Batavia Oud 2023

Version von 2023
Ropanski2020
17.12.2023 - 16:47 Uhr
17
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft

Spuren des Unparfümigen

Batavia - so wurde im 17. Jahrhundert das Hauptquartier der niederländischen Ostindien-Kompanie an der Nordwestküste der Insel Java bezeichnet, heutzutage wohl eher unter dem Namen Jakarta bekannt, Hauptstadt und (noch) Regierungssitz der Republik Indonesien.

Einen Duft auf diese Weise namentlich zu verorten, ist für ein kleines indonesisches Label mit Sitz in der Region Yogyakarta dann schon irgendwie bemerkenswert, wenngleich der Name bis weit ins vorkoloniale Zeitalter zurückreicht.

Batavia Oud entsprang ursprünglich der Idee, ein natürliches Haarserum zu veröffentlichen. Schließlich verwarf man die Idee und ging dazu über, ein Parfüm zu kreieren, das die holzige DNA des Serums olfaktorisch umschloss, die noch junge Parfüm-Marke UCCA hatte ihr Signature. Der Wandel von einem natürlichen Pflegeprodukt hin zum Parfüm ist nicht nur von historischem Interesse: An den Bruchstellen einer solchen Transformation treten zugleich auch die Grenzen und Spielräume einer neu gegründeten Marke sichtbar hervor - im Ergebnis ein imposantes Zeugnis andersartiger Parfümeurskunst, wie sich alsbald herausstellen sollte.

Auf den ersten Blick erstaunlich ist die Art und Weise, in der die Parfümeurin (Jaka Umbaran) hier eine fast schon archaische (Holz)-Kruste kunstvoll aufzubrechen sucht, um den Sud spektral auslaufen zu lassen. Machen wir uns nichts vor: Batavia Oud riecht nach Holz; nach leicht befallendem, frisch aufgeschlagenen, zugleich aber auch nach altem, nassen, verwitterten, bereits toten und/ oder verarbeitetem Holz. Als eine Art Monokultur, auf längst sedimentierten Holzschnitten gereift, wird wenig Spiel für anderweitige Zwischentöne geboten. Geschulte Nasen erkennen allenfalls Einsprengsel, fest im Holz eingelassen bzw. verankert, wie Beschläge, sozusagen als verbindende Elemente, die der urtümlichen Maserung ergänzend sind.

Zimt und Leder sind beigemengt, aber nur konturierende Erfüllungsgehilfen im Wechselspiel der Holznoten und unterstreichen deren Nachreifungsprozess. Das Sandelholz ist hoch konzentriert und vaporisiert würzig-warm, verstärkt durch die Ceylon-Zimt-Infusion wirkt es fast schon nussig bis kokosartig-gourmandig. Alles ist sowohl eingebettet in als auch gezeichnet durch die Trockenheit der Zeder, die mit zunehmender Dauer schwerölartige Nuancen entfaltet, wobei unklar bleibt, bis zu welchem Grad hier das verwendete (Plantagen-)Oud als Vermittler oder Zuarbeiter fungiert. Zumindest ergänzen sich die Noten vortrefflich, gehen ineinander über - das sollte reichen, sagt aber auch nicht viel über die Qualität der ausgewählten Oud-Sorten aus, was der Vollständigkeit halber anzumerken sei.

Es ist prinzipiell schwer, Unbedarften ein Bild von einer markentypischen DNA zu vermitteln, noch schwerer, ihnen Mut zuzusprechen, aus ihrer Komfortzone auszubrechen, um sie davon zu überzeugen, es auf einen Versuch ankommen zu lassen, da es andere (spannendere) Wege zu beschreiten gibt. Jaka Umbaran hat einen Sinn für das Spezielle und versucht nicht, das Ewiggleiche zu teilen. Zu gerne bebildert sie reduzierte Sphären des Natürlichen mit Hang zur unverhohlenen Schroffheit, um sie besänftigend ausklingen zu lassen. Auf ausgetretenen Pfaden zu verweilen, ist ihr nahezu fremd (den Cologne du Bois ausgeklammert).

Batavia Oud steht die Natürlichkeit seiner ursprünglichen Idee gut zu Gesicht, auch ohne erkauftes "Bio-Siegel-Gedöns". Dem Flakon entrinnt gewissermaßen die scharfkantige Finesse entgleister Artisan-Kunst in außerordentlicher Weise, ist schroff bis aneckend, flankiert durch synthetische Enthaltsamkeit. All das trägt mit dazu bei, eine unvertraute Ebene kunstvoll zu verblenden, die ebenso wüst und unbefleckt wie reduziert und wichtig zugleich ist.

Es hat etwas erdend-beruhigendes an sich, etwas (be)rührend-archaisches, was unter der ledernen Flakon-Kappe verborgen liegt. Etwas, was nicht geliebt und doch verstanden werden will - es ist schlicht: Batavia.
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