Eau de Tommi Sooni I

Palonera
08.07.2022 - 12:44 Uhr
41
Top Rezension
7
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft

An der Zeit. Aus der Zeit.

Fast zwei Jahre hat er nun gedauert, mein Test von "Eau de Tommi Sooni I".
Im August 2020 hatte ich es zum ersten Mal geöffnet, jenes unscheinbare Röhrchen, auf dem der Name stand – freilich ohne den Zusatz I, II oder III, so daß es halbblind zu erkennen galt, welcher der drei Düfte denn da überhaupt enthalten war.
Duftnoten listen nur I und II, die III hüllt sich in Schweigen – doch so klar, so deutlich und direkt ist der Dufteindruck, der Tag um Tag, Test um Test auf meiner bepfützten Haut entstand, daß es nur der Erste sein kann, der erste Tommi, der nun endlich auf seinem Recht besteht: "Nun schreib schon, Mädel – du hast mich ausgekostet bis zum letzten Tropfen, mehr gibt es nicht! Nicht im Röhrchen, kaum im Handel – es ist an der Zeit!"

Recht hat er, der Tommi, der Unbekannte, über den im Netz ich kaum etwas finden kann.
Nicht konnte, als der Test begann, nicht jetzt, wo es ans Texten geht.
Ich weiß nicht einmal, ob Tommi Sooni ein Mann ist, eine Frau, eine Firma.
Die Gestalt hinter den Düften bleibt im Nebel – gesichert scheint allein, daß sie aus Australien stammt, aus Melbourne, um genau zu sein.
Und daß die Düfte, die ihren Namen tragen, nicht preiswert sind - die wenigen Angebote, die ich im Zuge der Recherche fand, erfordern einen beherzten Griff in die Börse.
Sehr viel mehr bekam ich nicht heraus – doch das Wichtigste an einer Duftbesprechung ist der Duft und jener hatte mir recht viel zu sagen.

Als Herrenduft ist er deklariert, der Tommi – doch geliebt wird er von Frauen.
Ausnahmslos, wie es scheint.
Nur Frauen jedenfalls scheinen ihn auch zu besitzen, wie der Blick nach rechts verrät.
Das verwundert nur bedingt - auch der Mann an meiner Seite rümpfte stets die Nase, wenn ich Tommi trug: "Wie altmodisch! So dufteten die Leute zur vorletzten Jahrhundertwende – sag bloß nicht, das sei jetzt wieder hip!"

So uncharmant das klang, ein Körnchen Wahrheit trug es schon: "Eau de Tommi Sooni I" hat wenig gemein mit Düften, die der Zeitgeist trägt, sei er Mann nun oder Weib.
Er trägt Chypresocken, Bergamottehemden, gebügelt und gestärkt.
Viel Grün, viel Grau, viel Herb, beinah ein wenig streng.
Keine Süße, keine Früchte – nichts, was heute allenthalten in die Nasen kriecht.
Ein Parfum alter Schule, sehr klassisch komponiert.
Braungesprenkelt, blütensamtig, sonnenwarm.
Cord, Tweed und Lederschuh.
Englischer Landadel, zurückhaltend, souverän, im Wald zuhause wie auf dem Parkett.
Alte Bücher, Ledersessel, ein Kistchen mit Zigarren auf dem Tisch.
Die Gestalt im Rosengarten mit der Schere in der Hand.

Eine Welt fernab von dieser Welt, ein wenig auch gefallen aus der Zeit.
Nicht hip, ganz sicher nicht – doch fraglos sehr charmant.
Und fast bedaure ich, daß es der letzte Tropfen war.
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