Gaiac 10 2008

Bertel
08.08.2016 - 16:30 Uhr
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Top Rezension

Baumharze in Tokio?

In meiner Testreihe der demnächst wieder für einen Monat verfügbar gemachten "City Exclusives" habe ich mir "Gaiac 10" als nächsten vorgenommen.

Und dieser Duft hält absolut Wort, er ist genau das: Gujakholz, beinahe fotorealistisch, von der sumpfig-harzig-rauchigen Sorte, diese leicht säuerliche Beschaffenheit die an die Schnittmenge von Mangrovensümpfen und edel fermentierendem Oud denken lässt.

Dabei ist dies in keinster Weise ein Oud-Duft, um die Pole mal zu verorten, so von der silbrigen oder animalischen oder medizinischen Sorte, sondern für mich deutlich ein harziger Ausbund, stark in Richtung Elemi und wie diese Harze und klebrig-zähflüssigen Biester alle heißen gehend. Fasziniernd, erdig, tiefgründig, dunkel braungrün, leicht animalisch - und für mich als übersensible Zivilisationskreatur nicht tragbar. Die untenstehende Beschreibung als Sauberduft ist für mich nicht nachvollziehbar, ganz im Gegenteil, ich empfinde dieses Biest als ziemliche Attacke - mit meinem bisherigen Verständnis der asiatischen und vor allem japanischen (Nicht-)Duft-Kultur nicht in Einklang zu bringen.

Sicher, über die Zeit wird "Gaiac 10" milder, sanfter, eleganter, im Drydown nach vielen Stunden (Ausdauer!) dann mit moschusgedämpfter Holzigkeit ausklingend, aber so lange halte ich nicht durch... Damit wir uns richtig verstehen: dies ist in keiner Weise ein raues, wildes, tobendes Monster sondern ein fein ausbalancierter Harz-Duft, das Konzept geht halt für mich persönlich, vor allem auch mit dem Bezug ausgerechnet auf Tokio, nicht wirklich auf. Muss es aber ja auch nicht :-)

Fazit: wer harzige Elemi-Kreationen mit Kultur und Verstand schätzt und eine fein ausbalancierte, nuancierte Interpretation dieses Themas schätzt sollte "Gaiac 10" unbedingt unter die Nase nehmen. Wer hingegen mit Shiseido et al. hinsichtlich japanischer Duftvorstellungen sozialisiert wurde (wie ich) bleibt hier eventuell ein wenig ratlos zurück.
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