Grey Vetiver 2014 Eau de Toilette

MrWhite
30.11.2014 - 11:56 Uhr
15
Top Rezension
6
Duft

Vetiverwochen

Ich bin eigentlich kein großer Vetiver-Fan und schon gar nicht Kenner in diesem Bereich, dennoch bin ich schon seit Wochen auf der Suche nach einem Vetiver-Duft, um ihn in meine Sammlung zu überführen. Diese herb-grüne Note hat es mir mittlerweile nämlich dann doch etwas angetan und steht in meinen Augen ganz klar für männliche Eleganz. Sowas kann man doch immer brauchen. Im Prinzip könnte ich mich zwar mit meinem "Terre d'Hermes"-Flakon und vor allem meiner "Encre Noire"-Abfüllung begnügen, aber der erste ist kein richtiger Vetiver für mich und der Lalique vielleicht doch etwas zu dunkel nach meinem Geschmack, obwohl sonst äußerst überzeugend.

Da man ja aber Perfektionist ist, begann also die Suche. Einschränken wollte ich allerdings nur auf die berühmtesten und bekanntesten Vertreter. Vetiver-Großmeister Yatagan macht mit seinen hervorragenden Kommentaren natürlich schon bisschen neugierig auch auf die selteneren Vertreter dieser Duftrichtung, aber in diesem Fall sollte es wirklich etwas "gängiges" sein. Als großer Tom Ford-Fan begann die Suche natürlich mit dem "Grey Vetiver EDP". Und für das war eigentlich auch schon direkt nach dem ersten Test die Kaufentscheidung gefallen. Tom Ford-Düfte sind sexy! Ohnesgleichen anziehend! In seinen Düften muss wirklich ein verbotener (Lock)-Stoff sein, egal ob Signature- oder Private Blend-Reihe. Aber ich mache es mir meistens lieber etwas schwerer und suchte somit trotzdem weiter. Auch weil ich das Vetiver-Thema so interessant fand und es nicht direkt nach dem ersten Test enden lassen wollte.

Enttäuschend war z.B. der Itasca-Vetiver von Lubin. Ich finde, der riecht einfach nicht angenehm. Leider auch nicht viel besser "Vettiveru" von Comme des Garcons. Mir auf bestimmte Art zu synthetisch und vor allem zu schwachbrüstig, aber wenigstens angenehm klassisch. Ebenso zu schwach und zu körperlos war mir "Vetiver Babylone" von Armani, finde ihn zwar schön aber langweilig. Richtig schlimm "Infusion de Vetiver" von Prada. Komische Seife halt, brauch ich nicht. "Vetiver Tonka" riecht wie ein angebranntes Karamellbonbon, heiliger Bimbam ist das ein unangenehmer Gourmand! Da kenne und habe ich zig bessere. "Vetiver Extraordinaire" wäre vielleicht noch ein Kandidat gewesen. Ist mir aber irgendwie zu künstlerisch anspruchsvoll und zu wenig ein Vetiver, so wie ich ihn suche. Aber großartig umgesetzt und vermutlich objektiv gesehen der beste und edelste Duft unter allen genannten in diesem Kommentar, unbedingt testen!

Neben dem Tom Ford gefiel mir aber dann doch noch einer extrem gut, und zwar der "Vetiver" von Dior. Das ist für mich ein ganz großes Meisterwerk und von dem besorge ich mir auf jeden Fall Abfüllungen oder einen Flakon, falls ich noch irgendwo einen finden sollte. Ein einzigartiger Duft und Liebe auf den ersten Riecher. Kurz erwähnen möchte ich an dieser Stelle noch "Original Vetiver" von Creed bzw. seinen Pseudo-Duftzwilling "Mugler Cologne". In beiden nicht viel Vetiver drin aber der Creed duftet gut und frisch, der Mugler leider nach Plastik, welch Reinfall! Der Ehrenpreis geht übrigens an das superedle und mir zu teure "Sycomore" von Chanel. Das ist Luxus, das hat Stil!

Also das "Grey Vetiver EDP" schon fest eingeplant, als dann völlig unerwartet die Ankündigung zum EDT kam. Den musste ich natürlich vorher testen. Und nun war es dann endlich soweit. Der Beginn ist sehr zitrisch, sehr saftig und zudem sehr sauer. Alles wie eine echte Zitrone, die gerade frisch aufgeschnitten wurde. Das gefällt mir wirklich gut. Und es bleibt erst mal so, von Vetiver keine Spur. Da dachte ich mir noch, OK du hast jetzt zwar keinen Vetiver gefunden aber dafür einen hervorragenden, frischen Zitrus-Sommerduft. In dieser Phase fühle ich mich sehr an die Colonias von Acqua di Parma erinnert, nur moderner, anziehender und luxuriöser. Auf jeden Fall mehr Dynamik ausstrahlend und nicht so behäbig wie diese trotzdem sehr guten Klassiker. Doch nach 20 bis 30 Minuten wird die Vetivernote dann plötzlich doch immer stärker und die Zitrone verschwindet immer mehr. Das EDT gleicht sich immer mehr dem EDP an, es wird immer dunkler und grüner. Die Vetivernote ist fast dieselbe wie beim EDP und genauso seifig und sauber, aber natürlich ist es nicht die Kernseife von Prada, sondern eine feine Edelseife aus dem Fachgeschäft.

Insgesamt ein guter bis sehr guter Duft und dem EDP ebenbürtig mit einem interessanteren Start als Bonus. Ich wüsste somit nicht wirklich, welche Konzentration ich lieber nehmen sollte, vermutlich das EDT aufgrund der herrlichen Zitrone, die aber nach 30 Minuten völlig und restlos verschwindet und dann einen dem EDP sehr ähnlichen Duft zurücklässt. Apropos EDP, das EDT ist tatsächlich noch schwächer und ich habe Probleme, es überhaupt wahrzunehmen, wenn ich nicht mit der Nase an die Hand gehe. Das EDP hat in diesem Punkt leichte Vorteile, ist mir aber eigentlich auch viel zu schwach.

Der Twist an der Geschichte:
Während dieser Testphase (den einen oder anderen Duft habe ich jetzt vermutlich ausgelassen, da für mich belanglos), begegnete ich natürlich auch wieder "Guerlain Vetiver" und "Guerlain Vetiver Extreme". Früher nicht gerade meine Lieblingsdüfte, ganz gelinde gesagt. Aber seit den vergangenen Vetiverwochen und den durchgeführten Vergleichen habe ich nun einen anderen Eindruck. Sogar einen völlig anderen. Mit "Guerlain Vetiver" beginnt alles. Ohne "Guerlain Vetiver" existiert nichts. "Guerlain Vetiver" ist der Ursprung, der Maßstab, der Sinn. Da muss man erst drauf kommen, aber dann ist es auf einmal glasklar und die ganze Testmühe war eigentlich nur dazu gut, "Guerlain Vetiver" endlich zu verstehen und alle Nachfolger als Nachahmer zu identifizieren. Somit bleiben auch die sexy Tom Fords ausnahmsweise mal im Regal liegen und der normale Guerlain wird bei mir einziehen neben dem Dior...
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