Blue Vanille Extrait de Parfum

ParfumAholic
07.10.2020 - 11:35 Uhr
31
Top Rezension
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft

Schönheit und Eleganz

Dieser Kommentar und meine Bewertung des Duftes beziehen sich auf das Eau de Parfum. Da das EdP aber nicht gelistet ist, platziere ich den Kommi hier unter dem Extraît.
Die Marke Henry Jacques war mir bisher, wie wahrscheinlich einigen anderen auch, eigentlich kein wirklicher Begriff. Erst durch die Sharings von Witwe Bolte sollte sich das ändern.
Das Netz gibt nicht wirklich viel über das Traditionshaus her. Man hat dort sehr lange ausschließlich maßgeschneiderte Düfte auf Kunden-Bestellung hergestellt. Das klingt elitär. Ist es wohl auch. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, wäre es ein echter Traum, mir meinen ganz persönlichen Duft kreieren zu lassen. Erst nach und nach hat man sich (zögerlich) dem breiten Publikum geöffnet. Wobei „breites Publikum“ jetzt auch nicht wirklich stimmt, denn die Dependancen sind rar und anscheinend sehr ausgesucht. In Europa sind die Düfte offenbar nur bei Harrod‘s erhältlich. Den Habitus einer privaten und exklusiven Duft-Manufaktur hat man im Hause Henry Jacques zumindest nicht abgelegt. Harrod‘s ruft Preise ab ca. 500€ bis über 2.000€ für die Düfte auf. Das ist eine Ansage. Eine derartige Preispolitik schützt natürlich auch davor, dass die Düfte breitgetreten werden. Bevor ich aber derart tief in die Tasche greifen würde, müsste viel, sehr viel passieren. Aber ich will jetzt auch nicht länger auf den Preisen herum reiten. Das muss jeder für sich individuell einordnen.
Nun aber zum Duft selbst. Blue Vanille ist ein Gesamt-Kunstwerk, das es mir fast unmöglich macht, es in seine Einzelbestandteile zu zerlegen.
Der Duft startet irgendwie „frisch“, wobei ich nicht sagen könnte, welche Duftnoten dafür verantwortlich sein könnten. Es ist keine normale Frische, eher ein heller und freundlicher Eindruck mit einem Hauch Süße. Die in der Pyramide angegebenen „aromatischen Noten“ könnten es sein.
Direkt im Anschluss folgt hellwürziger, feiner Tabak. Der ist gut erkennbar und zudem eine Konstante über den ganzen Duftverlauf.
Trockene, helle Hölzer legen sich unter den Tabak. Sehr fein und subtil.
Ganz fein-rauchige, würzige Vanille und ultrafeiner, sehr heller Moschus legen sich schließlich wie ein Schleier über alle Komponenten, umgarnt und vernetzt sie.
Überhaupt ist Blue Vanille ein dicht verwobener Duft, in dem es keine wirklichen Solisten gibt. Der Duft erscheint mir mehr wie ein Orchester. Man erkennt hier und da einzelne Instrumente, aber das große Ganze ist das Entscheidende.
Blue Vanille ist für mich pure und wie selbstverständliche Eleganz und Schönheit, die allerdings zu keinem Zeitpunkt arrogant oder blasiert wirkt. Hier erscheint nichts aufgesetzt und hier wird auch nichts zur Schau getragen. Der Duft strahlt Souveränität aus, alles Laute und Gewöhnliche ist ihm einfach fremd. Das manifestiert sich auch in der Projektion, die eher mäßig und körpernah ist. Blue Vanille geht eine Symbiose mit dem/der Träger/in ein, schmiegt sich eng an und verleiht ein unglaubliches Geborgenheitsgefühl. In gewisser Weise erscheint Blue Vanille somit ähnlich öffentlichkeitsscheu wie das Haus Henry Jacques selbst.
Der Qualitätsanspruch des Hauses ist klar erkennbar. Hier gibt es nichts von der Stange. Und schon gar nicht würden diese Düfte in ein 08/15 Sortiment einer beliebigen Parfümerie passen. Wohl aber in das einiger deutscher Big Player (Alsterhaus / KaDeWe / Breuninger). Zumal gerade Reisen nach London momentan ja auch eher riskant sind.
Vielleicht hat man bei Henry Jacques ja irgendwann Erbarmen...
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