Thé Matcha 26 2021

Rebirth2014
18.04.2023 - 12:34 Uhr
10
6
Preis
5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Gesöff

„Ganz traditionell bereitete ich mir jüngst erst wieder einen Matcha in meiner echten schwarzen Raku-Matchawan zu. Ich gab mit dem Chashaku ein besonderes Matchapulver aus Yame in die Schale und fügte mit der Hishaku das auf genau siebzig Grad erhitzte Wasser hinzu. Besinnlich führte ich für fünfzehn Sekunden achtsame Bewegungen mit dem Chasen durch und schäumte damit entsprechend die grüne Flüssigkeit auf. Nun drehte ich die Schale zwei Mal, stellte sie vor mir ab, nahm sie wieder auf und trank den Matcha in genau drei Portionen. Die volle Aromavielfalt konnte ich in jener ruhigen Umgebung genießen und entsprechend habe ich ein ganz tiefes Verständnis für diese edle Flüssigkeit.“, sprach der Matcha-Kenner und legte den Flakon von „Thé Matcha“ verächtlich zur Seite.

„Ja, das ist kein Matcha. Riecht irgendwie holzig, milchig süß, nach Zeder, Feige, Moschus und Minze aber nie und nimmer nach MATCHA!“

„Oha, er sagte doch noch am Telefon, dass er Matcha sehr mögen würde?“, dachte sein Sohn und nahm deshalb an, dass ihm auch der Duft „Thé Matcha“ von Le Labo gut gefallen könnte.

„Da machen Leute etwas, wovon sie keine Ahnung haben! Entsetzlich und für jeden Japaner eine Beleidigung!“, fuhr sein Vater fort.

Zugegeben: als er vor 2 Jahren von zu Hause auszog, da entdeckte sein Vater gerade erst die japanische Kultur für sich und war sofort fasziniert von der Teezeremonie und dem ästhetischen Konzept „Wabi-Sabi“. Doch sein alter Herr war schon immer etwas verschlossen und genoss seine Erkenntnisse lieber im Stillen für sich. Versunken in einsame Gedankengänge suchte er offensichtlich nach der Definition seiner eigenen Werte und seiner Integrität. Wer in diese Welt – ob bewusst oder unbewusst – eindrang, der musste mit einer starken Abwehrhaltung rechnen.

„Papa, das ist Matcha. Riechst du denn nicht den krautigen Tee heraus?“, relativierte der junge Mann.

„Du willst mich veralbern?“, konterte der Senior ernst.

„Nein, ich wollte dir eine Freude machen. Aber ich hatte keine Ahnung, was Matcha für dich bedeutet. Das grüne Pulver spiegelt für dich eine ganze Kultur und für mich ist es nur ein Trendgetränk, dass ich mit aufgeschäumter Milch und einem Teelöffel Manukahonig genieße. Wahrscheinlich verziehst du jetzt gleich wieder dein Gesicht, weil ich dieses "heilige Pulver" mit meiner Zubereitungsart entweihe und ich kann es sogar aus deiner Sicht verstehen.“

„Aus deiner Sicht verstehen? Hm, da ist etwas dran. Aus deiner Sicht verstehen.“, sagte der Vater, lächelte verschmitzt und ging in die Küche.

Er nahm zwei Gläser aus dem Schrank und gab mit dem Teelöffel etwas Matchapulver hinein. Mit dem Wasserkocher brachte er Wasser auf eine Temperatur von achtzig Grad und goss es auf das Pulver in den Gläsern, um es im Anschluss mit einem elektrischen Milchaufschäumer zu verquirlen. Nun wärmte er Milch, schäumte sie auf und gab etwas herben Waldhonig in den Tee. Vorsichtig ließ er die aufgeschäumte Milch in den Tee laufen und rührte dabei vorsichtig um.
„Fertig, Sohn. Jetzt schmecken wir einmal Matcha aus deiner Sicht.“, grinste der Vater und gab seinem erwachsenen Sohn eines der beiden Gläser in die Hand.

Beide nahmen einen großen Schluck und der junge Mann fragte unsicher: „Schmeckt dir das? Hast du gut hinbekommen. Also mir schmeckt es richtig gut.“

Doch der ältere Herr stellte das Glas auf den Tisch und sagte mit finsterer Mine: „Das ist kein Matcha.“

Verärgert und unverstanden sah sein Sohn zu ihm hinüber, da begann der Senior laut zu lachen.

„Aber es schmeckt gut. Wie immer man das nennen will. Das „Gesöff“ schmeckt gut.“ Er nahm den Flakon „Thé Matcha“, öffnete ihn und roch noch einmal daran: „Ja, das kommt hin. Riecht gut! Wollen wir ihn nicht auch einfach „Gesöff“ nennen?“

Beide brachen in Gelächter aus, nahmen sich in den Arm und leise flüsterte der Vater: „Danke, Großer, dass du mir meine Engstirnigkeit verzeihst.“

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