Signoricci 1 1964 Eau de Toilette

Troemmer
26.12.2019 - 16:32 Uhr
4
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft

Vergessener Zitronen-Klassiker — zu Recht?

Ui, ich scheine hier tatsächlich der erste zu sein. Erstaunlich, dass bislang noch niemand Signoricci kommentierte, die Anzahl klassischer Herrendüfte aus den 60ern ist ja eher überschaubar. Zudem ist der Duft mit ein bisschen Glück noch zu moderaten Preisen zu ergattern.

Es könnte an der Optik liegen. Der Flakon macht nicht gerade viel her. Meiner sieht aus wie da oben auf Bild 4/4: Unten Pressglas, oben verchromtes Plastik. Der stand eher im Allibert als auf der schweren Waschtisch-Marmorplatte. Also Eau Sauvage für Arme? Mal schauen…

Von wegen, hier geht’s um Eleganz! Die Kopfnote meines Signoricci ist trotz des hohen Alters schön wie eh und je. Dreifacher Zironenrittberger in your face! Uff. Mit ordentlich Kawumms kommen Zitronen um die Ecke, nicht die quietschsauren, hier britzelts bitter und leicht fruchtig. Die erste Zitronenladung weicht Kräuter- und würzigeren Zitrusnoten. Auf einer leichten Tabakbasis, elegant und weich, den Kick geben knackige grüne Noten. Alles perfekt ineinander verschränkt. Einfach, klassisch, frisch. Schwebend, transparent, und auch ganz bisschen raffiniert.

Die Pyramidenkandidaten Amber, Tonkabohne, und Zibet rieche ich nicht. Dafür gibts in der Basis ordentlich Vetiver und ganz feine Zeder, die Rose erahne ich mehr … Das ganze (perfekt ineinander verschränkt, sagte ich das bereits?) einen eleganten, ja durchaus luxuriöser Duft aus einer anderen Zeit. Das interessante hierbei ist: Sowohl erkennbar aus den sechziger Jahren als auch seiner Zeit voraus. Denn breitbeinig, maskulin, aus der Zeit gefallen oder so ist hier nichts. Alles leicht, schwebend, perfekt inei… okay ich hör schon auf. Mit einigen weiblichen, aber dennoch markanten männlichen Noten. Signoricci spielt für mich in einer Liga mit dem alten Armani Eau Pour Homme, wenn auch unkomplizierter und viel sommerlich-spritziger und zugegebenermaßen auch weniger unique.

Mir wird der Duft nie über, der hat nichts Ermüdendes, kein Derschonwieder, ganz im Gegenteil: jedes Nachsprühen ist ein kleiner cologneartiger Aufwecker. Und ohne Nachsprühen geht’s nicht – wir kommen dezent zu den Minuspunkten. Leider wird der Gentleman recht schnell hautnah, dort angekommen geht im dann zwar über mehrere Stunden die Puste nicht aus. Aber der Schwung der ersten Stunde ist erstmal weg… naja, irgendwas is' immer.

Auf der Habenseite bleibt ein schöner eleganter Sommerduft: gleichzeitig modern und nostalgisch in seiner feinen Strenge.
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