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Sei nett, aber keinesfalls zu sehr!
Hallo, mein Lieblingsenkel. Du siehst ja heute richtig gut aus. Aus dir ist ja ein richtig toller, hübscher, junger Mann geworden. Ich freue mich, dass du mich endlich mal wieder besuchen kommst. Aber hättest du nicht Bescheid geben können? Jetzt ist der Kühlschrank leer und irgendetwas muss ich dir doch anbieten. Setz dich doch erstmal in die Wohnstube, während ich mal schaue, was der Kühlschrank und mein kleines Kämmerchen noch hergeben.
Das Engelchen auf meiner linken Schulter, die übrigens links von meinem Halsansatz liegt, auf welchen ich mir wenige Stunden zuvor "Tom Ford Noir Extreme" auftrug, nickte mir freundlich und mit einem sehr warmen Lächeln zu. Es meinte, diese Bravheit stehe mir ausgezeichnet und entzücke mein Umfeld außerordentlich.
Nun kam Omi aus der Küche. Natürlich fand sie noch etwas Essbares. Was freute ich mich über die Vanilleplätzchen, die so warm, so vanillig lecker rochen und am Ende auch vorzüglich schmeckten. Irgendwie passte heute alles und selbst das warm lächelnde Engelchen auf meiner Schulter war außer sich vor Freude, kam das Vanilleplätzchen doch dem so nahe, was nur wenige Zentimeter neben ihm am Halsansatz des braven Enkels zu vernehmen war und was den so lieb zusprechenden Engel erst heraufbeschwor. Und da saß der Enkel nun, Hemd, dunkle Jeans und braune Schnürschuhe tragend, alles fein herausgeputzt und gebügelt, die Haare ordentlich zur Seite gescheitelt und stets vom Engel ermahnt werdend, der lieben alten Frau gegenüber schön zuzuhören, ihr gut zuzusprechen. "Sei brav, sei zuvorkommend, sei artig.", waren die Worte des mittlerweile nervig moralisierenden Schwätzers da auf meiner Schulter. Morgen muss ich wieder in die Uni. Ganz sicher werde ich ihn da nicht mitnehmen.
Na dann. Wecker klingelt, der vermeintlich brave Enkel steht auf, frühstückt, macht sich fertig und sprintet wieder einmal zur Straßenbahn, obwohl diese doch eh alle drei Minuten fährt. Auf meiner rechten Schulter hat sich diesmal wieder so ein Engelchen breit gemacht. Der sieht ja genauso brav aus wie der andere. Na das kann ja was werden. Warum hat der eigentlich ständig seinen Spiegel in der Hand und pudert sich das Gesicht? Ganz ehrlich, ich will den anderen wieder zurück. Dieser hier ist so abweisend und auf seine eigene Art und Weise irgendwie penetrant.
Eingestiegen in die Straßenbahn bekam ich wieder gute Laune. Der Verkehr war, trotz Berufsverkehr, fließend und die Straßenbahn kam gut durch. Umgestiegen in der Greifswalder Straße fragte das Engelchen mich, ob es sich anders verhalten solle, ob ich irgendetwas an ihm auszusetzen habe. Ich antwortete, dass dies nicht nötig sei und dass ich mich bereits halbwegs an seine Eigenheiten gewöhnt habe. Die Penetranz war ein bisschen verschwunden und nun schien auch er mal ein bisschen aufzutauen, wärmer und freundlicher zu werden.
Die Fahrt dauerte über eine Stunde und an der Uni angekommen, musste ich feststellen, dass das Seminar, auf welches ich mich wegen des Themas wirklich freute, ausfiel. Hätte man keine Mail an mich und meine Kommilitonen schreiben können? Was ist daran so schwer? Meine Laune war im Keller und auch das Antlitz meines Begleiters hatte sich verdunkelt, was mir bereits während der letzten Viertelstunde im Gesindelcontainer auffiel, in welchen ich nun wieder stieg.
Keine Ahnung, was jetzt auf dem Nachhauseweg wieder los war. Nichts lief rund. Erst verspätete sich die S-Bahn. Jene, in welche ich dann einstieg, war brechend voll. So standen wir alle eng beieinander. Zum Glück konnte nur ich das Engelchen sehen, gerade weil es den anderen Fahrgästen ständig Grimassen zuwarf. Die Bahn wurde noch voller, die Menschen gereizter und so passierte es. Ein Herr mittleren Alters bat mich ziemlich unfreundlich, doch noch weiter aufzurücken, damit er sich an der nächstbesten Gelegenheit festhalten könne. Ich erwiderte, dass dies nicht möglich sei, da auch ich mich hier nicht bewegen könne. Es war einfach zu voll. Es begann ein Schimpfkonzert: "Du bist doch zu blöde, um logisch zu denken. Rück doch einfach auf, wenn man dich darum bittet. Die Leute hier in den Öffentlichen sind einfach nur noch zum Kotzen." Engelchen auf meiner Schulter sprang auf und ab vor Wut, schrie mich an, ich solle mir sowas nicht gefallen lassen. Was hatte Engelchen nur für eine finstere Mine. Teufelchen wäre wohl der passendere Ausdruck gewesen. Auf jeden Fall war er irgendwas dazwischen - eine Hybridversion aus Engel und Teufel. Ich entgegnete dem S-Bahn-Proleten, dass er doch auch einfach sein Auto nehmen könne, wenn er von allen hier so genervt sei. Die Gestalt auf meiner Schulter, halb Engel, halb Teufel, sagt, ich solle ihm dafür noch zusätzlich eine verpassen. Doch gleichzeitig revidiert mein Schulterbesucher seine Aussage und meint, dass dies vielleicht doch etwas übertrieben sei und dass es reichen würde, noch eine gepfefferte Aussage dem Proleten entgegen zu werfen. Der S-Bahn-Prolet wollte gerade zum Gegenangriff ansetzen, um der von mir zuvor getätigten Aussage zu begegnen, doch ich kam ihm zuvor. Zynisch schlug ich ihm vor, lieber doch nicht das Auto zu nehmen, denn wer schon mit dem Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel überfordert sei, solle sich nicht noch komplexeren Aufgaben, wie dem Autofahren, annehmen. Teufelchen auf meiner Schulter tobte und fragte, weshalb ich nicht noch schmutziger reagiert habe, nur um ein paar Sekunden später wieder ein wärmeres Lächeln an den Tag zu legen, zustimmend zu nicken und zu sagen, dass es so, wie ich reagierte, schon richtig war und dass er manchmal etwas zu böse sei, zu sehr übertreibe.
Kurzes Fazit für die Nicht-Mitglieder bei Parfumo, die einfach nur durch Zufall auf diese Seite gelangt sind, um sich Testberichte für "Valentino Uomo Intense" anzuschauen und bis zum Ende meiner kleinen Geschichte durchhielten:
Die Kopfnote, mit der Uomo Intense eröffnet, ist für den einen erfrischend, für den anderen penetrant, stechend und unangenehm, aber schon nach kurzer Zeit wird der Duft wärmer, vanilliger. Dieses Warme, dieses Freundliche, dieses Helle wird aber schon im Anschluss durch Schmutzigkeit, durch Dunkelheit, eben durch schwarzes Leder ergänzt und perfekt kontrastiert. Dieser Duft ist eine Komposition, die etwas Böses an sich hat, welches stets durch das Artige, nämlich die Vanille, zurückgehalten wird. Gleichzeitig sorgt das Böse, das Schmutzige, also das Leder, dafür, dass die vollkommene Nettigkeit, wie wir sie bei "Noir Extreme" vorfinden, nicht zu sehr überwiegt. Wer diesen Duft trägt, hat auf der einen Schulter den Engel, auf der anderen den Teufel und somit das perfekte Gleichgewicht, nämlich nicht zu lieb, aber auch nicht zu unartig.
Das Engelchen auf meiner linken Schulter, die übrigens links von meinem Halsansatz liegt, auf welchen ich mir wenige Stunden zuvor "Tom Ford Noir Extreme" auftrug, nickte mir freundlich und mit einem sehr warmen Lächeln zu. Es meinte, diese Bravheit stehe mir ausgezeichnet und entzücke mein Umfeld außerordentlich.
Nun kam Omi aus der Küche. Natürlich fand sie noch etwas Essbares. Was freute ich mich über die Vanilleplätzchen, die so warm, so vanillig lecker rochen und am Ende auch vorzüglich schmeckten. Irgendwie passte heute alles und selbst das warm lächelnde Engelchen auf meiner Schulter war außer sich vor Freude, kam das Vanilleplätzchen doch dem so nahe, was nur wenige Zentimeter neben ihm am Halsansatz des braven Enkels zu vernehmen war und was den so lieb zusprechenden Engel erst heraufbeschwor. Und da saß der Enkel nun, Hemd, dunkle Jeans und braune Schnürschuhe tragend, alles fein herausgeputzt und gebügelt, die Haare ordentlich zur Seite gescheitelt und stets vom Engel ermahnt werdend, der lieben alten Frau gegenüber schön zuzuhören, ihr gut zuzusprechen. "Sei brav, sei zuvorkommend, sei artig.", waren die Worte des mittlerweile nervig moralisierenden Schwätzers da auf meiner Schulter. Morgen muss ich wieder in die Uni. Ganz sicher werde ich ihn da nicht mitnehmen.
Na dann. Wecker klingelt, der vermeintlich brave Enkel steht auf, frühstückt, macht sich fertig und sprintet wieder einmal zur Straßenbahn, obwohl diese doch eh alle drei Minuten fährt. Auf meiner rechten Schulter hat sich diesmal wieder so ein Engelchen breit gemacht. Der sieht ja genauso brav aus wie der andere. Na das kann ja was werden. Warum hat der eigentlich ständig seinen Spiegel in der Hand und pudert sich das Gesicht? Ganz ehrlich, ich will den anderen wieder zurück. Dieser hier ist so abweisend und auf seine eigene Art und Weise irgendwie penetrant.
Eingestiegen in die Straßenbahn bekam ich wieder gute Laune. Der Verkehr war, trotz Berufsverkehr, fließend und die Straßenbahn kam gut durch. Umgestiegen in der Greifswalder Straße fragte das Engelchen mich, ob es sich anders verhalten solle, ob ich irgendetwas an ihm auszusetzen habe. Ich antwortete, dass dies nicht nötig sei und dass ich mich bereits halbwegs an seine Eigenheiten gewöhnt habe. Die Penetranz war ein bisschen verschwunden und nun schien auch er mal ein bisschen aufzutauen, wärmer und freundlicher zu werden.
Die Fahrt dauerte über eine Stunde und an der Uni angekommen, musste ich feststellen, dass das Seminar, auf welches ich mich wegen des Themas wirklich freute, ausfiel. Hätte man keine Mail an mich und meine Kommilitonen schreiben können? Was ist daran so schwer? Meine Laune war im Keller und auch das Antlitz meines Begleiters hatte sich verdunkelt, was mir bereits während der letzten Viertelstunde im Gesindelcontainer auffiel, in welchen ich nun wieder stieg.
Keine Ahnung, was jetzt auf dem Nachhauseweg wieder los war. Nichts lief rund. Erst verspätete sich die S-Bahn. Jene, in welche ich dann einstieg, war brechend voll. So standen wir alle eng beieinander. Zum Glück konnte nur ich das Engelchen sehen, gerade weil es den anderen Fahrgästen ständig Grimassen zuwarf. Die Bahn wurde noch voller, die Menschen gereizter und so passierte es. Ein Herr mittleren Alters bat mich ziemlich unfreundlich, doch noch weiter aufzurücken, damit er sich an der nächstbesten Gelegenheit festhalten könne. Ich erwiderte, dass dies nicht möglich sei, da auch ich mich hier nicht bewegen könne. Es war einfach zu voll. Es begann ein Schimpfkonzert: "Du bist doch zu blöde, um logisch zu denken. Rück doch einfach auf, wenn man dich darum bittet. Die Leute hier in den Öffentlichen sind einfach nur noch zum Kotzen." Engelchen auf meiner Schulter sprang auf und ab vor Wut, schrie mich an, ich solle mir sowas nicht gefallen lassen. Was hatte Engelchen nur für eine finstere Mine. Teufelchen wäre wohl der passendere Ausdruck gewesen. Auf jeden Fall war er irgendwas dazwischen - eine Hybridversion aus Engel und Teufel. Ich entgegnete dem S-Bahn-Proleten, dass er doch auch einfach sein Auto nehmen könne, wenn er von allen hier so genervt sei. Die Gestalt auf meiner Schulter, halb Engel, halb Teufel, sagt, ich solle ihm dafür noch zusätzlich eine verpassen. Doch gleichzeitig revidiert mein Schulterbesucher seine Aussage und meint, dass dies vielleicht doch etwas übertrieben sei und dass es reichen würde, noch eine gepfefferte Aussage dem Proleten entgegen zu werfen. Der S-Bahn-Prolet wollte gerade zum Gegenangriff ansetzen, um der von mir zuvor getätigten Aussage zu begegnen, doch ich kam ihm zuvor. Zynisch schlug ich ihm vor, lieber doch nicht das Auto zu nehmen, denn wer schon mit dem Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel überfordert sei, solle sich nicht noch komplexeren Aufgaben, wie dem Autofahren, annehmen. Teufelchen auf meiner Schulter tobte und fragte, weshalb ich nicht noch schmutziger reagiert habe, nur um ein paar Sekunden später wieder ein wärmeres Lächeln an den Tag zu legen, zustimmend zu nicken und zu sagen, dass es so, wie ich reagierte, schon richtig war und dass er manchmal etwas zu böse sei, zu sehr übertreibe.
Kurzes Fazit für die Nicht-Mitglieder bei Parfumo, die einfach nur durch Zufall auf diese Seite gelangt sind, um sich Testberichte für "Valentino Uomo Intense" anzuschauen und bis zum Ende meiner kleinen Geschichte durchhielten:
Die Kopfnote, mit der Uomo Intense eröffnet, ist für den einen erfrischend, für den anderen penetrant, stechend und unangenehm, aber schon nach kurzer Zeit wird der Duft wärmer, vanilliger. Dieses Warme, dieses Freundliche, dieses Helle wird aber schon im Anschluss durch Schmutzigkeit, durch Dunkelheit, eben durch schwarzes Leder ergänzt und perfekt kontrastiert. Dieser Duft ist eine Komposition, die etwas Böses an sich hat, welches stets durch das Artige, nämlich die Vanille, zurückgehalten wird. Gleichzeitig sorgt das Böse, das Schmutzige, also das Leder, dafür, dass die vollkommene Nettigkeit, wie wir sie bei "Noir Extreme" vorfinden, nicht zu sehr überwiegt. Wer diesen Duft trägt, hat auf der einen Schulter den Engel, auf der anderen den Teufel und somit das perfekte Gleichgewicht, nämlich nicht zu lieb, aber auch nicht zu unartig.
2 Antworten


Sehr schöne und amüsante Geschichte.