Red Pearl 1999

Florecilla
06.10.2021 - 15:48 Uhr
13
Sehr hilfreiche Rezension
8
Preis
7
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft

Von Findelkindern und Weinreben

Ging es in einer meiner letzten Rezensionen um einen Xerjoff-Duft, also die Creme de la Creme der Luxus-Parfümerie, nehme ich mir heute ein absolutes Gegenstück vor – einen Cheapie unbekannter Herkunft ohne edle Abstammung.

Okay, ich übertreibe etwas, Einiges konnte ich über mein Findelkind in Erfahrung bringen. Das Parfum wird seit 1998/1999 im Auftrag von SPCC Paris Bleu produziert, einem Konzern, deren Geschäftspartner in Nordamerika Red Pearl Inc. hieß bzw. immer noch heißt. Im Juni 2021 hat SPCC Paris Bleu einen kompletten Relaunch vollzogen und nennt sich nun einfach SPCC - Société Parisienne de Parfums & Cosmétiques. Auf der Webseite des Unternehmens wird der Red Pearl als ein bedeutendes emblematisches Parfum gepriesen, das mit seinem überwältigenden Erfolg die Geschichte von SPCC geprägt hätte.

Wie ihr seht, hat das vermeintliche Weisenkind dennoch eine namhafte, wenn auch etwas verworrene Herkunft – ganz im Stil der Schundromane des 19.Jahrhunderts:) Man kann allerdings nicht sehr viel über die Parfums von SPCC herausfinden – man weiß nur, sie würden in Zusammenarbeit mit rennomierten (aber nicht benannten) Parfümeuren entwickelt und in Honfleur, Normandie hergestellt. Und – dass sie enorm günstig sind.

Deswegen stellt sich die Frage – kann ein Parfum für aktuell 24,99 € all das erfüllen, was man von einem anständigen Parfum so erwartet? Zumindest schön duften und haltbar sein? Oder wäre so ein Duft nur Schund? Nun ja, ich würde sagen, der Red Pearl schlägt sich wacker:) Vergesst aber nicht - ich habe noch nicht allzu viele Düfte getestet, genießt meine Bewertung mit Vorsicht. Sicherlich schwingt hier außerdem angesichts des günstigen Preises eine sehr ordentliche Portion synthetischer Duftstoffe mit.

Also, der Red Pearl ist von der Duftrichtung her feminin, fruchtig-würzig-floral und warm. Die Duftpyramide fällt weder zu üppig noch zu minimalistisch aus und mutet nicht allzu trivial an. Die einzelnen Duftnoten sind aber für mich kaum herauszuriechen, ich kann nur über die Veränderungen im Duftverlauf berichten: anfangs nehme ich eine etwas trockenere herb-süße Note wahr, die dann zunehmend an Wärme, Süße, Würzigkeit und gewisser „Saftigkeit“ gewinnt. Diese Herznote finde ich sehr attraktiv – sie wirkt umschmeichelnd, von innen wärmend und ruft eine starke Assoziation mit Traubenpunsch hervor. Und glaubt mir – der Parfumname und das Aussehen des Flakons haben mich nicht beeinflusst, ich bekam diesen Rote-Trauben-Vibe sofort nach dem ersten Test:) Orientalisch ist für mich der Duft nicht unbedingt – ich denke bei ihm eher an Weinberge in Südfrankreich, an warme Sonnenstrahlen, an goldenen Herbst und süßen Traubenmost. Im Drydown behält der Duft diese Traubensaft-Note, die allerdings an Intensität verliert und angenehm und ruhig ausklingt.

Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich: über 8 Stunden mit Projektion und Sillage und danach noch zusätzlich über 4 Stunden körpernah.

Also, ich bin mit meinem Findelkind zufrieden – es ist ein Duft, der einem Freude macht, anziehend wirkt, zu vielen Anlässen tragbar ist und – für mein Dafürhalten – nicht „billig“ riecht. Er hat sogar einen Wiedererkennungswert – zumindest für mich – und somit nicht generisch-beliebig. Ein durchaus würdiger sehr weiblicher Duft, der für schöne heimelige Stunden im Herbst sorgt, aber auch ganzjährig einsetzbar ist. Die Adoption geglückt! :)

PS. Ein kleiner Tipp: falls ihr das Parfum "live" testen möchtet, findet ihr es regulär in den Parfümerieabteilungen des großen Kaufhauses, das vor ein paar Jahren aus zwei altehrwürdigen Ketten entstanden ist.
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