Acqua di Parisis Essenza Intensa - Wild Oud

TerredeJonny
13.11.2019 - 18:02 Uhr
8
Top Rezension
10
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Is a Scent like a Song?

... titelte im Jahr 2006 die New York Times [1]. Die zunächst philosophisch anmutende Frage stellte sich jedoch nicht in einem künstlerischen, sondern in einem juristischen Kontext. Das oberste französische Gericht, der Cour de Cassation, urteilte im Sommer dieses Jahres, die Parfümkreation des Duftes "Dune" von Dior stelle vornehmlich eine handwerkliche und keine künstlerische Leistung dar, da "Der Duft eines Parfums, der sich aus der einfachen Umsetzung von Fachwissen ergibt [... nicht ] "die Schaffung einer Ausdrucksform dar[stellt], die vom Schutz der geistigen Werke profitieren kann" [2]. Die Kreateurin und Klägerin konnte in Folge keine Lizenzgebühren nach ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen für den Verkauf des Duftes verlangen.

Was hat das alles mit dem Duft zu tun?
Die Klägerin in diesem Fall trägt den Namen Nejla Bsiri-Barbir, die auch als Parfumeurin dieses Duftes benannt wird [3]. Nachweisbar ist das vorläufig nicht, die Marke Reyane Tradition hat nicht mal eine Internetseite, und auch zu Frau Bsiri-Barbir findet man wenig.

Jedenfalls ist der Duft sehr ungewöhnlich. Er ist süß, ein bisschen ledrig, vanillig, oudig und holzig, ich meine auch leicht rosig. Ich werde nicht so richtig schlau aus dem Duft. Er ist sehr süß und hält ewig, trotzdem ist er zurückhaltend und ist nie kitschig oder zu schwer, nicht mal am Anfang. Tendenziell würde ich ihn trotzdem eher mitteljungen Herren empfehlen. Ich kann ihn mir in kalten Jahreszeiten (im Herbst und Winter) in allen Situationen an mir vorstellen.

Wenn die Kreation von Parfüm lediglich einfaches "Zusammenmischen" wäre, das strikten Regeln folgt, warum gibt es dann keinen weiteren Duft wie diesen? Natürlich ist ein Duft eine Ansammlung von Molekülen. Das ist ein Gemälde allerdings auch. Und natürlich kann man das Parfümhandwerk lernen. Genau wie das Malen. Dieser Duft ist allerdings so ungewöhnlich, dass er nicht durch das schlichte „Zusammenkippen von Substanzen“, basierend aus Erfahrungswissen entstanden sein kann. Hinter ihm steht ein Schaffensprozess. Der Wille, einen süßen Duft zu kreieren, der jederzeit tragbar ist. Das ist eine schwierige Gradwanderung. Dieser Duft ist etwas ganz Neues. Man könnte sagen: Kunst.

Ob die Kreation dieses ungewöhnlichen Duftes zum Preis von 25€ eine geplante Kritik, eine Kampfansage in Richtung großer Duftkonzerne sein soll, weiß ich nicht. Bei dem Preis, der Qualität und der Besonderheit dieses Duftes kann ich es mir, in Verbindung mit der Geschichte der vermeintlichen Parfumeurin, allerdings gut vorstellen. Auch die Anonymität der Marke hinter dem Parfüm ist ungewöhnlich, ein Gegensatz zur allumfassenden Vermarktung von Designerdüften, ja sogar den meisten Nischendüften.

Letztlich ist es egal, ob es sich bei dem Parfumeur tatsächlich um Nejla Bsiri-Barbir handelt und diese, abgewandt von Großkozernen und deren Geschäftsgebaren, hinter der Marke Reyane Tradition steht. Eine Kampfansage in deren Richtung ist das Parfüm ohnehin.

[1] Is a Scent like a Song? Oui and Non, Elaine Sciolino, New York Times, 13. Juli 2006
[2] Cass. civ. 1. ch., 13. June 2006, Propr. Intell. S. 442-443; abgdedruckt in Claire Guillemin, Law & Odeur: Fragrance Protection in the Fields of Perfumery and Cosmetics, S. 167.
[3] z.B. bei Pillashop, leicht auffindbar bei der Internetsuche nach Reyane-Düften, linke Zeile der Website
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