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Ormonde Man 2004 Eau de Parfum

FFL
16.10.2020 - 05:30 Uhr
14
Hilfreiche Rezension
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft

Darf es ein bisschen weniger sein?

Diese Titelfrage hört man in unserer modernen Zeit, in der Fasten, Verzichten und FdH immer mehr in Mode geraten, immer öfter. Muss es wieder das Schnitzel mit Pommes sein, oder biegen wir ab zum Salatbuffet? Die neue Apple Watch gleich aus Edelstahl, oder reicht Aluminium? Eis aber bitte mit Sahne... oder ohne? Und auf einmal stand ich vor der Frage: Ormonde Man mit 50% Ölkonzentration, oder reichen 30%? Aber fangen wir von vorne an.

Beim Stöbern durch die Top 30 der Herrendüfte in unser aller Lieblingsparfümdatenbank stieß ich irgendwann auf Ormonde Man (Parfum). Natürlich habe ich mir erstmal eine Abfüllung bestellt, und wenn man schonmal dabei ist, gleich noch eine vom "normalen" Eau de Parfum (weit außerhalb der Top 100) gleich dazu. Ist die hochkonzentrierte Variante wirklich besser?

Noch bevor die Proben eintrafen, hatte ich mich schonmal bei Ormonde Jayne, London, informiert, wie der Hase generell rennt. Es gäbe alle Parfums von O. Jayne mit 30% (Standard) sowie 40% oder 50% (Made-to-Measure) Parfümölanteil, teilte mir der freundliche Mail-Support mit.
Als ich den Support dann fragte, wieso die 30%-Konzentration "Eau de Parfum" heiße, obwohl laut Wikipedia ein EdP nur "10–20% aromatic compounds" hat (puh, mein Englisch reichte gerade so aus), kam als Antwort nur "we understand that this can be confusing".
Hihi, nun gut, Ormonde Jayne hat also seine eigene Definition und haut einfach voll auf die 12. Bisher dachte ich immer, die 43% Ölanteil, die das italienische Label "Profumum Roma" verwendet, seien schon das Höchste der Gefühle. So kann man sich irren...

Nun aber zu den Düften selbst: Das Parfum wird hier hoch gelobt, und ich kann die Lobhymnen sehr gut nachvollziehen. Die höhere Konzentration des Parfums (50%) lässt den Duft intensiver wirken. Ich habe den Eindruck, dass die Hemlocktanne hier stärker überdosiert wurde als die übrigen Noten. Dies scheint den meisten hier zu gefallen. Mir persönlich gehen dabei die anderen Noten, die den Duft etwas kantiger und frischer machen, also Vetiver und Pfeffer, etwas unter. Übrigens: Die 40%-Variante könnte die goldene Mitte sein - den scheint hier aber noch niemand getestet zu haben.

Doch wir sind hier nun beim Eau de Parfum (30%): An diesem gefällt mir, dass er etwas klassischer rüberkommt, nicht so balsamisch, aber würziger und kantiger und mit einem spürbaren Duftverlauf (Bergamotte im Opening). Im Büro würde ich mich damit wohler fühlen. Abends dagegen würde ich wohl das Parfum bevorzugen, mit der waldig-grünen Hemlocktanne, die zwar giftig ist, aber der eine beruhigende Wirkung nachgesagt wird (naja, Gift kann gut sedieren *scherz*).

Noch eine Beobachtung im Drydown (EdP), die ich nicht verschweigen will: Viele sagen, sie nehmen kein Oud war und so ging es mir auch erst. Doch im späten Drydown, als Bergamotte und Wacholder schon längst lebwohl gesagt hatten, nahm ich plötzlich eine süße staubige Holzigkeit wahr. Diese Note kam mir vertraut vor und dann kam die Eingebung: MFK's Oud. Und: Hatte Frau Jayne in einem Interview nicht berichtet, dass sie "die Welt bereist habe und dabei auf laotisches Oud gestoßen sei"? Tja, dieses hat auch der Francis K. benutzt (8 Jahre später). Ergo: Doch bissel Oud drin. Beim Parfum (50%) dagegen nahm ich weiterhin nur Hemlocktanne wahr.

Und die Moral von der Geschicht: Eine Empfehlung gibt es nicht. Jeder muss die für sich passende Konzentration wählen. Ich wähle die preislich günstigere, da sie mir einen Ticken besser gefällt. Und mal ehrlich: 30% Konzentration sind schon mehr als 95% der übrigen Düfte auf dem Markt vorweisen. Da darf es gerne ein bisschen weniger sein ;-)

Update: Die enthaltene Hemlocktanne (black hemlock oder auch canadian hemlock), die 30 Meter hoch wird, ist doch nicht giftig. Lediglich der Schierling (hemlock), der nur 2 Meter groß wird und ähnlich duftet, ist giftig. Dennoch ist bei "Ormonde Woman" auf der offiziellen Website von O. Jayne zu lesen: "We think of poor Socrates drinking the poison and its dark connotations."
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