Chinese Exclusive

Genesis666
15.03.2022 - 10:31 Uhr
22
Top Rezension
10
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft

Chinese! Exclusive?

Chinesische Ouds haben es mir angetan, das geb ich zu!
Egal ob „Hailam Kilam“, „China Syang“ oder „Hainan 2005“. Sie alle haben etwas besonderes, etwas spezielles, das sie von allen anderen Oud Sorten unterscheidet.



Sie sind viel sanfter und zurückhaltender als beispielsweise Hindi-, Cambodi-, oder Malay-Ouds. Nicht, dass ich deren Charakteristika nicht ebenfalls sehr mag und zu schätzen wüsste aber Ouds aus Regionen wie Hainan oder Yunnan geben mir einfach eine besondere Erfahrung.
Keine Spur von Barnyard, Leder oder ähnlichem. Im Opening leicht bitter, medizinisch, erinnern Sie eher an frisches, helles Sägemehl. Leicht süß und sehr cremig in der Basis. Hailam Kilam beispielsweise erinnert mich stark an weiße Schokolade. 



Abgesehen von der Tatsache, dass diese Ouds speziell duften, gehören sie aber auch zu den teuersten und seltensten Sorten, die es überhaupt gibt. Die meisten Experten sagen, dass wildes chinesisches Oud heutzutage quasi nicht mehr existent ist. 



Schon der gute Russian Adam hat bei der Vorstellung seines „Chinese Oud“ deutlich gemacht, dass er ohne die Hilfe seines Freundes „Jamira Oud“, der seinerseits ebenfalls Destillateur ist, keine Chance gehabt hätte dieses seltene und extrem kostspielige Material für einen seiner Düfte zu verwenden. 



Kein Wunder also, dass ich beim offiziell ersten „Oriscent Perfume“, welches laut Ensar große Mengen verschiedenster China-Ouds wie eben Hailam Kilam, Yunnan Kinam und Hainan Kinam beinhaltet, mehr als nur erwartungsvoll war. 



Wer mit dem Begriff „Oriscent“ gerade nichts anfangen kann: So hieß die Marke quasi in ihrer Anfangszeit. Der Name ist Sinnbild für eine spezielle „Destillations-Technik“ die laut Ensar nur er selbst beherrscht und die bis heute in ihrer Qualität der Produkte unerreicht ist (So zumindest laut eigener Aussage). Mittlerweile heißt die Marke zwar „Ensar Oud“ aber bis heute kann man auf der Website unter einer speziellen Kategorie Vintage-Ouds wie „Kyara LTD“, „Royal Kinam“, „White Kinam“ oder Nah Trang LTD“ kaufen, die noch mit dieser speziellen Technik destilliert wurden. Vielleicht kann man es in etwa mit Siegel „Swiss Made“ bei Uhrwerken vergleichen. Man ahnt hier natürlich schon, wo sich dieses Branding neben der Qualität natürlich ebenfalls bemerkbar macht. :-)



Angelehnt an den Hainan-Attar, sollten also diese wirklich extrem seltenen Oud Sorten einerseits durch einige zitrisch-fruchtige Kopfnoten und weißen Blüten als Herznoten sowie einer cremigen Basis aus Sandelholz, Vanille und Bienenwachs begleitet werden. 



In Anbetracht der leicht an Trockenfrüchte und Vanille-Pudding erinnernden Aromatik der Ouds klang das für mich persönlich erstmal sehr passend und symbiotisch, wenngleich ich aber schon, nicht zuletzt aufgrund der teils sehr dominant anmutenden Noten wie Pfeffer, Tuberose und Safran etwas Sorge hatte, dass die feinen Nuancen dieser schönen Ouds etwas untergehen.



Nun also zum Duft: 
Das Opening war wie erwartet extrem zitrisch. Nicht unbedingt scharf zitrisch. Eher wie das Fruchtfleisch Fast identisch mit dem Geruch, der einem in die Nase steigt, wenn man eine frische Mandarine von der Schale knibbelt. Der Geruch, der sich innerhalb von Sekunden im ganzen Raum verbreitet und den man erstmal nicht mehr von den Fingern bekommt... vielleicht ein wenig weicher. Ziemlich schnell gesellt sich aber eine für mein Empfinden schon recht starke, pappige Süße hinzu. Gemischt mit einer leicht bitter, medizinisch anmutenden Note, die ganz klar vom Oud ausgeht und die wirklich typisch für chinesische Ouds ist. Ich hatte irgendwie DIERKT ein Bild von einer frisch aufgerissenen Packung Jaffa-Cakes oder Schoko-Erfrischungsstäbchen im Kopf. Die Kombination aus dem Oud, Pfeffer, Safran, Sandelholz und Vanille lässt einen Eindruck von dunkler, herber Schokolade entstehen. Fast schon Gourmand.



Nach ein paar Minuten geben Orangenblüte und Tuberose zusätzlich einen leicht seifigen Touch, der in Verbindung mit dem pudrigen aber keinesfalls animalischem Moschus noch verstärkt wird. 

Und dann… ja und dann? Dann passiert eigentlich nicht mehr viel. Ich habe den Duft jetzt insgesamt 3 Tage hintereinander getragen – mal auf dem Arm, mal auf dem Hals, in der Armbeuge auf Kleidung… und ich muss sagen, er macht abgesehen von der Tatsache, dass er mit der Zeit eher noch süßer wird, auf mir keine große Wandlung durch. 



Versteht mich bitte nicht falsch – Linearität ist ja per se erstmal nichts Schlechtes. Das gilt für mich aber nur dann, wenn der Duft an sich schon spannend genug ist. Im Fall von Chinese Exclusive muss ich aber zugeben, dass der Duft zwar nicht schlecht aber auch alles andere als spektakulär ist. Meine anfängliche Skepsis gegenüber der dominanten Noten im Kontrast zu den sehr feinen aber komplexen Ouds hat sich leider bewahrheitet. Meine Freundin meinte sogar, der Duft rieche fast 1:1 wie ihre Haarkur. Aiaiai…



Die starke Zitrik und teils schwere Süße unterdrücken die Schönheit und Komplexität der eigentlichen Mainplayer so stark, dass sie meiner Meinung nach nur schwer „zu genießen“ sind. Selbst nach einigen Stunden und im Drydown schaffen es Yunnan Kinam und Co. leider nicht den Rest der Pyramide zu durchbrechen und ihre wahre Schönheit zu präsentieren. Diese Öle sind in ihrer Kraft und Ausstrahlung nicht mit Ouds wie „Tigerwood“ oder „Hindistan Kala“ zu vergleichen, welche man quasi schon durch die Flakon-Kappe riechen kann. Ich empfinde sie wie gesagt als viel fragiler und feiner, sanfter und zurückhaltend. Im Gegensatz zu den meisten Ouds schon fast schüchtern.



Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass diese Ouds gar nicht für ein Spray-Parfum geeignet sind. Sie sind an sich schon so komplex und fein, dass es fast unmöglich ist, ihnen innerhalb eines Parfums gerecht zu werden.

Der Drydown hat für mich wieder die typische, leicht süßliche Moschus/Sandelholz-Ensar-Basis. Ich würde wetten, dass entgegen der Angaben auch Bourbon-Vetiver aus Madagaskar enthalten ist. 



Dass Chinese Exclusive wie eigentlich alle anderen EO Düfte auch, unglaublich natürlich und hochwertig riecht, muss ich wohl mittlerweile nicht mehr explizit erwähnen. 

Nach dem Tigerwood PP bin ich allerdings nun endgültig der Meinung, dass so hoch komplexe und seltene Ouds genau wie Kinam Destillationen innerhalb eines Parfums nur schwer im Vollen zu würdigen sind. Den Hainan Attar halte ich hier für eine sinnvolle Alternative. Er bietet im Endeffekt eine sehr ähnliche DNA sowie Performance, kostet aber einen Bruchteil, wobei auch dieser natürlich immer noch kostspielig ist. 



Wenn es um die reine Wertschätzung und Seltenheit der Inhaltsstoffe geht, hat man mit Chinese Exklusive sicherlich ein nahezu einzigartiges Sammlerstück in seinem Besitz. Wenn man allerdings eine einzigartige und kreative DNA erwartet, die diese tollen Öle in den Mittelpunkt stellt und nicht übertönt, wird man meiner Ansicht nach aber eher enttäuscht. Vor allem dann, wenn man eben diese mal in Reinform gerochen hat. 

Dazu kommt, dass CE ein sehr leiser Duft ist. Weder Sillage noch Haltbarkeit konnten mich wirklich überzeugen. Bereits nach 1-2 Stunden ist der Duft EXTREM hautnah. Zwar riecht man den Duft auch nach 8 Stunden noch schwach auf der Haut aber bis dahin ist es dann eben „nur“ noch die typische Ensar-Basis und kein klar erkennbarer „Chinese Exclusive“ mehr. Weiter in den Kommentaren...
11 Antworten