Khamrah
خمرة
2022

Parfümlein
17.01.2024 - 17:19 Uhr
12
Sehr hilfreiche Rezension
8
Preis
5
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
4
Duft

Purer Opportunismus...

... kann durchaus hilfreich sein! Stellte ich zumindest fest, als ich meine persönliche Parfumo-Serie durch eine Wiederholung der Folge "Angel's Share" und die wieder aus dem Programm genommene Folge "Khamrah" bereicherte...
Vom Flakon und den Noten von Angel's Share war ich kurz nach Erscheinen sehr fasziniert - und vom Duft auch. So weich, so rund, so edel-alkoholisch... Nur leider war ich den Duft auch kurz danach leid. Und verkaufte ihn wieder. So weit, so gut.
An einem dieser Tage, an dem ich müde von Entscheidungen war - Entscheidungsmüdigkeit, so las ich, sei Symptom meines Berufes, in welchem ich täglich bis zu 1500 Entscheidungen treffe - und mich sinn- und lustlos vor YouTube räkelte, sah ich ein Video, in dem Angel's Share sehr verrissen wurde. Weil ich von der Quelle dieses Kanals so unglaublich wenig halte, forderte mich dieses Video geradezu heraus: "Schlecht? Ok. Den nehme ich mir nochmal vor."
Nur leider fand ich Angel's Share inzwischen ziemlich teuer. Und DAS war der Moment, in dem Khamrah auf der Bildfläche erschien. Begeisterung! Toller Flakon! Tolle Pyramide! Tolle Kommentare! Und ein wunderbarer Preis!
Khamra zog schnell bei mir ein und ich dachte, nun meinen Angel's Share zurückzuhaben. Das stimmte so aber leider nicht. Ich war so bitter enttäuscht. Khamrah ist, wie viele hier schreiben, wirklich ein eigenständiger Duft. Aber dass er sich nicht hinter Angel's Share zu verstecken braucht, das sehe ich nicht so. Ich komme mit ihm nicht gut zurecht. Ich nehme zwar die feinen Gewürztöne wahr, aber da liegt etwas so Hartes, Dumpfes und Dunkles im Hintergrund, dass mir das Tragen nach kurzer Zeit eher unangenehm ist. Ich finde diese Härte gar nicht maskulin, das ist nicht das Problem. Ich empfinde den Duft nur dadurch als relativ flach, er geht nicht in die Tiefe, breitet sich nicht in Entwicklungen aus, führt nicht auf verschlungenen Pfaden zu Drydowns, die überraschen, sondern bleibt in meinen Augen sehr linear und dabei sehr intensiv, und das baut sich vor mir wie eine Wand auf, die mir einfach zu gewaltig ist. In meinem Empfinden fehlt dem Duft diese Sanftheit, die es überhaupt möglich macht, Gewürzdüfte zu tragen. Kochgewürze esse ich ja auch nicht pur, ein Teelöffel Zimt oder gar Muskat wäre doch extrem unangenehm (und wohl auch sehr ungesund). Gewürze müssen für mich eingebunden werden in eine weiche, zurückhaltende Basis, der sie den letzten Schliff geben wie die Diamanten einem eleganten, schlichten Kleid. Sie müssen die Basis zum Schillern bringen, und dazu dürfen sie nicht pur auftreten. Eine Idee, die ich an Khamrah mag, ist der Geruch von warmen Äpfeln mit leichter Säure, etwa Boskoop, Assoziationen an warmen Apfelkuchen eben. Doch in Khamrah erschlägt mich diese Note, als wären die Äpfel nicht in weichen, zarten, buttrigen Mürbeteig gebettet, sondern in frischen Beton. Khamrah ist deshalb für mich nicht der richtige Duft. Und so führte mein Weg mich am Ende doch wieder zu Angel's Share, den ich nun nicht mehr hergebe und auch mit keinem Engel teile.
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