10.10.2014 - 10:29 Uhr

Yatagan
415 Rezensionen

Yatagan
Top Rezension
37
Eine Nacht im Raubtierkäfig
Unkommentierte Düfte No. 51
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
(aus: Der Panther von Rainer Maria Rilke)
In der Herrenparfümerie hat sich für Düfte mit einer markanten Vetivernote ein Königsweg etabliert. Im Allgemeinen handelt es sich um Düfte, die den namengebenden Inhaltsstoff auch wirklich in die Mitte des Dufterlebnisses stellen. Mal ist es leichter und fruchtig-heller, mal ist es grün, krautig, pflanzlich und dunkel. Offenbar gilt jedoch die strikte Regel, dass sich Vetiver nicht mit orientalischen, süßen, animalischen Noten vertrage. Wenn diese auftauchen, dann in eher dezenten Dosierungen.
Einige wenige Duftmanufakturen gehen einen anderen Weg. Dazu gehören Düfte wie Serge Lutens Vetiver oriental, Vetiver ambrato von Bois 1920, Vetiver Dance von Tauer, in gewisser Weise auch Vetiver Moderno von Torre of Tuscany und ganz besonders Mona di Orios Les Nombres d‘Or Vétyver - allesamt Außenseiter im Regal, Nischendüfte für ein kleines Publikum oder aber in einigen Fällen - meiner Meinung nach - missglückte Versuche einer Neuausrichtung des Themas Vetiver (v.a. Tauer).
In die Liste der o.g. ambrierten, animalischen, gelegentlich auch moschuslastigen Vetivers kann auch der hier besprochene Duft geordnet werden. Vetiverus von Oliver & Co. betont sogar ganz nachdrücklich die animalische Seite. Ausgesprochene Liebhaber/innen von orientalischen, arabischen, animalischen Düften werden dabei sicherlich kaum mit der Wimper zucken. Für mich jedoch, Besitzer zahlreicher maskuliner Herren- und Unisexdüfte, ist das schon ein wenig gewöhnungsbedürftig: ich rieche wie nach einer Nacht im Raubtierkäfig. Gemeint ist damit nicht die erotische Komponente, die dem Raubkatzenauftritt mit all seinen Klischees innewohnen mag, sondern eher die fast tierische Ausdünstung auf meinem Unterarm, die mich vor eine nicht ganz geringe Herausforderung stellt.
Ähnlich jedoch wie bei einigen Oud-Düften kann man sich - nach Überstehen einer ersten Phase des Duft-“Erlebnisses“ - an diese Richtung gewöhnen, gar Gefallen daran finden, vielleicht gerade auch deshalb, weil dieser Duft durch den Kontrast zwischen tierischer Wucht und pflanzlichem Saft eine Balance findet, die nie zu streng, nie zu penetrant, nie zu wuchtig wirkt. Vorwerfen wird ihm jedoch fast jeder Vetiverliebhaber, dass der namengebende Inhaltsstoffe hier so weit in den Hintergrund gedrängt wurde, dass er tatsächlich nur noch als Gewicht auf der Waage, als Gegengewicht zu den orientalischen Stoffen eine Rolle spielt.
Im Mittelpunkt steht hier eine süße, fast rosinenartig riechende Melange aus Ambra und Moschus, Patchouli (auch nicht so gut zu isolieren), vor allem auch eine balsamartige Note: schwer, fast ölig, harzig. Daneben rieche ich fruchtige, würzige Töne, die die Schwere des Duftes einerseits betonen, andererseits dem Animalischen seine Wucht nehmen. Alles in allem drängt sich das Bild des gefangenen Panthers aus Rilkes Gedicht auf, ein Raubtier mit gebremstem Drang und gezogenen Zähnen.
Letztlich ist der Duft für mich kein wirklicher Vertreter der klassischen oder modernen Vetiver-Düfte, allemal aber eine reizvolle Variante. Die Bewertung kommt nicht etwa dadurch zustande, dass ich den Duft eher gefällig bis durchschnittlich einschätze, sondern durch das Schwanken bei meinem Urteil: zwischen anziehend und abstoßend, zwischen 50 und 85%, woraus sich ableiten lässt, dass mir der Duft knappe 70% wert war.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
(aus: Der Panther von Rainer Maria Rilke)
In der Herrenparfümerie hat sich für Düfte mit einer markanten Vetivernote ein Königsweg etabliert. Im Allgemeinen handelt es sich um Düfte, die den namengebenden Inhaltsstoff auch wirklich in die Mitte des Dufterlebnisses stellen. Mal ist es leichter und fruchtig-heller, mal ist es grün, krautig, pflanzlich und dunkel. Offenbar gilt jedoch die strikte Regel, dass sich Vetiver nicht mit orientalischen, süßen, animalischen Noten vertrage. Wenn diese auftauchen, dann in eher dezenten Dosierungen.
Einige wenige Duftmanufakturen gehen einen anderen Weg. Dazu gehören Düfte wie Serge Lutens Vetiver oriental, Vetiver ambrato von Bois 1920, Vetiver Dance von Tauer, in gewisser Weise auch Vetiver Moderno von Torre of Tuscany und ganz besonders Mona di Orios Les Nombres d‘Or Vétyver - allesamt Außenseiter im Regal, Nischendüfte für ein kleines Publikum oder aber in einigen Fällen - meiner Meinung nach - missglückte Versuche einer Neuausrichtung des Themas Vetiver (v.a. Tauer).
In die Liste der o.g. ambrierten, animalischen, gelegentlich auch moschuslastigen Vetivers kann auch der hier besprochene Duft geordnet werden. Vetiverus von Oliver & Co. betont sogar ganz nachdrücklich die animalische Seite. Ausgesprochene Liebhaber/innen von orientalischen, arabischen, animalischen Düften werden dabei sicherlich kaum mit der Wimper zucken. Für mich jedoch, Besitzer zahlreicher maskuliner Herren- und Unisexdüfte, ist das schon ein wenig gewöhnungsbedürftig: ich rieche wie nach einer Nacht im Raubtierkäfig. Gemeint ist damit nicht die erotische Komponente, die dem Raubkatzenauftritt mit all seinen Klischees innewohnen mag, sondern eher die fast tierische Ausdünstung auf meinem Unterarm, die mich vor eine nicht ganz geringe Herausforderung stellt.
Ähnlich jedoch wie bei einigen Oud-Düften kann man sich - nach Überstehen einer ersten Phase des Duft-“Erlebnisses“ - an diese Richtung gewöhnen, gar Gefallen daran finden, vielleicht gerade auch deshalb, weil dieser Duft durch den Kontrast zwischen tierischer Wucht und pflanzlichem Saft eine Balance findet, die nie zu streng, nie zu penetrant, nie zu wuchtig wirkt. Vorwerfen wird ihm jedoch fast jeder Vetiverliebhaber, dass der namengebende Inhaltsstoffe hier so weit in den Hintergrund gedrängt wurde, dass er tatsächlich nur noch als Gewicht auf der Waage, als Gegengewicht zu den orientalischen Stoffen eine Rolle spielt.
Im Mittelpunkt steht hier eine süße, fast rosinenartig riechende Melange aus Ambra und Moschus, Patchouli (auch nicht so gut zu isolieren), vor allem auch eine balsamartige Note: schwer, fast ölig, harzig. Daneben rieche ich fruchtige, würzige Töne, die die Schwere des Duftes einerseits betonen, andererseits dem Animalischen seine Wucht nehmen. Alles in allem drängt sich das Bild des gefangenen Panthers aus Rilkes Gedicht auf, ein Raubtier mit gebremstem Drang und gezogenen Zähnen.
Letztlich ist der Duft für mich kein wirklicher Vertreter der klassischen oder modernen Vetiver-Düfte, allemal aber eine reizvolle Variante. Die Bewertung kommt nicht etwa dadurch zustande, dass ich den Duft eher gefällig bis durchschnittlich einschätze, sondern durch das Schwanken bei meinem Urteil: zwischen anziehend und abstoßend, zwischen 50 und 85%, woraus sich ableiten lässt, dass mir der Duft knappe 70% wert war.
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