Malachitgrau von Grauton Parfums

Malachitgrau 2022

BlueskyFresh
07.09.2022 - 12:14 Uhr
11
Hilfreiche Rezension
9Duft 8Haltbarkeit 7Sillage

der heiße Pater Ralph!…

…wälzt sich leidenschaftlich mit Rachel Leigh in der Brandung.
Ach, das waren noch Zeiten!…

Ich teste gerade die (zum Zeitpunkt der Rezension vier) Grautöne, und dies ist bislang mein Favorit.

Zu meiner großen Überraschung, da die Duftpyramide nichts dergleichen kundtut, ist „Malachitgrau“ für mich *der* Weihrauchduft! So durchdringend katholisch, man möchte spontan konvertieren. Genau so und nicht anders riecht für mich ein altes Kirchenschiff, das geschichtsträchtige Gemäuer samt der hölzernen Bänke. Vielleicht auch eine alte religiöse Bibliothek, von schweigenden Mönchen betrieben, mit historischen Schriften in brüchigen Ledereinbänden.

Und das so unglaublich sexy, dass das Duftwerk mir „Nimm’ mich! Kauf mich!“ imperativ von meinem Unterarm entgegenschreit. Ach, Pater Ralph, Du heißer Dornenvogel…!

Der Duft startet mit einer tollen, zitrischen Frische, die enorm gut an- und durchhält. Fast könnte sie auch von Minze oder nasenputzendem Eukalyptus stammen, wird aber vom hesperidischen Bergamotte-Mandarine-Zitrone-Bitterorangengespann britzelnd serviert und lässt dauerhaft metallische Spitzen aufsteigen, die den dunkel-warm-weichen Teppich tänzelnd durchbrechen.

Malachitgrau ist ein warmes, weiches, kuscheliges Parfum, das einen einhüllt wie dicke Wolle. Wäre es eine Farbe (Was es für mich als Synästhetikerin unabwendbar ist), wäre dies ein tiefes Aubergine. Es ist dunkel und ernst, aber auch ein bisschen tröstlich. Und für mich eben mehr als alles andere extrem weihrauchig und sakral!
Gleichzeitig stets durchwirkt und aufheiternd emporgehoben von dem Netz aus feinen, gleißend hellgelben Frischespritzern.
Mineralisch? Ja, auch. Feuchter, grauer Kieselstein.

Müsste ich „Malachitgrau“ eine Jahreszeit verpassen, so wäre dies am ehesten der Herbst. Novemberduft. Aber auch noch im Winter tragbar. Gleichzeitig jedoch nicht so schwer/süß/laut, dass es sich für andere Jahreszeiten gänzlich verböte.

Wald bekomme ich hier nicht, anders als viele MitrezensentInnen. Für mich als großer Waldduft-Fan ist dies kein Waldduft - eine Zeder macht noch keinen Forst! ;) Interessant, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen sind.

Meine Assoziation ist eher: Vor dem Kamin, eingekuschelt, ruhig, friedlich, Rotwein.
(Ok, evtl. Pater Ralph auf dem Bärenfell dazu)

Erstaunlich und ausgesprochen gut gelungen finde ich, wie sich die Noten der Pyramide hier gleichberechtigt und dauerhaft miteinander verweben. Ja, die Basisnoten tragen das Parfum und sind da - aber auch Kardamom, auch Zitrone und Pfeffer, auch die ganz leicht durchpudernde Iris! Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Als „Freshie“ liebe ich den anhaltenden Frische-Aspekt in all‘ der Beichtstuhl-Litanei.

Das Parfum scheint mir gut tragbar für den Job. Die Sillage und Haltbarkeit erlebe ich beide //UPDATE/EDIT: als gut// (mehr H! als S), dies ist aber dem Kreateur zufolge auch so gewünscht und entspricht seinem Stil & seiner Handschrift. Ich stimme zu, dass dieses Maß an Performance und etwas dezenterer „Außenwirkung“ zu diesem Duft passt.

„Malachitgrau“ hat für mich eine Nuance, die sich wie Vorfreude im Magen anfühlt und über die warmweiche Violettheit hinwegprickelt, dazu einen Anflug leichter Rauchigkeit. Für den edleren, klassischeren Anlass geeignet. Sehr sophisticated.
Unwiderstehlich finde ich auch die gleichzeitige Anwesenheit einer Prickelfrische auf warm-ambrierter Basis - für mich der absolute Rattenfänger.
Was noch kurz, wenngleich entfernt, im Dufterinnerungszentrum vorbeiwabert: Ein Ideechen Encre Noire Eau de Toilette . Hier mit Frische serviert.

Ist das jetzt ein rein maskuliner Duft? Jungs, ist mir egal, ich trage Euer Zeug. Dies ist weder ein reines Rasierwasser noch rein herbe Kräuterkratzigkeit. Die Damen, lasst ihn mal etwas runtertrocknen - bevor ihr kopfschüttelnd und mundwinkelverziehend die angereichte Soutane verwerft. ;)
Als „Blind-Überraschungsgeschenk“ für die Liebste möchte ich „Malachitgrau“ dennoch nicht empfehlen.

Gut gemacht, Herr Fuhs. Wenn ich mich hinsichtlich der nicht schreienden (aber auch ganz sicher nicht schlechten! Nur nicht am Pegel befindlichen) H/S (Ich hab’ ganz gerne etwas „Wumms“) noch überzeugen kann, wird aus der Abfüllung sehr wahrscheinlich ein Flacon.

UPDATE 15.09.22: Pater Ralph ist eingezogen. Performance ist mit gescheitem Sprüh aus dem 50ml-Fläschle einwandfrei. Flacon auch genau mein Ding - schlicht, clean, minimalistisch und gefällig!
7 Antworten
SchoeibksrSchoeibksr vor 3 Jahren
OKAY, DU HAST MICH. Es wird Zeit für das Sample-Set. Patchouli & Eichenmoos scheinen doch nicht meinen Abwehrmechanismus nach dieser Rezension zu aktivieren. DANKESCHÖN.
FrauKirscheFrauKirsche vor 3 Jahren
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...der war mein grauer Favorit :-)
BlueskyFreshBlueskyFresh vor 3 Jahren
Ich fürchte, ich muss ihn haben! ;) Der Bestellfinger zuckt schon.
MoritzchenMoritzchen vor 3 Jahren
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Das hört sich wunderbar an. Als Weihrauch- Liebhaberin werde ich ihn mal in meine Wunschliste aufnehmen. Schöne Erinnerungen an alte Fernseher- Filme.
BlueskyFreshBlueskyFresh vor 3 Jahren
Ich hoffe, Du findest ihn so weihrauchig wie ich.
PollitaPollita vor 3 Jahren
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Der war auch toll! Ich mag die alle. 🥰
BlueskyFreshBlueskyFresh vor 3 Jahren
Korrektur: Der Opalgrau war‘s! Der mich nicht so umhaute. Quarzi folgt noch.