Eaux de Parfum Remarquables

Valparaiso 2018

YellaYella
14.08.2022 - 10:11 Uhr
6
Sehr hilfreiche Rezension
9
Preis
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft

Von Beuteschemata und tatsächlich Liebe

Wie so oft anno 2021 war Valparaiso ein Blindkauf. Diese schwarzen Le Couvent Apothekerfläschchen hatten es mir alleine schon von ihrer Haptik und Optik angetan und die Marketinggeschichte mit den klösterlichen Botanikern von anno dazumal war zumindest gut erzählt. Zudem: Ellena! Einer meiner liebsten Parfumeure. Et voila, alle Ingredienzien für ein Herantesten an die Marke waren gegeben.

Der Einstieg war mit Porto Bello allerdings ein kapitaler Rohrkrepierer, überhaupt nicht mein Ding trotz Weihrauch, den ich fast immer mag. Wurde sofort weitergetauscht. Egal. Next. Valparaiso gab es damals zu verrückten 40 Euro für 100ml aus zweiter Hand, irgendein lähmender Lockdown war mit Sicherheit hier in Österreich und ich war neugierig. Dann kam er an, dieser wuchtige Flakon mit dem sechseckigen, wunderschön geprägten Deckel und ich war vom ersten Moment an..ja, was? Elektrisiert, verzaubert, fasziniert? Ich konnte meine Begeisterung nicht wirklich einordnen, sprich: die Ursache dafür, auch, weil der Duft eigentlich nicht meinem damaligen Beuteschema entsprach. Eigentlich..Zudem ich die einzelnen Duftnoten ohnehin nicht wirklich herausriechen konnte (bis heute bilde ich mir felsenfest ein, dass da Lavendel inklusive ist). Damit tue ich mir aber nach wie vor schwer. Diese Definieren von einzelnen Bestandteilen. Abgespeichert hatte ich ihn in meinem Kopf außerdem als tiefsinnigen Aquaten, warum auch immer. Was meine Duftwahrnehmung noch einmal beeinflusst hat.

Der Duft startet jedenfalls mit einem würzigen Kopfnotenkino vom Feinsten, Kardamom und sehr schnell und unvermittelt auftauchender Myrrhe. Der Weihrauch dreht diesen starken Auftritt sehr schnell in ruhigere Gefilde und macht das Ganze etwas schwerer, gediegener, wiewohl Valparaiso nie in die sakrale Ecke abdriftet. Das gesamte Duftkonstrukt ist als leichtes, schwebendes und ruhiges Etwas konzipiert, würde ich sagen. Im Drydown macht sich noch einmal viel Süße breit, die auch bleibt. Gleichzeitig wird der Dufteindruck wohl durch Zeder und Co., die hier das Zepter schwingen, ein deutlich luftigerer als zuvor und je nach Tagesverfassung auch ein grüner welcher. Ich denke, das ist auch das Faszinosum an diesem Duft: Er ist wandelbar, komplex &vielfältig und behält doch seinen stringenten Auftritt bei, Hauptthema: Gewürze. Ein absoluter Unisex-Kandidat, den ich auch total gerne an einem Mann riechen würde.

Für mich jedenfalls ein höchstpersönliches Lehrstück in Sachen Beuteschema und darüber, was ich dachte zu mögen und was ich tatsächlich mag. Den hier mag ich extrem gerne, unverhoffte Liebe. Und ich wünsch ihm viele neugierige Menschen. (Der nächste Le Couvent Kandidat wurde dann übrigens Anori. Eine absolute Schönheit.)
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