L'Homme Idéal 2014 Eau de Toilette

Profumo
24.09.2014 - 17:28 Uhr
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Top Rezension
3
Duft

Leute, kauft diese Kopie einer Kopie, massenhaft!

Vermutlich jeder, der sich als Liebhaber der allseits bekannten Guerlain-Klassiker bezeichnet, dürfte mit diesem Duft seine Schwierigkeiten haben: wo ist die allen gemeinsame DNA, die sogenannte „Guerlinade“, wo ist die für dieses Haus so typische Raffinesse und Eleganz, die bisher noch (fast) jeden Duft, der den Namen Guerlain trug, zu einem besonderen Erlebnis machte? Und wie verträgt er sich mit dem von Jean-Paul Guerlain formulierten Anspruch, Guerlain sei der Rolls-Royce unter den Parfum-Häusern?
Tja.
Von „Guerlinade“ keine Spur und Eleganz und Raffinesse: Fehlanzeige. Dieses unfassbar süße Mandel-Marzipan-Amaretto-Konfekt ist davon meilenweit entfernt.

22 Jahre nach Thierry Muglers „Angel“ und 18 Jahre nach „A*Men“ diesen Klon?
Ist das wirklich ihr Ernst, Monsieur Wasser?

Auf einen schon fahrenden Zug aufzuspringen ist mutig, einem abgefahrenen hinterher zu laufen dumm.
Aber Guerlain ist nicht dumm. Guerlain tut nur etwas, was es schon immer getan hat, nämlich einen Trend, hat er sich einmal als erfolgreich und ausdauernd erwiesen, aufzugreifen, um zu zeigen, dass man es besser kann als die Konkurrenz.
Aber diesmal ist das Haus arg spät dran. Zu spät nach meiner Ansicht. Mit „L’Instant p.H.“ hat man schon einmal mit einigem Erfolg auf die Gourmand-Karte gesetzt, aber dass man diese Jahre später erneut ausspielt, hat schon etwas Anachronistisches.
Dabei könnte ich mir sogar vorstellen, dass Guerlain mit „L´Homme Idéal“ Erfolg haben wird. Gourmand-Düfte sind nach all den Jahren, die mit den Mugler-Düften schon ins Land gegangen sind, immer noch „in“. Der Trend ist zäh, sehr zäh sogar. Der Wunsch vor allem der jüngsten Konsumenten nach Zuckerwatte und gebrannten Mandeln zu riechen scheint ungebrochen.
Diesen Wunsch erfüllt „L´Homme Idéal“ richtig gut. Einige Hölzer im Fond geben ihm zwar auch eine trockenere, noblere Seite, aber im großen und ganzen ist er ein arg dickflüssig dahin fließendes, honigartiges Gebräu, das den Begriff „Süß“ ziemlich facettenreich durchdekliniert.

Ansonsten gibt es über diesen Duft nicht viel zu sagen, außer dass er sich kaum entwickelt, dafür aber recht haltbar ist – vermutlich genau das, was der junge oder jugendliche Konsument heutzutage von einem Duft erwartet.
Komplexe Düfte à la „Mitsouko“ oder „Derby“ sind da viel zu anstrengend. „L´Homme Idéal“ aber strengt nicht an. Kaum aufgesprüht entfaltet der Duft sein nicht besonders vielschichtiges Aroma, verharrt in moderater Abstrahlung und ohne sich auch nur ein Quentchen zu verändern. Stunden später kommen dann zwar die besagten Hölzer besser zur Geltung, aber letztlich nicht in dem Maße, dass man von einer entscheidenden Wende im Duftverlauf sprechen könnte.

So klingt ein Duft aus, der Null Innovation bietet, der eine Kopie der Kopie der Kopie ist und den ich vor wenigen Jahren unmöglich von Guerlain erwartet hätte.
Aber was soll´s.
Leute, kauft diesen Duft massenhaft!
Lasst die Guerlain´schen Kassen klingeln, dass es eine wahre Freude ist!
Ich werd´s ertragen.
Auch „A*Men“ habe ich ertragen, jahrelang.
Denn nur so, leider nur so, werden meine geliebten Oldies ihr bescheidenes Plätzchen im Katalog behalten. Nur wenn die Cash-Cows an der Front ordentlich Konsumenten-Knete einbringen, bleibt für Ladenhüter wie „L´Âme d´un Héros“ die Existenz gesichert.
So ist das.
Da hilft alles Lamentieren über die Scheußlichkeiten dieses Duftes nichts.
Kauft ihn, tragt ihn, aber lasst mich mit ihm in Ruhe.
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