Cinéma 2004 Eau de Parfum

Naaase
26.06.2014 - 10:13 Uhr
6
Duft

Cinema Paradiso

Cinema Paradiso

Es funkelt mich an. Glamourös und herausfordernd. Die sommerlichen Strahlen des Sonnenlichts frech reflektierend. Auf dem von Line Vautrin entworfenen Flakon mit dem goldfarbenen Verschluss steht in schnörkellosen Lettern "Cinéma" geschrieben. Einfach nur "Cinéma".
Vielleicht eine Einladung zu einem Kinobesuch.

1.
Vielleicht, um gemeinsam den Film "Cinema Paradiso" anzusehen. Ja, das wäre schön, diesen Klassiker wieder mal zu sehen. Diesen -teils autobiographischen- Film von Giuseppe Tornatore aus dem Jahre 1988. Der Film erzählt die Geschichte der Menschen eines Dorfes auf Sizilien und ihres Kinos von den 1940er Jahren bis in die heutige Zeit:

Der erfolgreiche Regisseur Salvatore erfährt im Jahre 1980 in Rom, dass in dem Dorf seiner Kindheit, dem sizilianischen Fischerdorf Giancaldo, der Tod des örtlichen Filmvorführers Alfredo bevor stehe. Anlässlich dessen Beerdigung erinnert sich Salvatore an seine Kindheit in den späten 1940er Jahren, die er als Halbwaise zu einem großen Teil im Kino des Ortes mit dem Namen "Cinema Paradiso" verbrachte: Nachdem der örtliche Filmvorführer Alfredo bei einem Brand sein Augenlicht verloren hatte durfte der kleine Junge (der damals von allen nur "Toto" genannt wurde) in dem wieder aufgebauten Kino (dem "Nuovo Cinema Paradiso") arbeiten, wodurch er sich letztlich in die Filmkunst verliebte. Teils wegen einer unglücklichen Liebe, teils um selbst Filme zu machen, verließ Salvatore jedoch später den Ort seiner Kindheit und damit auch Alfredo.

Doch nunmehr kehrt Salvatore nach 30 Jahren wieder nach Giancaldo zurück. Nicht nur er selbst, sondern auch der Ort seiner Kindheit haben sich verändert. So soll das leerstehende Gebäude des "Nuovo Cinema Paradiso" abgerissen werden. Der Filmvorführer Alfredo aber hat Salvatore als Erinnerung eine Filmrolle mit aneinandergereihten Kuss-Szenen hinterlassen, die er auf Anweisung des örtlichen Pfarrers über die Jahre hinweg aus den in dem örtlichen Kino gezeigten Filmen heraus schneiden musste.

2.
Vielleicht nehmen wir bei unserem Kino-Besuch auch Jacques Cavallier-Belletrud mit. Von ihm stammen Düfte wie "L’Eau d’Issey" von Issey Miyake, "Givenchy Hot Couture" von Givenchy (gemeinsam mit Alberto Morillas) oder "Stella" von Stella McCartney. Und natürlich auch unser heutiger Testkandidat: "Cinéma" aus dem Hause "Yves Saint Laurent".

In der Ausgabe 9/09 sagte Jacques Cavallier-Belletrud gegenüber "First": "Schon als Kind haben mich die verschiedenen Gerüche in der Werkstatt meines Vaters, der ebenfalls Parfümeur war, sehr fasziniert. Ich fand es toll, dass man mit seiner Nase Geld verdienen kann, und wollte deshalb, seitdem ich denken kann, Parfümeur werden. Ich liebe die Abwechslung und verwende keine Rohstoffkombination zweimal. Aber ich bin nicht nur Parfümeur, sondern sehe mich auch als Übersetzer der Marke, für die ich den Duft kreiere."

3.
Doch, wie duftet "Cinéma" (EdP) denn eigentlich ?

Den Beginn macht eine reife Clementine. Reif und saftig öffnet sie uns das Tor zu diesem Duft. Keine säuerliche Erfrischung. Nein, einfach nur diese ausgereifte Fruchtigkeit. Wie früher bei Filmvorführungen üblich kommt also der Eisverkäufer mit seinem putzigen Bauchladen noch mal durch und wir entschließen uns sogleich zum Erwerb eines fruchtigen Clementinen-Eises. Als wir uns beim gierigen Verzehr dieser kalorienintensiven Köstlichkeit noch wundern, woher plötzlich der Hauch eines Alpenveilchens kommt (so hoch über dem Meeresspiegel ist nämlich unser "Cinema Paradiso" gar nicht gelegen) ist auch schon "Schluss mit Fruchtig". Unser Freund Jacques Cavallier-Belletrud hat sich nämlich nicht zum Kauf eines dezenten Fruchtspeiseeises entschließen können. Nein, typisch Mann, es musste natürlich wieder mal dieses "Magnum" mit den angeberischen Mandelsplittern sein. Und diese genießt er nunmehr. Nicht nur akustisch, sondern auch olfaktorisch deutlich wahrnehmbar. Direkt neben uns. Doch, holla: Das ist ja eine ganz angenehme Süße, die da unser Näschen erfreut. Etwas in Richtung "Mandorlo di Sicilia" von Acqua di Parma, wodurch wir thematisch schon wieder bei dem kleinen sizilianischen Fischerdörfchen "Giancaldo" wären, wo ja "Toto" seine Kindheit verbracht hatte. Es ist aber nicht diese leicht würzige (da unter anderem mit Kaffee unterlegte) Mandelsüße seines sizilianischen Bruders. Nein es ist schon die cremige Mandel eines (hochwertigen) Speiseeises. Vielleicht noch mit ein paar Clementinen-Stückchen. Ich meine diejenigen aus der Kopfnote.

Es läuft der Vor-Film. Eine Reportage über Blumen. Wir verlassen hiesige Gefilde und damit die Heimat unseres Alpenveilchens von vorhin. Wir erfahren, dass Arabischer Jasmin ("jasminum sambac") eine Pflanzenart der Gattung Jasminum in der Familie der Ölbaum-Gewächse ist, der wild in Indien vorkommt und weltweit kultiviert wird. Vor unserem geistigen Auge sehen wir das köstlich cremige Mandeldessert, zärtlich umhaucht von diesem zart-blumigen arabischen Jasmin. Dieser hat sich -sozusagen als Verstärkung- Amaryllis mitgebracht. Und in trauter Zweisamkeit umwehen diese beiden zarten Blumen nunmehr unsere edle Mandelnote. Nehmen ihr die Süße. Lassen sie locker und leicht an diesem angenehm warmen Sommertag erscheinen.

Der Vorfilm ist nun vorbei. Jacques Cavallier-Belletrud ist endlich mit seinem riesigen "Mandel-Magnum" fertig. Es liegt nur noch ein feiner Mandelhauch im Raum und zeugt von dem zurückliegenden Genuss. Die Leinwand wird dunkel. Dunkel und geheimnisvoll wie feinster Amber. Ein Schuss Vanille gesellt sich dazu. Nur ein Hauch. Es wird nicht zu süß. Da muss wohl jemand einen Vanille-Milchshake konsumieren. Es wird doch nicht schon wieder dieser Jaques ...
Nein, der schaut mich nur unschuldig und voller Vorfreude auf den Hauptfilm durch seine dicke Hornbrille an. Noch eine Brise rauen Moschus und schon öffnet sich der Vorhang. Der Film geht los. Und in großen Lettern lese ich auf der Leinwand:

"Cinema Paradiso".
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