Land of Warriors 2014

Metalfan
10.08.2019 - 03:40 Uhr
11
Top Rezension
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Bonjour Monsieur Duchaufour!

Neulich, an einem späten Abend, Madame Metalfan war außer Haus, saß ich bequem im Sessel mit einer kühlen Flasche Bier und schaute auf unserem stattlich-großen TV ein Live-Konzert einer Doom-Metalband an. Auf meiner Haut klebte ordentlich „Land of Warriors“ und so geschah es, dass ich plötzlich „livehaftig" mitten im Geschehen war. Wie praktisch - Eintrittsgeld gespart, dachte ich! Wissend, dass ich diese Illusion ohne ihrem Duft niemals in diesem Ausmaß erfahren hätte, beschloss ich, Ihnen einen Brief zu schreiben.

Leider kenne ich gerade mal 8 Düfte aus ihrer Hand, genug um ihrer Kreativität zu bestaunen. Gibt es eigentlich DEN Durchaufour-typischen Duft? Eines war mir aber doch aufgefallen und zog sich wie ein roter Faden durch ihr Sortiment. Ihre Düfte sind schön und rund (keine Ecken, keine Kanten) und durchaus Massentauglich. Sie sind zwar Nischen-Experte und haben dem Mainstream längst den Rücken gekehrt, dennoch hatte ich stets den Eindruck, dass Sie einen möglichst großen Kundenkreis ansprechen möchten. Doch „Land of Warriors“ macht klar, dass Sie sich auch hier nicht festnageln lassen. Ich muss schon sagen, mit diesem Duft haben Sie sich meilenweit vom Mainstream weg gewagt. Er ist so seltsam, so anders! In einer türkisen Parfümerie z.B. wäre wohl selbst im untersten Regal-Boden kein Platz dafür.

Bevor ich nun meine individuelle Wahrnehmung des Land of Warriors kundtue, möchte ich die Gelegenheit nutzen und kurz drei andere ihrer Werke ansprechen. Schließlich möchte ich auch klar machen, wie verschiedenartig ich ihre Düfte wahrnehme und wie deutlich sich Land of Warriors dennoch abkapselt.
BEISPIEL 1: Timbuktu! Dieser Duft ist trotz seiner maskulinen Betonung recht fragil zusammengesetzt. Mögen sie schweizer Uhren Monsieur? Feinste Präzisionsarbeit und Liebe zum Detei haben Sie hier demonstriert, gerade so wie bei einem Schweizer Uhrwerk. Ein Duft-Zahnrädchen greift ins andere und eine nervöse Unruhe vervollständigt das Bild. Ziemlich abstrakt für einen Duft, der eine malische Oasenstadt widerspiegeln soll (und dies auch tut). Wie hätte Pablo Picasso Timbuktu wohl gemalt?
Bei allem handwerklichen Respekt, tragen würde ich Timbuktu nicht. Einen Picasso würde ich mir allerdings auch nicht übers Sofa hängen ;-).
BEISPIEL 2: Sartorial! Mister Sartorial, welcher mit Schirm, Cham und Melone im „Very British“-Stil begeistert, hat mir einst, in Folge seines dekadenten „Gewürz-Rausch-Auftakts“ eine recht spontane Kaufentscheidung beschert. Schade nur, dass der Rausch bereits ca. 20 min nach dem „sniefen“ vorbei war. Dann schiebt Mister Sartorial die Gewürz-Drogen beiseite und geht in eine völlig andere Richtung. Sehr nobel aber auch etwas Spießbürgerlich, dabei immer „Very British“, wird er durch Bienenwachs, Lavendel & Co zum „Duchaufour-Verkaufsschlager Nr.1“.
BEISPIEL 3: Leather up! Ein luxuriöser Wildlederkern, so zart und geschmeidig, dass man schon an seiner Echtheit zweifeln möchte, wird umhüllt von gähnender Langeweile. Mir erscheint eine Klischee-Beamtin mit einer Hermes-Handtasche um die Schulter. Wo hat sie die her? - Irritiert!
Abgesehen von der (zu)schönen Handtasche und einer irren Haltbarkeit (sehr Hautnah zwar, doch trotz Duschen locker 16 Stunden) bleibt mir das „Besondere“ hier verborgen. Klar, der Preis ist auch was besonderes, denn unter 280 Euro pro 50ml ist der Duft kaum zu bekommen.
Pardon Monsieur, ich kann mir denken welche Ehre es für einen Parfümeur sein dürfte, für die charmante Künstlerin Phuong Dang arbeiten zu dürfen. Toutes mes felicitations! Aber …......
Na vielleicht erkennt der echte Kenner hier ja einen künstlerischen Aspekt. Themawechsel!

Monsieur, mögen sie eigentlich Metal? Land of Warrior riecht nicht nur verdammt gut, man kann ihn auch hören. Woher haben Sie eigentlich ihre Inspirationen zu diesem Duft? Durften Sie im Hause „The vagabond prince“ Metal hören?
Mit klassischen Heavymetal hat Land of Warriors natürlich nichts zu tun. Ich denke hier vielmehr an Doom-Metal, welcher im Slow Motion-Modus eine zu tiefst dramatische, melancholische, verzweifelte bzw. endzeitliche Atmosphäre vermittelt. Wer sich zu diesem ehr seltenen Subgenre hingezogen fühlt, der sollte Land of Warrior unbedingt testen. Zwar ist der Duft nicht ganz so laut und im Vergleich zu einer Toni Iomi-Gitarre etwas heller abgestimmt, doch vom Stiel ist er verdammt ähnlich.
Nun geben sie es schon zu Monsieur, Sie sind ein Metalhead!

Der Flakon ist so schön und spannend gestaltet, dass man gleich auf den den Sprühknopf drücken möchte. Esoterisch-verspielt weckt er Fernweh nach einer fremden Welt. Die Pferde der Krieger vor einem blutroten Hintergrund....
Dennoch hätte ich ihn anders gestaltet. Vielleicht in schwarz mit einem finsteren Nebel-Mond und reitenden Kriegern in einer schaurig-schönen Doom-Metal-Landschaft?!

Bevor ich eine Abfüllung dieses Duftes bestellte, hab ich die bekanntgegebenen Inhaltsstoffe gelesen.
Iris-Concrete stand da – Fettgedruckt! Mein Problem - ich mag Iris nicht! Dem Parfumo-Kommentar eines Monsieur Torfdoen sei Dank, wurde meine Neugier auf Land of Warriors dennoch geweckt. Gelohnt hat sich das schon alleine deshalb, weil ich nun auch weis, das Iris auch ganz anders rüber kommen kann. … eu de la chance!
Iris-Concrete zählt zu den teuersten Duftstoffen überhaupt. Schwindelerregende 70000 bis 90000 Euro etwa kostet ein Kilo von dem Brei und ist somit etwa doppelt so teuer wie 1kg Goldbarren bzw. mein Auto als es noch funkelnagelneu war. Für mich bedarf es dennoch erst einem „Land of Warriors“ um Iris-Concrete wertschätzen zu können. Merci beaucoup, Monsieur Duchaufour!

Land of Warriors hat die nötige räumliche Tiefe, um eine weite Landschaft erscheinen zu lassen.
Ein bunter Mix aus herben Pflanzen, Früchten und Räucherwerk lassen diese Landschaft fremd und okkult erscheinen. Eigentlich ist Land of Warriors ein wunderschöner, mystischer Duft mit einer stoischen Gelassenheit, vorausgesetzt man lässt sich von den Kriegern nicht einschüchtern.
Das Bild der Krieger und deren Pferde entsteht durch eine mächtige Iris, welche sich mit einem sehr rauen, spröden und besonders natürlichem Vintage-Leder verschmilzt. Tabak, Patschuli und Moschus vervollständigen das Bild. Die Krieger ziehen ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich und der Schauplatz schrumpft zu einer kleinen Kulisse. Zwar sind die Krieger von Anfang an präsent, doch im Verlauf wird es immer schwieriger, die Weiten und die Schönheit der Natur zu erkennen.
Der Name ist hier Programm! Hier wird zwar kein Kriegsschauplatz dargestellt, dafür aber langsam reitende Krieger. Da diese weder müde noch verwundet erscheinen wird der Kampf noch bevorstehen. Etwas chemisch-toxisches, „mineralöliges“ liegt in der Luft und mischt sich mit der feilchenhaften Iris zu einem skurrilen und bedrohlichen Gebräu. Dieses Gebräu gibt dem Duft seinen „Biss“ und ist das unverzichtbare I-Tüpfelchen, welches den Namen Land of Warriors ausmacht!
Dabei steht dieses Gebräu im Gegensatz zu dem antiken Bild der reitender Krieger und stiftet somit reichlich Ambivalenz. In Gift getränkte Pfeile oder ein spezielles Waffenöl? Keine Ahnung! Auf jeden Fall sorgt diese Ambivalenz für Spannung und schafft Raum für reichlich Phantasie.

Sie haben mal geäußert, dass ein Gleichgewicht erreicht wird, wenn sich Gegensätze anziehen wie Yin & Yang. Na das ist ihnen mit diesem Duft ja gelungen! Solch einen Spagat Monsieur macht ihnen so schnell keiner nach!

La paix soit sur eux, Monsieur Duchaufour!

Metalfan!
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