Risvelium von Orto Parisi

Risvelium 2025

Salbeizweig
06.07.2025 - 07:38 Uhr
2
9
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft

Johannesbeer-Aperitif am Komposthaufen

Als ich Risvelium zum ersten Mal teste, bin ich auf den Weg zu unserem Acker. Als Möchtegern-Landwirtin bewirtschafte ich ein kleines Areal auf einem Berg über der Stadt, zwischen Wald, Ziegenwiese und Obstbäumen. Als ich loslaufe ist es angenehm warm, und auf der steilen Strecke hoch zur Bergkuppe gerate ich ins Schwitzen. Mir schlägt eine herbe Zitrusnote entgegen. Einige Vorredner hier sprechen von Grapefruit und Zitrone, ich denke sofort an Johannisbeere. Je mehr ich transpiriere, desto mehr Erde breitet sich aus.
Angekommen am Acker, bin ich mir kurz unsicher, was so nach verwitterterem Grund riecht. Ist es der Humus, der auf einem Haufen neben den Gemüsebeeten vor sich herdampft und auf seinen Einsatz wartet, oder ist es Risvelium?

Während ich ein paar Setzlinge aus dem Gewächshaus nach draußen verfrachte, steigt mir wieder ein spritziger Hauch entgegen. Trockener Johannisbeer-Aperitif am Komposthaufen. Vielleicht haben sich ein paar schmucke Golfer vom Nachbarberg auf das Grundstück verirrt und stoßen gerade hinter der Hecke an. Durch seine gewisse Synthetik hat Risvelium für mich etwas "Poshes". Dieser Komposthaufen riecht nicht total dreckig, sondern eher wie dessen schnieke Darstellung für ein kultiviertes Publikum, das sich seine Hände nicht wirklich schmutzig macht. Zumindest ist das mein Eindruck, als ich abwechselnd an feuchter Gartenerde und meinem Handgelenk schnüffle.

Nachdem ich alle Jungpflanzen versorgt habe, mache ich mich auf den Rückweg. Auf dem Feldweg kommt mir ein Bauer entgegen. Plötzlich ist mir der Risvelium unangenehm. Ich fühle mich merkwürdig aufgedonnert und hoffe, dass der Duft trotz der mächtigen Sillage nicht zu ihm durchdringt. Der muss doch denken, dass ich bescheuert bin, so viel Geld auszugeben, um nach artifiziellem, vergorenen Zitrus-Humus zu riechen! Verschämt murmle ich zur Begrüßung "Daag"! Und natürlich fällt mir ein, dass der Bauer nicht wissen kann, was für einen Aufriss wir hier um Düfte betreiben.

Als ich wieder zu Haus bin, merke ich, wie sich die feuchte Erde etwas zurückzieht. Auf meiner Haut bleibt den ganzen Tag ein dunkel-würzig-maskulines Etwas, das ich nicht recht einordnen kann. Die Jeansjacke, die ich an diesem Tag trug, beglückt mich noch eine Woche später mit den letzten Resten Risvelium.

Wie finde ich das nun? Tatsächlich ist Risvelium bislang mein Favorit von Orto Parisi. Ich kenne Bergamask und Terroni. Die DNA ist bei den Dreien unverkennbar die selbe. Durch das Zitrische ist Risvelium näher bei Bergamask, biegt dann aber in eine ganz andere, erdige Richtung ab, die ich persönlich schätze.

Nun habe ich ja gehört, dass der gute Alessandro Gualtieri den Duft nach einem Ayahuasca-Trip kreiert hat. Für die Freunde der Psychedelik hier: Ich sehe den Anknüpfungspunkt absolut. Wie der Trank alle Synapsen zum Ausflippen bringt und gleichzeitig eine spritzige, künstlich veränderte Wahrnehmung mit sich bringt, aber auch ganz existenziell in den verwitternden Schoß der Mutter Erde führt. Ich persönlich würde Risvelium aber auf gar keinen Fall zu einem solchen Ritual tragen. Dazu ist er viel zu einnehmend und "spitz". Für Ausflüge zum Acker und alle, die Lust auf einen Johannisbeer-Aperitif am Komposthaufen haben, ist er aber klasse.
2 Antworten
MaKrMaKr vor 11 Tagen
Guter Kompost stinkt nicht, außer es ist Oud drin😄
SalbeizweigSalbeizweig vor 11 Tagen
Wäre mal ein klasse Experiment, Oud in den Haufen zu werfen und zu schauen, wie es sich halbzersetzt macht. 😁