BakLover
25.12.2021 - 09:58 Uhr
17
Top Rezension
7
Preis
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Ein Blindkauf, der mir die Augen öffnete...

- Vorwort: "L'Essentiel"
Kennt ihr das?
Ihr möchtet jemandem etwas wichtiges Erzählen, aber wisst nicht so recht, wann der geeignete Zeitpunkt dafür ist.
Dann vergeht erst eine Weile, dann etwas mehr Zeit, dann noch ein wenig und plötzlich befindet man sich in einer Situation, die wirklich komisch ist, weil der Zeitpunkt in der die Info relevant gewesen wäre & der Zeitpunkt an dem die Frage "ja, und warum erzählst du mir das erst jetzt!?" seine Berechtigung findet, koexistieren.
"Ja, jut ehm.. jetzt weißt du's halt."

Nun ist es also endlich soweit und ich wage mich an meine erste Parfum-Rezension, vor der ich mich eine lange Zeit gedrückt habe. Genau 1 Jahr (Edit: und noch länger) aktive Zeit auf Parfumo, um genau zu sein.
Der Grund für mein Zögern war, dass ich mir Zeit nehmen wollte um einen Beitrag zu leisten, der auch wirklich sowohl dem Duft, als auch der Community und meinen Ansprüchen gerecht wird.

Warum also verfasse ich meine (von mir selbst) so lange antizipierte erste Rezension ausgerechnet bei dem Duft, den ich vermutlich am seltensten trage?
"Manteuse" sah ich im Frühjahr letzten Jahres das erste Mal in der Instagram-Story des Uhrenverkäufer-Influencers meines Vertrauens. :-)
Damals war mir die Marke SHL noch gar nicht bekannt. Ich war einfach fasziniert von der Aufmachung und von diesem Angebot, dass ich während meiner Recherche auf Parfumo gestoßen bin.
Mein erster Kontakt mit dieser Platform.
EIN WIKIPEDIA FÜR PARFUM!?
Ich las mich durch die Inhaltsstoffe, durch die Statements und die Kommentare und war fasziniert.
An dieser Stelle sei der User @Can777 gegrüßt, dessen Kommentar zu genau diesem Duft mich endgültig davon überzeugt hatte den Duft zu kaufen, denn:
Ich war und bin bis heute überrascht darüber, wie viele Düfte es gibt, wie verschieden sie wahrgenommen werden und wie unterschiedlich die Assoziationen sein können.
Ich habe verstanden, dass die Gerüche, die ich manchmal förmlich "gesehen" habe und welche "Musik" oder "Töne" in meinem Kopf ausgelöst haben, nicht nur Einbildung gewesen sind.

Mir hat sich eine neue Welt eröffnet.
Dafür bedanke ich mich bei allen, die diese unfassbare Platform mitgestalten.

- der Duft: "Le Ciel et Les Sens"
Manteuse ist ein recht transparenter Duft, doch die Handschrift von SHL ist unverkennbar, denn der gesamte Duftverlauf deutet auf seinen Pinsel, was ich im Laufe der Zeit gelernt habe je mehr SHL Düfte ich testen konnte. So verschieden sie sein mögen, ich bin jedes Mal begeistert von dieser "französischen" Machart und dem Handwerk.
Noten die reibungslos ineinander übergehen und eine Geschichte erzählen.
Das hier ist Kunst, wahrlich.

Der Auftakt des Parfums erinnert mich an eine unscheinbare, unaufdringliche Blumenwiese zwischen Honigwaben und weiten Feldern.
Er startet mit einem luftig-blumigen Schimmer, welcher mit einem schönen Honigakkord untermalt ist. Nie ist er zu süß, nie zu blumig.
Ein heller, sauberer, blumiger Start, der von Honig an die Hand genommen wird.

Dieser unscheinbare, unaufdringliche Start zieht mich in den Bann.
Über die Gefahr, die zwischen diesen Gräsern & Blüten lauert, wie eine Gottesanbeterin, die sich dort versteckt hält, ahnt man zu Beginn noch gar nichts.
Leder-Akkorde zwischen Iris Noten.
Eine Kamerafahrt zwischen den Gräsern und dann:
ganz plötzlich(!) eine erste Nahaufnahme von der Gottesanbeterin.
Langsame, gezielte Bewegungen, die eine bis dahin ungeahnte Gefahr ausstrahlen.
Leder und Animalik inmitten einer, von Sonnenstrahlen durchzogenen Blumenwiese,
wie schön kann man ein Thema nur umsetzen?

Insgesamt würde ich den Duft als recht feminin bezeichnen, eben wie eine Gottesanbeterin,
- insbesondere wegen der honigsüßen weißen Blüten -
die ihr Männchen in den Bann zieht, um es schließlich zu Verschlingen
- insbesondere wegen der dezenten Animalik, die sich im Verlauf offenbart.
Die Animalischen Noten, die sich besonders im Drydown offenbaren sind jedoch sehr subtil und zusätzlich durch den Moschus verborgen, welche mit der Iris eine Pudrigkeit hervorbringen.
Es ist eben nur ein Insekt und keine Kuh, lasst euch also nicht vom Begriff "Animalik" abschrecken, ich bin sonst nämlich auch kein besonders großer Fan von Kuhstall und dergleichen.

Aber es ist eben diese Komplexität, wegen der ich den Duft auch das ein oder andere Mal (vor allem im Sommer, wenn es nicht zu heiß war) selbst getragen habe.
Was die Performance betrifft hat man eigentlich einen ganzen Arbeitstag 6-8h eine angenehme, nicht zu aufdringliche Sillage.
Man riecht den Duft an sich immer wieder und auch andere nehmen einen war, was mich überrascht hatte.

- Anekdote und Sillage: "Les essences"
Ich trug den Duft, als ich eine Biologie-Klausur geschrieben habe. Ich wollte die Klausur selbstbewusst mit einer entspannten Haltung hinter mich bringen.
Nach der Klausur (,die Gott sei Dank, ganz gut lief :D) tummeln sich für gewöhnlich die meisten Kommiliton:innen vor dem Vorlesungssaal um sich im Kollektiv über die gestellten Fragen zu echauffieren.
Anders als die meisten, die ich gehört habe, war ich gelassen; aber mein Highlight des Tages war nicht die Information über mein Bestehen am selben Abend, sondern die Tatsache, dass eine liebe Kommilitonin, welche mehr als 1,5m Corona-Abstand von unserer Gruppe entfernt stand, zu uns rüber kam und schwärmte: "Leute, irgendeiner von euch trägt ein wunderschönes Parfum... Wer ist das??"
Alle Blicke drehen sich zu mir und ich nicke verlegen. Das bin dann meistens ich, aber so oder so ähnlich ergeht es offenbar den meisten von uns Parfumos :D
Ein guter Freund, dem ich erst kurze Zeit vor diesem Augenblick "Manteuse" und Parfumo gezeigt und ihn in diese Welt mit eingeladen hatte, grinste mich nur von der Seite an.
He knew...
Wahrscheinlich war das der Moment, der ihn endgültig davon überzeugt hatte.
Gilt das eigentlich schon als "Missionierung" ? :D
Jedenfalls ist dieser Freund ebenfalls seither Mitglied dieser Plattform und stolzer Besitzer einiger schöner Düfte :)

- Der Himmel auf Erden: "Le Ciel"
Glück hat viele Facetten.
Manchmal liegt es in dem Gefühl in deiner Hand, wenn man über Gräser streicht.
Manchmal ist es die Wärme von Sonnenstrahlen auf der Haut.
Manchmal ist es der Geschmack von Sommerblütenhonig.
Manchmal ist es auch die Entspannung darüber, dass man für gewöhnlich keine Gottesanbeterinnen in freier Wildbahn in Deutschland sieht. (die sind schon etwas creepy, not gonna lie)

Manchmal ist es ein Parfum, dass all diese - oder noch mehr - Gefühle festhält und in einem Auslöst.
.. und für einen Moment - oder noch länger - ist man glücklich oder gar im Himmel.

Ich wollte mich jedoch abschließend erneut selbst davon überzeugen, bevor ich diese Rezension nun endlich veröffentliche, ob ich den Duft so in den Himmel lobe, weil ich emotional daran hänge,
oder weil dieser eben besonders schön ist...
ich kann nun ganz gewiss sagen:
Es ist beides.
und das ist auch gut so, so wird es nämlich immer sein...

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und nochmal Danke, dass ihr diese Community so schön macht :)
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