Baux
19.01.2013 - 08:18 Uhr
7.5
Haltbarkeit
8
Duft

Sei doch nicht so kompliziert!

Biagiotti klingt wie eine saisonlimitierte Schokokugel von Ferrero. Das macht aber nichts, genauso wenig, dass die Fernsehspots regelmäßig das ohnehin schon mäßige Niveau der damaligen Werbung unterboten (Sie beißt ihm zärtlich ins Ohrläppchen). Schieben wir das mal gemeinsam mit den eher grauenvolleren Kreationen des Hauses (Roma und alles für Männer) beiseite, so finden wir ein Parfum, das voll in den 90ern angekommen ist, jener Dekade, in der man sich von den krassen Übertreibungen der vorangegangenen lossagen wollte. Das Ergebnis war eine gewisse Unentschlossenheit, ein stilistischer Mischmasch, aber immerhin zumindest das Bemühen um eine romantisierte Natürlichkeit.

Heraus kam zwangsläufig ein fruchtiger Florientale. Hatte Lancôme schon sechs Jahre zuvor mit Trésor den stilbildenen Duft der Zeit lanciert, aber eben immer noch mit gezielten Übertreibungen, die sich aus den 80ern herübergerettet hatten, etwa in der Aprikosenintensität, so ist Sotto Voce ausgeglichener und – nun ja – leiser. Pfirsich, Vanille und ein undefiniertes Blütenpaket, alles im Gleichgewicht. Leiser meint hier natürlich nicht leise. Sotto Voce ist ein geschrienes Flüstern, das jeder hört und auch hören soll. Wirkliche Zurückhaltung würde die Welt erst Jahre später lernen.

Mag sein, dass das nicht nach hoher Kunst riecht, dennoch hat es eine simple Überzeugungskraft wie auf kulinarischem Gebiet etwa Milchreis mit Äpfeln und Zimt. Dennoch schreckt schon die Idee des Duftes viele Parfumfans ab: Man nehme einfach schöne Früchte, schöne Blumen und Vanille – fertig. Damit vergrault man natürlich alle, die schon aus Prinzip Früchte, Blumen und Vanille ablehnen, weil man damit ja nach junger Frau riechen könnte. Dem Naheliegenden haftet immer etwas Ordinäres an.

Dennoch bleibt die Kombination gleichsam trivial und schön, nicht nur, aber besonders für jene, die damals in Diskos, auf Partys und Balkonen prägende Dufterfahrungen gesammelt haben. Die Nase knutscht schließlich mit.
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