Sadonaso 2023

Rebirth2014
12.04.2023 - 10:19 Uhr
15
Hilfreiche Rezension
5
Preis
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft

Let's talk about ...

Bei Gualtieri gibt es keine Andeutungen. Seit seinem Film „Searching for Blamage“ nutzt er die multimediale Kunstform, um seine Düfte vorzustellen und entsprechend zu bewerben. Kompromisslos werden Bilder erzeugt, die in Verbindung zu seinen Düften stehen (sollen). Ob nun der Bazar oder das schmelzende Harz (Blamage), der dröhnende Metallkoloss im Meer (Magamare), der verpuffende Kopf im Labor (Fantomas) oder der umgeschnallte Gummidildo (Sadonaso) - alles spricht ein Gefühl in uns an. Suggestion.

Auch seine Düfte explodieren, sind kleine Monster in Sillage und Haltbarkeit. Megamare ist sogar der Megalodon unter seinen Kreationen. Kein Waschmittel und keine Waschmaschine der Welt ist in der Lage den Kampf gegen Gualtieris Urhai zu gewinnen. Man könnte sogar von Dufttätowierung sprechen.

Doch ist das Kunst? Ist allein die Expression, der laute Widerhall, das Spiel mit den Erwartungen und die Provokation ausreichend? Muss das Handwerk stimmen? Darf es massentauglich sein?

Sadonaso ordnet sich in das Konzept von Alessandro Gualtieri ein. Sein Werbefilm führt uns in die Klischees des sexuellen Untergrundes – vielleicht sogar an die Grenze zur Perversion. Die Aura verflüssigt sich, sammelt sich an den Wänden und versickert darin, um im Anschluss vom großen Meister selbst angezapft zu werden.

Damit wird eine verstörende bis erregende Wirkung erzielt; ganz abhängig davon, wie man selbst veranlagt ist.

Kann der Duft diese Erwartungen erfüllen? Er ist süß (Honig, Karamell), animalisch (Wachs, Costus), synthetisch (Glycerin-Rauch, Vinyl) und pudrig (Sandelholz, Vanille). Ist das purer Sex oder sogar Sadomasso?

Diese Fragen kann nur jede Person für sich selbst beantworten. Da spielt das bewusst erzeugte Kopfkino (Werbefilm und Titel), die eigene Phantasie und die individuelle sexuelle Erfahrung/Vorliebe eine große Rolle.

Persönlich denke ich, dass Gualtieri sich dieses Mal selbst zu weit aufs Eis hinaus wagte und schlichtweg eingebrochen ist. Neben seiner üblichen Gestaltung – die vordergründige Synthetik, starke Sillage und Haltbarkeit – ist ihm im kreativen Prozess offenbar die Luft ausgegangen. Vom Grundgerüst ist Sadonaso (bis auf die dominante Süße) dem „Pour Le Soir“ von MFK sehr ähnlich. Vielleicht ist das die Vorstellung, die Gualtieri tatsächlich zum Thema Sadomasso hatte; vielleicht aber auch nur des „Kaisers neue Kleider“.

Auch ich bin (wie viele Kommentare/Statements zu seinem neuen Duft hier spiegeln) von seinem künstlerischen Ausdruck enttäuscht. Da ich sowohl auf eine Interpretation der Duftwirkung, als auch auf die Interpretation der möglichen künstlerischen Anspielungen verzichte, werde ich ihm ebenfalls nicht unterstellen, dass er eine neue Zielgruppe sucht und Richtung Mainstream abgebogen ist. Sadonaso ist ein „Ausreißer“, der sich von den anderen Nasomattos distanziert, da er mehr auf Gefälligkeit als Ausdruck ausgelegt ist.

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