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Baux Arts
vor 4 Jahren - 09.09.2020
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Braucht man eigentlich Parfum?

Während die meisten potenziellen Leser dieses Blogs die Frage wahrscheinlich mit einem kurzen Wort aus zwei Buchstaben beantworten können, bin ich der Meinung, die großen Rätsel des Lebens verdienen ein wenig mehr Raum. Braucht man also Parfum?

Tatsächlich: wahrscheinlich ja. Anders wäre die Allgegenwärtigkeit von Duftstoffen schwer zu rechtfertigen. Die gezielte Nasenmanipulation drängt sich überall auf, wo Konsumenten überzeugt werden sollen. Das gilt für Hemden wie für deren Träger. Gut zu riechen ist Verkaufsargument und Grundbedürfnis gleichzeitig. Doch dafür reicht schon Wasser und Seife. Parfum hingegen ist eine der Erfolgreichsten Luxusverschiebungen überhaupt. Kann man für Luxusbenzin vielleicht 4ct mehr den Liter verlangen, für handbemachtes Sauerteigbiobrot vielleicht das Doppelte, klafft zwischen Deo und Duft gern eine Spanne von 10000 Prozent und auch zwischen Bruno Banani und Amouage liegen Wochengehälter. Man muss also gut riechen, aber brauch man Parfum?

An dieser Stelle wird sich die ein oder andere fragen, ob es überhaupt derlei sinnloser Mittwochabendbetrachtungen braucht, denn entweder ist die Frage doch relativ belanglos oder sie ist so wichtig, dass man ganz exakt 42 Flakon sein Eigen nennen sollte. Mir hat sich die Frage gestellt, als sich meine E-Mail-Benachrichtigungen mit den Mitteilungen verwirrter Parfumo-Mitglieder häuften, denen der Algorithmus einen sieben Jahre alten Text zu Eau de Cologne auf die Startseite gehievt hatte. Die sechs Jahre davor hatte ich ohne Duftstreifen, Probendöschen und Pinnwandkuscheln hinbekommen. Braucht man also vielleicht doch kein Parfum?

Doch, ja, aber nicht viele. Parfum gehört in jene Bereiche des Lebens, die von den Phasen der eigenen Entwicklung geprägt sind. Der Entdeckung, dass da etwas ist, folgen die unbeholfenen Versuche, etwas passendes zu finden, und die Erkenntnis, dass da zu viel zu Spannendes ist, um sich frühzeitig festzulegen. Parfumo ist in dieser Zeit wie eine Art Flakon-Tinder und jede Probe eine Verheißung. Auch das geht vorbei. Während Singles lange Jahre jedes Wochenende herbeisehnen, um auf die nötigen acht Umarmungen am Tag zu kommen, müssen sie sich bald zu jedem Date aufraffen. Jede Frau mit einem Instagram-Account leidet irgendwann unter fuckboy fatigue. Und jede Nase unter der Illusion, noch überrascht werden zu können.

Braucht man also Parfum? Ja, aber nur die, die zu einem passen. Das ist aber eine persönliche Entscheidung, ihr könnt machen, was ihr wollt. Ich hab das für mich geklärt: Parfums, Frauen. Zwei reichen.

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