25.05.2025 - 11:47 Uhr

Skydiver19
49 Rezensionen

Skydiver19
Top Rezension
16
Gesang der Freiheit
Zu einer Zeit, vor gut 100 Jahren, als Frauen noch Korsetts trugen und ihre Lebendigkeit qualvoll eingeschnürrt war in Formen, die sie zu haben hatten, entstand eine zunächst zaghafte, aber immer sichtbar werdende Gegenbewegung. Die sich anbahnende Mode-Revolution der 1910er Jahre erlaubte Frauen, ihre eigene weiche Form anzunehmen, wie sie ihnen von der Natur zugedacht war. Eine bedeutende Vorreiterin war Coco Chanel, die Anfang der 1910er Jahre ihr "Modehaus Chanel" in Paris eröffnete.
In diese Zeit fielen auch die ersten mutigen Versuche, insbesondere von Künstlerinnen, nicht nur sichtbarer zu werden in der Gesellschaft, sondern diese auch mit zu gestalten. Künstlerkolonien gründeten sich mit weiblicher Beteiligung. Die Bauhaus-Bewegung ist ein Beispiel. Auch wenn die Künstlerinnen im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit gerieten, die Avantgarde war auch weiblich.
Mit dem Fall des Kaiserreichs nach dem ersten Weltkrieg nahm diese Entwicklung weiter Fahrt auf. Alte Vorstellungen von Geschlechterrollen und ihre Begrenzungen für Frauen wurden in Frage gestellt und in Teilen überschritten. Geist und Kreativität streiften ihre Fesseln ab, wurden aus Konventionen herausgelöst.
Aber auch im Wissenschaftsbetrieb betraten nun einzelne Frauen die Bühne, wo sie alles andere als willkommen waren. Dass nun weibliche Wesen eine Universität betraten, galt als Sakrileg - wurde doch ihr 'normales' Menschsein derzeit noch in Frage gestellt, weil sie so anders waren als der männliche Goldstandard. Als des Denkens fähig galt nur der Mann, so der Glaube des Zeitgeistes, die Frau stünde in ihrer Natur dem Kinde näher als dem Manne. Dass Marie Curie als allererster Mensch mit zwei Nobelpreisen - 1903 für Physik und 1911 für Chemie - ein hochkarätiger, lebender Gegenbeweis war, konnte diesem Glauben nichts anhaben. Derlei Abweichungen konnten nur eine üble Laune der Natur gewesen sein - Ausnahmen, welche die Regeln nicht umstießen, sondern bestätigten.
Vorurteile haben lange Halbwertszeiten. Seit Jahrtausenden haben sich die Menschen in ihnen komfortabel eingerichtet. Wobei: komfortabel war es nur für die eine Hälfte der Menschheit. Die andere Hälfte hatte harte, demütigende Kämpfe zu führen, um den in Stein gemeißelten und in sog. heiligen Schriften festgeschriebenen Glauben an die natürliche Überlegenheit von Testosteron-Menschen langsam aufzuweichen.
Die Kreation von C fiel in die Zeit des zweiten Nobelpreises von Marie Curie, weshalb sich mir die oben beschriebenen Parallelen aufdrängten.
*****
Nun zum Duft. Zunächst einmal ist zu bemerken, dass sich der Duftverlauf gemächlich entwickelt. Alles lässt sich Zeit, ohne an Lebendigkeit einzubüssen. Aus unserer heutigen hektischen Perspektive wünschte man sich manchmal etwas davon zurück. Weniger Quantität zugunsten von mehr Qualität.
Was sagt C vom allgemeinen Frauenbild bzw. -wunschbild aus? Wie, glaubte man seinerzeit, sollte sich eine moderne Frau selbst sehen (können)? Düfte transportieren immer ein Image, eine Idealvorstellung, eine Zukunftsidee, mit der man sich schmücken kann bzw. möchte.
Offenbar sollte das Bild einer lebensbejahenden Frau transportiert werden, denn mit dem ersten Sprüher betritt ein frisch zitrischer Wirbelwind die Szene. Grün beschwingt, gut gelaunt und optimistisch. "Die Welt ist in Ordnung, alles ist gut!" - vermittelt der erste Eindruck, dem ich mich ausgesprochen gerne hingebe.
Von Ferne kündigit sich eine dunklere, würzige Note an, nicht um zu bleiben, aber um bald wiederzukehren. Mit der Anmutung von Autorität spielt sie ihr Intermezzo, mit weicher weiblicher Autorität zwar, aber dennoch bemerkenswert. Es sind nicht nur tiefe weibliche Mysterien, die sich hier erahnen lassen, sondern auch geradliniger Realitätssinn. Diese Melange wirkt ausgesprochen anziehend und sympathisch. Verliebe mich instantan in dieses Paradoxon, das an sich keines ist. Es sind die etablierten Vorstellungen von Weiblichkeit seinerzeit (und zum Teil auch noch heute), die hier ein Paradoxon hineinlesen würden.
Ich sehe eine selbstbewusste Frau, die sich abenteuerlustig hinter das Steuer eines Automobils platziert. Unfassbar modern, dieses Bild seinerzeit, unfassbar gewagt: dass eine Frau ihre zugewiesene Rolle verlässt, sich auf Neues einlässt und autark einen eigenen Weg er'fährt'.
Und so macht es Sinn, dass in der Herznote die floralen Noten nur dezent in Erscheinung treten, wie ein cremiger Hauch von Gartennelke, der die Zitrik weich und lieblich abrundet. In einigem Abstand verströmen zarte Orangenblüten ihr Aroma, welches die frisch-gelbe Duftfarbe ins warm Sonnige gleiten lässt. Auch diese Entwicklungsphase lässt sich genüsslich Zeit.
Allmählich dunkelt die Duftfarbe weiter nach, immer noch frisch, aber auch zunehmend sinnlicher, verführerischer. Die dunkle Gewürznote kehrt zurück und füllt die Herzlücke in der ersten Reihe, die von den dezenten Blüten frei gehalten wurde. Nun übernehmen herzig weiche Harze die Regie, die seelischen Innenräume liebevoll umschmeichelnd. Sie erden den Geist, der sich entschleunigt zentriert und aus seiner Mitte heraus einen weichen Weitblick entwickelt.
In den Adern der Trägerin scheint eine ambrierte Lebenskraft zu strömen, ruhig und sehnend zugleich. Eine Sehnsucht, die nicht nach Erfüllung strebt, mit der sie doch nur sterben würde. Sondern eine Sehnsucht, die nach einem Fortleben in allen Fasern ihres Körpers strebt. Allein um des Sehnens Willen.
Denn es gibt noch so viel zu ersehnen:
- Freiheit vom Korsett aus Konventionen, das die Luft des seelisch-geistigen Atmens abschnürt
- vitales Frau-Sein
- erregendes Frei-Sein
- Respekt und Verantwortung für alles Lebende
- Gleichwertigkeit von Diversität
und, und, und...
In diese Zeit fielen auch die ersten mutigen Versuche, insbesondere von Künstlerinnen, nicht nur sichtbarer zu werden in der Gesellschaft, sondern diese auch mit zu gestalten. Künstlerkolonien gründeten sich mit weiblicher Beteiligung. Die Bauhaus-Bewegung ist ein Beispiel. Auch wenn die Künstlerinnen im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit gerieten, die Avantgarde war auch weiblich.
Mit dem Fall des Kaiserreichs nach dem ersten Weltkrieg nahm diese Entwicklung weiter Fahrt auf. Alte Vorstellungen von Geschlechterrollen und ihre Begrenzungen für Frauen wurden in Frage gestellt und in Teilen überschritten. Geist und Kreativität streiften ihre Fesseln ab, wurden aus Konventionen herausgelöst.
Aber auch im Wissenschaftsbetrieb betraten nun einzelne Frauen die Bühne, wo sie alles andere als willkommen waren. Dass nun weibliche Wesen eine Universität betraten, galt als Sakrileg - wurde doch ihr 'normales' Menschsein derzeit noch in Frage gestellt, weil sie so anders waren als der männliche Goldstandard. Als des Denkens fähig galt nur der Mann, so der Glaube des Zeitgeistes, die Frau stünde in ihrer Natur dem Kinde näher als dem Manne. Dass Marie Curie als allererster Mensch mit zwei Nobelpreisen - 1903 für Physik und 1911 für Chemie - ein hochkarätiger, lebender Gegenbeweis war, konnte diesem Glauben nichts anhaben. Derlei Abweichungen konnten nur eine üble Laune der Natur gewesen sein - Ausnahmen, welche die Regeln nicht umstießen, sondern bestätigten.
Vorurteile haben lange Halbwertszeiten. Seit Jahrtausenden haben sich die Menschen in ihnen komfortabel eingerichtet. Wobei: komfortabel war es nur für die eine Hälfte der Menschheit. Die andere Hälfte hatte harte, demütigende Kämpfe zu führen, um den in Stein gemeißelten und in sog. heiligen Schriften festgeschriebenen Glauben an die natürliche Überlegenheit von Testosteron-Menschen langsam aufzuweichen.
Die Kreation von C fiel in die Zeit des zweiten Nobelpreises von Marie Curie, weshalb sich mir die oben beschriebenen Parallelen aufdrängten.
*****
Nun zum Duft. Zunächst einmal ist zu bemerken, dass sich der Duftverlauf gemächlich entwickelt. Alles lässt sich Zeit, ohne an Lebendigkeit einzubüssen. Aus unserer heutigen hektischen Perspektive wünschte man sich manchmal etwas davon zurück. Weniger Quantität zugunsten von mehr Qualität.
Was sagt C vom allgemeinen Frauenbild bzw. -wunschbild aus? Wie, glaubte man seinerzeit, sollte sich eine moderne Frau selbst sehen (können)? Düfte transportieren immer ein Image, eine Idealvorstellung, eine Zukunftsidee, mit der man sich schmücken kann bzw. möchte.
Offenbar sollte das Bild einer lebensbejahenden Frau transportiert werden, denn mit dem ersten Sprüher betritt ein frisch zitrischer Wirbelwind die Szene. Grün beschwingt, gut gelaunt und optimistisch. "Die Welt ist in Ordnung, alles ist gut!" - vermittelt der erste Eindruck, dem ich mich ausgesprochen gerne hingebe.
Von Ferne kündigit sich eine dunklere, würzige Note an, nicht um zu bleiben, aber um bald wiederzukehren. Mit der Anmutung von Autorität spielt sie ihr Intermezzo, mit weicher weiblicher Autorität zwar, aber dennoch bemerkenswert. Es sind nicht nur tiefe weibliche Mysterien, die sich hier erahnen lassen, sondern auch geradliniger Realitätssinn. Diese Melange wirkt ausgesprochen anziehend und sympathisch. Verliebe mich instantan in dieses Paradoxon, das an sich keines ist. Es sind die etablierten Vorstellungen von Weiblichkeit seinerzeit (und zum Teil auch noch heute), die hier ein Paradoxon hineinlesen würden.
Ich sehe eine selbstbewusste Frau, die sich abenteuerlustig hinter das Steuer eines Automobils platziert. Unfassbar modern, dieses Bild seinerzeit, unfassbar gewagt: dass eine Frau ihre zugewiesene Rolle verlässt, sich auf Neues einlässt und autark einen eigenen Weg er'fährt'.
Und so macht es Sinn, dass in der Herznote die floralen Noten nur dezent in Erscheinung treten, wie ein cremiger Hauch von Gartennelke, der die Zitrik weich und lieblich abrundet. In einigem Abstand verströmen zarte Orangenblüten ihr Aroma, welches die frisch-gelbe Duftfarbe ins warm Sonnige gleiten lässt. Auch diese Entwicklungsphase lässt sich genüsslich Zeit.
Allmählich dunkelt die Duftfarbe weiter nach, immer noch frisch, aber auch zunehmend sinnlicher, verführerischer. Die dunkle Gewürznote kehrt zurück und füllt die Herzlücke in der ersten Reihe, die von den dezenten Blüten frei gehalten wurde. Nun übernehmen herzig weiche Harze die Regie, die seelischen Innenräume liebevoll umschmeichelnd. Sie erden den Geist, der sich entschleunigt zentriert und aus seiner Mitte heraus einen weichen Weitblick entwickelt.
In den Adern der Trägerin scheint eine ambrierte Lebenskraft zu strömen, ruhig und sehnend zugleich. Eine Sehnsucht, die nicht nach Erfüllung strebt, mit der sie doch nur sterben würde. Sondern eine Sehnsucht, die nach einem Fortleben in allen Fasern ihres Körpers strebt. Allein um des Sehnens Willen.
Denn es gibt noch so viel zu ersehnen:
- Freiheit vom Korsett aus Konventionen, das die Luft des seelisch-geistigen Atmens abschnürt
- vitales Frau-Sein
- erregendes Frei-Sein
- Respekt und Verantwortung für alles Lebende
- Gleichwertigkeit von Diversität
und, und, und...
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