang erschwert zudem, dass Habit Rouge L’Instinct sich beim ersten Kennenlernen extrem leicht gibt, mehr als Aura, denn als Geruch. Im Umfeld anderer und stärkerer Düfte trau ich dem nicht zu, sich durchsetzen zu können. Dazu ist das alles viel zu fein.
Aber Vorsicht: was Habit Rouge L’Instinct an Intensität fehlt, macht er mit Projektion wieder wett. Nicht nur, dass er sich erst auf Abstand von mindestens 20 cm entfaltet, er hüllt den Träger dann doch in eine raumfüllende Duftwolke. Bitte nicht im Büro tragen!
In der Projektion sehe ich den konzeptionellen Unterschied zu den erwähnten Vorgängern, aber auch zum klassischen Habit Rouge EdT. Neu an Habit Rouge L’Instinct ist diese tückische Machart, die ein wenig Erfahrung im Umgang erfordert. Hingegen hat die Parfümeurin darauf verzichtet, irgendwelche sensationellen Duftnoten einzuarbeiten, die ein Habit Rouge vielleicht eher verfälschen als modernisieren würden.
Tatsächlich bedient sich Delphine Jelk bei den Vorgängern: Vom EdT Legere stammt die Zartheit, und vom Sport-Duft der an eine gute Hautcreme erinnernde Weißer-Moschus-Effekt. Während der Sport-Duft zurecht dafür kritisiert wurde, dass kaum noch etwas vom originalen Habit Rouge in ihm enthalten war, lässt Habit Rouge L’Instinct seine Herkunft wieder deutlicher erkennen. Diese Synthese finde ich sehr gelungen.
Was den weiteren Duftverlauf angeht, passiert nicht mehr viel. Die zartfruchtige Kopfnote verblasst, und nach ein, zwei Stunden bleiben klassisches Habit Rouge und die moschusartige Note übrig. Ich würde Habit Rouge L’Instinct daher als Eau de Toilette einstufen.
Wozu aber diese ständigen Varianten? Das klassische Habit Rouge ist ein Kind des letzten Jahrhunderts. Es war ein brilliantes Meisterwerk. Zur Jahrtausendwende wurde es reformuliert und ist seitdem leider nur noch gut. Vor diesem Hintergrund mag ich es nicht kritisieren, wenn etwas neues versucht wird. Das klassische Habit Rouge erschien mir schon immer unmodern: es roch nach feinen, älteren Herren beim Spaziergang im Kurpark von Bad Oeynhausen. Davon ist das neue Habit Rouge L’Instinct Welten entfernt. Ich sehe hier auch jüngere Träger, die ein zurückhaltendes, gleichermaßen elegantes wie legeres Parfum suchen – Modernisierung gelungen!
Habit Rouge L’Instinct eröffnet mit einer ganz zauberhaften Kopfnote. Nur ein Hauch des bekannten Klassikers liegt eingebettet in zarter, ganz wenig zitrischer, blumig-fruchtiger Umgebung. Unterlegt ist das von einer hellen, entfernt an weißen Moschus erinnernden Note, deren Dufteindruck von cremig bis pudrig reicht. In den bekannt gemachten Duftnoten wird das wohl mit Hanf und Mate beschrieben. Bestimmt liege ich falsch, aber ich spüre im Hintergrund so etwas wie eine ganz schwache Oud-Note, die ich – dem Zeitgeist entsprechend – in allen neueren HR Varianten zu finden glaube.
Der zarte Eindruck erschließt sich nicht unmittelbar, und vielleicht auch nicht jedem. Direkt auf der Haut ist das alles scharf-bitter und nicht schön. Man darf sich also keinesfalls beim Testen die Nase am Handrücken plattdrücken, wie man das so oft in den Parfumabteilungen beobachten kann. Damit scheidet der unerfahrene Parfumkunde als Zielgruppe zwingend aus.
Den Zugang erschwert zudem, dass Habit Rouge L’Instinct sich beim ersten Kennenlernen extrem leicht gibt, mehr als Aura, denn als Geruch. Im Umfeld anderer und stärkerer Düfte trau ich dem nicht zu, sich durchsetzen zu können. Dazu ist das alles viel zu fein.
Aber Vorsicht: was Habit Rouge L’Instinct an Intensität fehlt, macht er mit Projektion wieder wett. Nicht nur, dass er sich erst auf Abstand von mindestens 20 cm entfaltet, er hüllt den Träger dann doch in eine raumfüllende Duftwolke. Bitte nicht im Büro tragen!
In der Projektion sehe ich den konzeptionellen Unterschied zu den erwähnten Vorgängern, aber auch zum klassischen Habit Rouge EdT. Neu an Habit Rouge L’Instinct ist diese tückische Machart, die ein wenig Erfahrung im Umgang erfordert. Hingegen hat die Parfümeurin darauf verzichtet, irgendwelche sensationellen Duftnoten einzuarbeiten, die ein Habit Rouge vielleicht eher verfälschen als modernisieren würden.
Tatsächlich bedient sich Delphine Jelk bei den Vorgängern: Vom EdT Legere stammt die Zartheit, und vom Sport-Duft der an eine gute Hautcreme erinnernde Weißer-Moschus-Effekt. Während der Sport-Duft zurecht dafür kritisiert wurde, dass kaum noch etwas vom originalen Habit Rouge in ihm enthalten war, lässt Habit Rouge L’Instinct seine Herkunft wieder deutlicher erkennen. Diese Synthese finde ich sehr gelungen.
Was den weiteren Duftverlauf angeht, passiert nicht mehr viel. Die zartfruchtige Kopfnote verblasst, und nach ein, zwei Stunden bleiben klassisches Habit Rouge und die moschusartige Note übrig. Ich würde Habit Rouge L’Instinct daher als Eau de Toilette einstufen.
Wozu aber diese ständigen Varianten? Das klassische Habit Rouge ist ein Kind des letzten Jahrhunderts. Es war ein brilliantes Meisterwerk. Zur Jahrtausendwende wurde es reformuliert und ist seitdem leider nur noch gut. Vor diesem Hintergrund mag ich es nicht kritisieren, wenn etwas neues versucht wird. Das klassische Habit Rouge erschien mir schon immer unmodern: es roch nach feinen, älteren Herren beim Spaziergang im Kurpark von Bad Oeynhausen. Davon ist das neue Habit Rouge L’Instinct Welten entfernt. Ich sehe hier auch jüngere Träger, die ein zurückhaltendes, gleichermaßen elegantes wie legeres Parfum suchen – Modernisierung gelungen!
8 Antworten
Rechts blinken, links abbiegen
Im Straßenverkehr sollte man das bekanntlich unterlassen, bei Parfums kommt es gelegentlich vor.
Guerlain hat mit L'Homme Idéal Extrême die bekannte süßlich-orientalische Basisnote mit einer pechschwarzen Note maskiert: Anthrazitkohle, Teer, oder wie immer man das beschreiben möchte. Dahinter nehme ich einen ganz schwachen Anklang einer arabischen Oud-Note wahr.
Knochentrocken ist das, und ein Parfum, das mit diesem Auftakt fortgeführt wird, mag den Zusatz "Extrême" verdienen. Denn diese Duftrichtung ist nicht gerade das, was man typischerweise mit den eleganten Herrendüften von Guerlain verbindet. Nur mit größter Vorsicht könnte man eine entfernte Verwandschaft zum Klassiker Héritage erahnen.
Würde es so pechschwarz weiter gehen, Guerlain könnte sich möglicherweise eine neue Käuferschicht erschließen. Aber es ist halt nur ein Flanker, und schon bald bricht die bekannte süßlich-holzig-orientalische Welt des Originals durch.
Ein schöner Gegensatz? Mich überzeugt das nicht. Mir fehlt der rote Faden einer in sich schlüssigen Duftentwicklung. Aber sicher gibt es Käufer, die solche 2 in 1 Parfums bevorzugen und denen es gerade auf den Bruch innerhalb der Duftentwicklung ankommt.
Es gilt also, sich beim Testen Zeit zu lassen und nicht dem ersten Eindruck, der Kopfnote, auf den Leim zu gehen. Ansonsten ist bei dieser Art Parfum Enttäuschung absehbar.
Mir persönlich gefällt das Extrême nicht, aus den genannte Gründen. Merkwürdig, bei Guerlain finde ich die Leicht-Varianten der Düfte oft viel angenehmer und interessanter als die Extrem-, Intense- oder sonst irgendeine Schwere signalisierende Varianten. L'Homme Idéal Extrême macht da keine Ausnahme.
Guerlain hat mit L'Homme Idéal Extrême die bekannte süßlich-orientalische Basisnote mit einer pechschwarzen Note maskiert: Anthrazitkohle, Teer, oder wie immer man das beschreiben möchte. Dahinter nehme ich einen ganz schwachen Anklang einer arabischen Oud-Note wahr.
Knochentrocken ist das, und ein Parfum, das mit diesem Auftakt fortgeführt wird, mag den Zusatz "Extrême" verdienen. Denn diese Duftrichtung ist nicht gerade das, was man typischerweise mit den eleganten Herrendüften von Guerlain verbindet. Nur mit größter Vorsicht könnte man eine entfernte Verwandschaft zum Klassiker Héritage erahnen.
Würde es so pechschwarz weiter gehen, Guerlain könnte sich möglicherweise eine neue Käuferschicht erschließen. Aber es ist halt nur ein Flanker, und schon bald bricht die bekannte süßlich-holzig-orientalische Welt des Originals durch.
Ein schöner Gegensatz? Mich überzeugt das nicht. Mir fehlt der rote Faden einer in sich schlüssigen Duftentwicklung. Aber sicher gibt es Käufer, die solche 2 in 1 Parfums bevorzugen und denen es gerade auf den Bruch innerhalb der Duftentwicklung ankommt.
Es gilt also, sich beim Testen Zeit zu lassen und nicht dem ersten Eindruck, der Kopfnote, auf den Leim zu gehen. Ansonsten ist bei dieser Art Parfum Enttäuschung absehbar.
Mir persönlich gefällt das Extrême nicht, aus den genannte Gründen. Merkwürdig, bei Guerlain finde ich die Leicht-Varianten der Düfte oft viel angenehmer und interessanter als die Extrem-, Intense- oder sonst irgendeine Schwere signalisierende Varianten. L'Homme Idéal Extrême macht da keine Ausnahme.
13 Antworten
Sie können, wenn sie wollen
Wann immer Guerlain ein neues Parfum für den Massenmarkt herausbringt, ist der Aufschrei bei den Afficionados groß. Erstens zeichnet kein Träger dieses Namens verantwortlich, denn es gibt keinen Guerlain mehr in der Firma. Und zweitens hat es wenig bis gar nichts mit den großen Klassikern der Vergangenheit gemein. Vor allem der Hausparfümeur Thierry Wasser wird regelmäßig gescholten, weil er manches anders macht.
Ach, wo sind die Zeiten hin!
Wir kennen die Geschichten um die Guerlinade, jene magische Note, die dieses Haus einmal auszeichnete, und die auf einem souveränen Umgang mit der Note Vanille fußte. Erinnern wir uns – noch immer soll es in Frankreich einen Lieferanten geben, der ausschließlich für Guerlain ein Vanillin nach alter Produktionsmethode herstellt. Dessen rauchige Verunreinigungen sollen die Düfte nur umso lebendiger machen.
Mit seiner wuchtigen, orientalischen Note knüpfte das Eau de Toilette dagegen an den Duftgewohnheiten eines modernen, eher jungen Publikums an. Man schaue einmal das peinliche Werbevideo – der coole Typ, von Frauen umschwärmt. Da hat das Marketing den pickligen Jüngling im Visier, nicht den feinen Pinkel.
Aber wer kauft wirklich die Düfte diese Marke? Es gibt zu denken, dass Guerlain als ersten Flanker mit L‘Homme Idéal Eau de Parfum einen Duft folgen lässt, der so sehr die große Vergangenheit des Hauses zitiert.
Da haben wir sie, die Vanille - deutlich präsent und gekonnt in Szene gesetzt! Die orientalisch-holzige Note des Originals wurde herunter gedimmt, mit all ihren lauten Statements von Kirsche, Mandel und Marzipan. Die Schönheit einer Guerlain-Vanille zeigt sich immer im Dialog mit ihrem Umfeld, so auch hier.
Erstmals nehme ich die Ledernote wahr, die ja auch im Original vorhanden sein soll. Die ist ganz zart und ausschließlich in der Projektion zu erspüren. Und sie ist wichtig, denn die Projektion ist das, was unser Umfeld wahrnimmt, wenn wir einen Duft tragen. Man sollte immer versuchen, sich selbst gewissermaßen neben den eigenen Körper zu stellen, wenn man ein Parfum ausprobiert. Wer sich immer nur die Nase am besprühten Handrücken platt drückt, verpasst vieles. Für mich wird hier ein Stück Raffinesse und Feinheit sichtbar, wie wir sie den Klassikern der französischen Parfumkunst zuschreiben.
Im Vergleich zum Original ist L‘Homme Idéal Eau de Parfum der feinere Duft. Die Vanille vor dem dezenteren orientalisch-holzigen Hintergrund vermittelt mir einen Eindruck von Weichheit. Für mich passt das weniger zu Büro und Ausgehen, mehr für private, intime Gelegenheiten. Wenn das Original für die Woche ist, dann ist L‘Homme Idéal Eau de Parfum für den Sonntag.
Ach, wo sind die Zeiten hin!
Wir kennen die Geschichten um die Guerlinade, jene magische Note, die dieses Haus einmal auszeichnete, und die auf einem souveränen Umgang mit der Note Vanille fußte. Erinnern wir uns – noch immer soll es in Frankreich einen Lieferanten geben, der ausschließlich für Guerlain ein Vanillin nach alter Produktionsmethode herstellt. Dessen rauchige Verunreinigungen sollen die Düfte nur umso lebendiger machen.
Mit seiner wuchtigen, orientalischen Note knüpfte das Eau de Toilette dagegen an den Duftgewohnheiten eines modernen, eher jungen Publikums an. Man schaue einmal das peinliche Werbevideo – der coole Typ, von Frauen umschwärmt. Da hat das Marketing den pickligen Jüngling im Visier, nicht den feinen Pinkel.
Aber wer kauft wirklich die Düfte diese Marke? Es gibt zu denken, dass Guerlain als ersten Flanker mit L‘Homme Idéal Eau de Parfum einen Duft folgen lässt, der so sehr die große Vergangenheit des Hauses zitiert.
Da haben wir sie, die Vanille - deutlich präsent und gekonnt in Szene gesetzt! Die orientalisch-holzige Note des Originals wurde herunter gedimmt, mit all ihren lauten Statements von Kirsche, Mandel und Marzipan. Die Schönheit einer Guerlain-Vanille zeigt sich immer im Dialog mit ihrem Umfeld, so auch hier.
Erstmals nehme ich die Ledernote wahr, die ja auch im Original vorhanden sein soll. Die ist ganz zart und ausschließlich in der Projektion zu erspüren. Und sie ist wichtig, denn die Projektion ist das, was unser Umfeld wahrnimmt, wenn wir einen Duft tragen. Man sollte immer versuchen, sich selbst gewissermaßen neben den eigenen Körper zu stellen, wenn man ein Parfum ausprobiert. Wer sich immer nur die Nase am besprühten Handrücken platt drückt, verpasst vieles. Für mich wird hier ein Stück Raffinesse und Feinheit sichtbar, wie wir sie den Klassikern der französischen Parfumkunst zuschreiben.
Im Vergleich zum Original ist L‘Homme Idéal Eau de Parfum der feinere Duft. Die Vanille vor dem dezenteren orientalisch-holzigen Hintergrund vermittelt mir einen Eindruck von Weichheit. Für mich passt das weniger zu Büro und Ausgehen, mehr für private, intime Gelegenheiten. Wenn das Original für die Woche ist, dann ist L‘Homme Idéal Eau de Parfum für den Sonntag.
11 Antworten
Ein Flanker eines Flankers
Vetiver ist nicht gleich Vetiver. Während die Klassiker die schöne, dunkelgrüne Note dieser exotischen Graswurzel mit Eleganz inszenieren, gehen neuere Interpretationen oft ganz eigene Wege. Zu letzteren gehört Terre d'Hermès Eau Intense Vétiver.
Der Duft eröffnet zitrisch-frisch, wobei die als Bergamotte bezeichnete Note ungewöhnlich lange hält. Sie erschien mir etwas anders, nicht ganz typisch. Der Schluss liegt nahe, dass statt des natürlichen Bergamotteöls ein synthetischer Duftstoff verwendet worden sein könnte. Hinter das Zitrische stellt sich eine frische grüne Note, die ich als "gurkig" empfunden habe - eine seltsame Kombination für einen Herrenduft.
Nach und nach bekommt die zitrische Note mehr Bodenhaftung. Das Frische tritt zurück zugunsten einer etwas rauhen Holzigkeit. Dieser mittlere Bereich der Entwicklung ist bereits nach etwa einer Stunde durchschritten. Zurück bleibt eine trockene, moderne Holznote, wie wir sie schon aus dem Terre d'Hermès Flanker "Eau Très Fraîche" kennen, streckenweise immer noch mit zitrischem Anklang.
In der Tradition von Ellena wird man von Hermès keine überkomplexen Parfums erwarten dürfen. Ein paar gut kombinierte Riechstoffe - das muss reichen. Dieser Linie folgt auch Christine Nagel, aber mit Einschränkung. Den Kopf mit Gurkennote finde ich reichlich verstiegen; mich spricht das nicht an.
Ganz offenbar war Ellenas Eau Très Fraîche der Blueprint für Nagels Eau Intense Vétiver. In der Basisnote treffen beide in einer vermutlich identischen Holznote zusammen. Doch während Ellena zeigt, dass auch ein puristisches Konzept - Zitrus trifft trockenes Holz - vollkommen ausreichend sein kann, erscheint mir Nagels Werk als Verschlimmbesserung.
Wer übrigens die charakteristische aromatische Note des populären Originaldufts in der Nase hat, könnte von beiden Flankern enttäuscht sein; an ihre Stelle ist trocken-synthetische Holzigkeit getreten. Mit dem Original hat beides nichts mehr zu tun.
Und was ist jetzt mit dem intensiven Vetiver? - Tja, da muss man schon reichlich guten Willen aufbringen. Ich rieche davon kaum etwas. Allenfalls eine gewisse Rauheit und Kratzigkeit im mittleren Duftverlauf erinnert an einen weniger eleganten Aspekt des Vetivers. In vielen klassischen Vetivers haben die Parfümeure das erfolgreich übedeckt.
Vetiver hat einen guten Klang, darin muss man wohl den Grund für solche Namesgebungen sehen. Ich halte wenig davon, Parfums mit Duftnoten zu bezeichnen, die dann nicht oder kaum wahrnehmbar sind. Das verwirrt, vor allem den Parfumanfänger.
Von Christine Nagel kennen wir schöne Düfte. Mir scheint, sie hatte die Vorgabe, sich eng an Ellenas Eau Très Fraîche anzulehnen. Doch manches sollte man besser lassen, wie es ist.
Der Duft eröffnet zitrisch-frisch, wobei die als Bergamotte bezeichnete Note ungewöhnlich lange hält. Sie erschien mir etwas anders, nicht ganz typisch. Der Schluss liegt nahe, dass statt des natürlichen Bergamotteöls ein synthetischer Duftstoff verwendet worden sein könnte. Hinter das Zitrische stellt sich eine frische grüne Note, die ich als "gurkig" empfunden habe - eine seltsame Kombination für einen Herrenduft.
Nach und nach bekommt die zitrische Note mehr Bodenhaftung. Das Frische tritt zurück zugunsten einer etwas rauhen Holzigkeit. Dieser mittlere Bereich der Entwicklung ist bereits nach etwa einer Stunde durchschritten. Zurück bleibt eine trockene, moderne Holznote, wie wir sie schon aus dem Terre d'Hermès Flanker "Eau Très Fraîche" kennen, streckenweise immer noch mit zitrischem Anklang.
In der Tradition von Ellena wird man von Hermès keine überkomplexen Parfums erwarten dürfen. Ein paar gut kombinierte Riechstoffe - das muss reichen. Dieser Linie folgt auch Christine Nagel, aber mit Einschränkung. Den Kopf mit Gurkennote finde ich reichlich verstiegen; mich spricht das nicht an.
Ganz offenbar war Ellenas Eau Très Fraîche der Blueprint für Nagels Eau Intense Vétiver. In der Basisnote treffen beide in einer vermutlich identischen Holznote zusammen. Doch während Ellena zeigt, dass auch ein puristisches Konzept - Zitrus trifft trockenes Holz - vollkommen ausreichend sein kann, erscheint mir Nagels Werk als Verschlimmbesserung.
Wer übrigens die charakteristische aromatische Note des populären Originaldufts in der Nase hat, könnte von beiden Flankern enttäuscht sein; an ihre Stelle ist trocken-synthetische Holzigkeit getreten. Mit dem Original hat beides nichts mehr zu tun.
Und was ist jetzt mit dem intensiven Vetiver? - Tja, da muss man schon reichlich guten Willen aufbringen. Ich rieche davon kaum etwas. Allenfalls eine gewisse Rauheit und Kratzigkeit im mittleren Duftverlauf erinnert an einen weniger eleganten Aspekt des Vetivers. In vielen klassischen Vetivers haben die Parfümeure das erfolgreich übedeckt.
Vetiver hat einen guten Klang, darin muss man wohl den Grund für solche Namesgebungen sehen. Ich halte wenig davon, Parfums mit Duftnoten zu bezeichnen, die dann nicht oder kaum wahrnehmbar sind. Das verwirrt, vor allem den Parfumanfänger.
Von Christine Nagel kennen wir schöne Düfte. Mir scheint, sie hatte die Vorgabe, sich eng an Ellenas Eau Très Fraîche anzulehnen. Doch manches sollte man besser lassen, wie es ist.
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