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Top Rezension
Der japanische Neandertal der Gourmand-Duefte
In den letzten Wochen hat sich Yohji Homme in der Liste der 100 beliebtesten Parfums fuer Herren stetig weiter nach vorne gearbeitet und hat es mittlerweile sogar unter die Top Ten geschafft. Allerdings ist diese Hochschaetzung bisher lediglich in zwei Parfumkommentaren zum Ausdruck gekommen.
Waehrend in den 80er Jahren Antonia Hilke ueber die Bildschirme flimmerte und mehrmals im Jahr die aktuelle Mode aus Paris in bundesdeutsche Wohnzimmer brachte, erfuhr ich zum ersten Mal von der Existenz zweier japanischer Modedesigner - Kenzo und Yohji Yamamoto. Ersterer stand fuer farbenfrohe und quirlige Kleidung, letzterer fuer spartanische und schnoerkellose. Um es mit einem Schlagwort auszudruecken, Kenzo war Ueberschwang, Yamamoto Purismus. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Name Kenzo einen groesseren Bekanntheitsgrad hat als der von Yamamoto. Ebenso ist es mit der Verbreitung der zwei Labels (wobei der Ausdruck "Verbreitung" in Angesicht der hohen Preise relativiert gesehen werden muss).
Da natuerlich frueher oder spaeter jedes Modelabel, das etwas auf sich haelt, einen eigenen Duft lancieren muss, so taten das auch Kenzo und Yamamoto. Wie um seinen Purismus unterstreichen zu wollen, schuf Yamamoto fuer seinen Duft einen Flakon in Form einer ueberdimensionierten Phiale. Alles daran ist geradlinig, kein Schnoerkel der
ablenkt, auf alles Ueberfluessige wurde verzichtet. Der Spruehkopf des Flakons hat deshalb nicht einmal eine Kappe. Lediglich eine seitlich angebrachte hufeisenfoermige Klammer ist gegen den Spruehkopf geklappt und vermeidet so versehentliches Spruehen. Wer schon versucht hat, in den Besitz eines Flakons dieses Duftes zu kommen, weiss was das bedeutet. Ich moechte nicht das vielstrapazierte Beispiel der "Nadel im Heuhaufen" heranziehen und sage deshalb einfach nur, es ist sauschwer diese Raritaet zu finden.
Gegen Mitte der 70er Jahre hatten die traditionellen Fougère-Duefte ihren Hoehepunkt bereits ueberschitten, als Paco Rabanne mit seinem P.R. pour Homme diesem Genre eine neue Ausrichtung gab. Durch Beigabe mediterraner Ingredienzen wie Estragon, Rosmarin und Thymian zum traditionellen Fougère-Geruest schuf er den Aromatischen Fougère.
Es sollte noch mehr als eine Dekade vergehen, bevor Yohji Yamamoto dem Genre nochmals eine andere Ausrichtung gab. Durch voelligen Verzicht auf animalische Substanzen und die Verwendung von wiederum neuen Aromen wie Kaffee, Suessholz und Rum gab er seinem Duft eine bis dato neuartige Wuerze. Das Zusammenspiel zwischen dem Lavendel und Anis in der Kopfnote, sowie im weiteren Verlauf Suessholz, Zimt, Kaffee und Rum war superbe ausbalanciert und sollte in dieser Form der Vorlaeufer der in den letzten 10 Jahren so erfolgreichen Gourmand-Duefte werden.
Der suesslich - wuerzige Anis dominiert von Anfang an und zieht sich durch den ganzen Duftverlauf. Aber Kaffee, Rum und holzige Noten bilden den perfekten Gegenpol dazu und lassen den Duft nicht zu einem Winter- oder gar Weihnachtsduft werden. Der Duft behaelt immer seine kuehle Wuerze und driftet nicht in eine ueberbordene Suesse ab. Lediglich der Anis ist fuer mich unverkennbar, alle anderen Duftnoten sind so gut ausbalanciert, dass es vermessen waere zu behaupten, ich koennte einzelne Duftnoten herausriechen.
Zu den heute so beliebten Gourmand-Dueften à la "L'Instant De Guerlain" gibt es allerdings einen grossen Unterschied. Guerlains Meisterwerk erweckt bei mir die Assoziation eines "Kuscheldufts", was bei Yohji Homme zu keinem Zeitpunkt der Fall ist, dafuer sorgt schon die kuehle Wuerze.
Sofort nach dem Aufspruehen ist der Duft sehr stark und anislastig, zieht sich dann allerdings schnell zurueck. Ich finde die Sillage eher mittelmaessig, aber fuer diese Art von Duft ist das besser so. Auch die Haltbarkeit ist nicht im oberen Bereich und mit 6 - 8 Stunden eher Mittelmass.
Yohji Homme begeistert mich als Parfumliebhaber, aber nicht als Traeger. Ich finde es einfach interessant wie jemand in einer Zeit, als Fougères bereits lange out waren, dieses Genre durch die Beimischung ungewoehnlicher Duftnoten wiederbelebt hat; ja dass er sogar zu Ende der 90er Jahre mit diesem Duft Vorreiter und / oder Inspirationsquelle fuer viele Gourmand-Duefte war.
Koennte Yohji Homme mein Signaturduft sein? Das kann ich ganz klar verneinen, dazu ist er mir zu avantgardistisch. Wenn ich ihn trage, habe ich das Gefuehl, dass er nicht zu mir passt, dass ich nicht richtig gekleidet, pardon, parfumiert bin. Mein Referenzduft bleibt "Gentile" von Maria Candida G. mit seiner auffaelligen Unauffaelligkeit.
Waehrend in den 80er Jahren Antonia Hilke ueber die Bildschirme flimmerte und mehrmals im Jahr die aktuelle Mode aus Paris in bundesdeutsche Wohnzimmer brachte, erfuhr ich zum ersten Mal von der Existenz zweier japanischer Modedesigner - Kenzo und Yohji Yamamoto. Ersterer stand fuer farbenfrohe und quirlige Kleidung, letzterer fuer spartanische und schnoerkellose. Um es mit einem Schlagwort auszudruecken, Kenzo war Ueberschwang, Yamamoto Purismus. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Name Kenzo einen groesseren Bekanntheitsgrad hat als der von Yamamoto. Ebenso ist es mit der Verbreitung der zwei Labels (wobei der Ausdruck "Verbreitung" in Angesicht der hohen Preise relativiert gesehen werden muss).
Da natuerlich frueher oder spaeter jedes Modelabel, das etwas auf sich haelt, einen eigenen Duft lancieren muss, so taten das auch Kenzo und Yamamoto. Wie um seinen Purismus unterstreichen zu wollen, schuf Yamamoto fuer seinen Duft einen Flakon in Form einer ueberdimensionierten Phiale. Alles daran ist geradlinig, kein Schnoerkel der
ablenkt, auf alles Ueberfluessige wurde verzichtet. Der Spruehkopf des Flakons hat deshalb nicht einmal eine Kappe. Lediglich eine seitlich angebrachte hufeisenfoermige Klammer ist gegen den Spruehkopf geklappt und vermeidet so versehentliches Spruehen. Wer schon versucht hat, in den Besitz eines Flakons dieses Duftes zu kommen, weiss was das bedeutet. Ich moechte nicht das vielstrapazierte Beispiel der "Nadel im Heuhaufen" heranziehen und sage deshalb einfach nur, es ist sauschwer diese Raritaet zu finden.
Gegen Mitte der 70er Jahre hatten die traditionellen Fougère-Duefte ihren Hoehepunkt bereits ueberschitten, als Paco Rabanne mit seinem P.R. pour Homme diesem Genre eine neue Ausrichtung gab. Durch Beigabe mediterraner Ingredienzen wie Estragon, Rosmarin und Thymian zum traditionellen Fougère-Geruest schuf er den Aromatischen Fougère.
Es sollte noch mehr als eine Dekade vergehen, bevor Yohji Yamamoto dem Genre nochmals eine andere Ausrichtung gab. Durch voelligen Verzicht auf animalische Substanzen und die Verwendung von wiederum neuen Aromen wie Kaffee, Suessholz und Rum gab er seinem Duft eine bis dato neuartige Wuerze. Das Zusammenspiel zwischen dem Lavendel und Anis in der Kopfnote, sowie im weiteren Verlauf Suessholz, Zimt, Kaffee und Rum war superbe ausbalanciert und sollte in dieser Form der Vorlaeufer der in den letzten 10 Jahren so erfolgreichen Gourmand-Duefte werden.
Der suesslich - wuerzige Anis dominiert von Anfang an und zieht sich durch den ganzen Duftverlauf. Aber Kaffee, Rum und holzige Noten bilden den perfekten Gegenpol dazu und lassen den Duft nicht zu einem Winter- oder gar Weihnachtsduft werden. Der Duft behaelt immer seine kuehle Wuerze und driftet nicht in eine ueberbordene Suesse ab. Lediglich der Anis ist fuer mich unverkennbar, alle anderen Duftnoten sind so gut ausbalanciert, dass es vermessen waere zu behaupten, ich koennte einzelne Duftnoten herausriechen.
Zu den heute so beliebten Gourmand-Dueften à la "L'Instant De Guerlain" gibt es allerdings einen grossen Unterschied. Guerlains Meisterwerk erweckt bei mir die Assoziation eines "Kuscheldufts", was bei Yohji Homme zu keinem Zeitpunkt der Fall ist, dafuer sorgt schon die kuehle Wuerze.
Sofort nach dem Aufspruehen ist der Duft sehr stark und anislastig, zieht sich dann allerdings schnell zurueck. Ich finde die Sillage eher mittelmaessig, aber fuer diese Art von Duft ist das besser so. Auch die Haltbarkeit ist nicht im oberen Bereich und mit 6 - 8 Stunden eher Mittelmass.
Yohji Homme begeistert mich als Parfumliebhaber, aber nicht als Traeger. Ich finde es einfach interessant wie jemand in einer Zeit, als Fougères bereits lange out waren, dieses Genre durch die Beimischung ungewoehnlicher Duftnoten wiederbelebt hat; ja dass er sogar zu Ende der 90er Jahre mit diesem Duft Vorreiter und / oder Inspirationsquelle fuer viele Gourmand-Duefte war.
Koennte Yohji Homme mein Signaturduft sein? Das kann ich ganz klar verneinen, dazu ist er mir zu avantgardistisch. Wenn ich ihn trage, habe ich das Gefuehl, dass er nicht zu mir passt, dass ich nicht richtig gekleidet, pardon, parfumiert bin. Mein Referenzduft bleibt "Gentile" von Maria Candida G. mit seiner auffaelligen Unauffaelligkeit.
3 Antworten
Intersport vor 4 Jahren
Toller Text zu Yohji Homme, fuer mich immer noch der schönste von Yamamoto, wobei es mir aehnlich geht. Ich rieche den Duft sehr gerne, zum tragen fast einen Spur zu fragil.
Kovex vor 7 Jahren
Schönen alten Kommentar von dir entdeckt ;) sehr informativ, der Duft hört sich auch sehr interessant an.
DOCBE vor 11 Jahren
Klasse Kommentar - eng am 'Thema', alles prima nachvollziehbar, kein Schnick, kein Schnack.

