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vor 11 Jahren - 31.07.2013
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Der Duft und das Denken

Die Sprache beeinflusst unser Denken. Das merkt etwa, wer versucht sich Worte wie Putzmann ins Hirn zu stecken. Und das Denken beeinflusst unsere Sprache, bewusst wie unbewusst. Die Beschäftigung mit einer Sache beeinflusst wiederum unser Denken. Bei Parfumo nun beschäftigen sich die Verrückten Mitglieder mit Parfum, und zwar sehr intensiv. So intensiv, dass zwangsläufig Dinge in unserem Gehirn passieren, die unser Denken verändern. Eine Neurobiologin sagte letztens zu mir: "Wenn zwei Zellen in unseren Gehirn gleichzeitig aktiv sind, lernen wir." Das ist natürlich eine grobe Vereinfachung, stimmt aber im Prinzip. Wir lernen durch die Beschäftigung mit einem Thema, sammeln Erfahrungen, riechen, katalogisieren, kategorisieren, ordnen und erfassen eine neue Welt. Gleichzeitig verdrahten sich die Zellen in unserem Gehirn neu. Was früher neu und unbekannt war, ist nun Teil unseres ganz alltäglichen Denkens. Es findet Eingang in unsere Sprache. Und nicht nur in die bewussten Äußerungen, die sich um mit Fachjargon gespickten zu Themen wie Sillage drehen. Auch das Unbewusste erlebt diese Veränderung. Von Duftträumen wird berichtet. Und die Sprache selbst verändert sich in der Folge. Wer aufmerksam liest, findet es im Forum wieder. 

So finde ich fast alle Düfte aus dem Hause XY nicht schön, die ich nicht selbst besitze. (Ich habe dieses Zitat leicht anonymisier, und der Verfasser des Originalbeitrags nimmt es mir hoffentlich nicht übel, dass ich diesen ausgewählt habe.)

Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - oder halt im Ohr. Meine akademische Ausbildung umfasste zwar nur etwa zwei Stunden Psycholinguistik, aber selbst ich merke, dass da ein Parfumsuchtmuster das Denken übernommen hat. Der Versuch, sprachlich das eigene Urteilsvermögen in den Bereich des Normalen zu biegen, erfolgt hier geradezu symptomatisch über die doppelte Verneinung. Der Satz demonstriert die Fähigkeit, sich einen Duft nicht zu kaufen. Statt der Normalität, sich ein Parfum zu kaufen, das einem gefällt, wird hier die Selbstbeschränkung betont, sich kein Parfum zu kaufen, das einem nicht gefällt, was in einem funktionierenden Bewertungssystem eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Für einen Parfumo hingegen ist es kein Ding der Unmöglichkeit, sich ein Parfum zu kaufen, das man nicht mag. Etwa, weil es ein gutes Parfum ist, die Sammlung vervollständigt, als Referenz dient oder ein Schnäppchen war. Wer oben zitierten Satz auch dann noch völlig normal findet, wenn man die doppelte Verneinung beseitigt, kann das als Beleg sehen, dass die Verschmelzung mit der Parfumleidenschaft nahezu vollständig ist. 

So besitze ich alle Düfte von XY, die mir gefallen.

Ja, was denn sonst?

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