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Das Trauma der Tanzstunde....

Das Trauma der Tanzstunde....

(Diese kleine Rezension habe ich schon früher -in gekürzter Version- bei dem entsprechenden Duft gepostet. Hier nun die lange Version, die als Rezension sicherlich (berechtigt) abgelehnt worden wäre.)

1983…..Tanzschule L…. in Hamburg…..
Ok…jetzt wird es erst einmal etwas fies; und ich distanziere mich auch schon gleich wieder von folgendem Diskurs, der nur als Background für meine unbedeutende DRAKKAR NOIR – Story dient.
Sie hieß Martina; und sie war die Letzte die übrig blieb, als die „Männer“ (alle zwischen 13 und 15 Jahren alt) während der ersten Tanzstunde die „Damen“ auffordern sollten/durften. Schüchtern, wie ich war/bin, ging ich langsamen Schrittes auf die lange Reihe der in Rüschenblusen und Faltenröcken aufgeregt wartenden Mädels zu. Links und rechts sausten andere „Männer“ eiligst an mir vorbei und sicherten sich die begehrtesten “ Stücke„ dieser antiquierten Werbeshow pubertierender Menschen. Als ich dann das rettende Ufer, nach gefühlten Stunden unruhiger Wanderschaft, erreichte, war niemand mehr übrig….na ja…das stimmt nicht ganz…Martina war übrig. Mit ihren gut 180 Zentimetern an Körperlänge und der Körperform eines mit Styroporkügelchen gefüllten 80er Jahre Sitzkissens, einem kleinen Damenbärtchen, behaarten Beinchen und einem (nicht so dezenten) Unterbiss, entsprach sie – damals wie heute – nicht ganz dem gängigen Schönheitsideal. Nicht, dass ich mit meinen, damals 1.70m und gestiefelt in Kroko-Imitat –Stiefeletten, auch nur ansatzweise das Bild eines jugendlichen Adonis abgegeben hätte; aber trotzdem hatte ich mir meine erste Tanzpartnerin doch irgendwie anders vorgestellt. Dennoch verbeugte ich mich freundlich, stellte mich vor: „Hallo ich bin Marc“, und guckte aufwärts in zwei hellblaue Augen hinter einer Hornbrille. „Du riechst so gut“, kam es mir entgegen…..Name? Bis dahin erstmal Fehlanzeige. Es ging los. Wir sollten den Grundschritt des „Langsamen Walzers“ erlernen, der sich dann allerdings als „sehr schnell“ herausstellte. „Vor, seit, schluss! Rück, seit, schluss“, soufflierte die geduldige Tanzlehrerin den wenig talentierten Eleven entgegen.
Ich war schon damals sehr selbstkritisch und musste schnell feststellen, dass ich so ziemlich der größte Dummi im Raum war. „Links“ war irgendwie immer „Rechts“ und im Spiegel sah meine Haltung aus, als ob ich einem Genexperiment entsprungen wäre, bei dem es erfolgreich gelang, einen Zombie mit Quasimodo zu kreuzen.
Ferner war meine Interpretation des Dreivierteltaktes die reine Willkür und ich hatte schon zur Pause –nach 45 Minuten –gar keine Lust mehr. Und meine Partnerin? Sie bewegte sich zwar mit der geschmeidigen Eleganz eines Chewbaccas, konnte aber wenigstens ihre Schritte. Schweißüberströmt konnte ich mich aber auf den umwerfenden Duft meines Parfüms verlassen. Eine Performance, die ich mir gerne von mir selber gewünscht hätte. Stark, selbstbewusst und frisch! Auf einmal kam mir das große Mädchen wieder gefährlich nah. „Darf ich an Dir riechen?“ OK…die Situation schien mir jetzt vollends zu entgleiten, da ich erkannte, dass sie in einem Ringkampf sicherlich obsiegen würde. Warum musste die „Omma“ mir auch diesen Tanzkurs zu Weihnachten schenken…dachte ich, und sah vor meinem geistigen Auge meinen damals besten Freund Arne, mit seiner geschenkten ATARI-Spielekonsole, vor dem Fernseher sitzen.
Der Discofox, im zweiten Teil des Unterrichts, machte es auch nicht besser. Zwar wurde die Musik gefälliger, meine Fähigkeit derer Interpretation allerdings nicht.
Erst nachdem wir uns gegenseitig gut 90 Minuten auf die Füße getreten waren, stellte sie sich als Martina vor und sie offenbarte mir, dass sie den Kurs schon zum dritten Mal machte. Das erklärte mir zumindest einiges und es machte sie sogar sympathisch.
Und -das war jetzt quasi der „Running-Gag“- jedes Mal, wenn wir uns in den nächsten Wochen über den Weg liefen, sagte sie wiederum zu mir, dass ich gut rieche. Insofern war sie die erste Frau, die mir ein Kompliment für einen Duft machte. Und das rechne ich Martina bis heute auch ganz hoch an!
Aber was war es, was dieses Wesen derart betörte…richtig: DRAKKAR NOIR! Eine zitrische Würze verlieh auch jedem noch so pickeligem Jüngling den Hauch eines Minimachos mit Schulterpolstern.
Eine Komposition, bei der eigentlich für jeden etwas dabei ist. Eine kantig-frische Eröffnung mit leichtem Hang zur Bissigkeit sorgt zunächst für Anerkennung. Blumige Noten im Herz bringen uns eine harmlose Lieblichkeit näher, die sich allerdings schon nach gut 2 Stunden komplett verflüchtigt. Was bleibt, ist die etwas herbe aber immer coole Pseudo-Attitude eines Sonny Crockett mit Eichenmoos, Holz und Leder-Vibes. Zeitlos…zumindest für mich…. Für andere sicherlich outdated und absolut überflüssig in der heutigen, wesentlich üppigeren Duftwelt.
Damals nahm ich den Duft stärker wahr, als heute. Es hat sicherlich einige Reformulierungen in den letzten 40 Jahren gegeben, doch erinnert sich mein olfaktorisches Gedächtnis sofort an meine ruhmreiche Tanzschulzeit. Die Sillage hat auch etwas gelitten, dennoch lege ich ihn auch heute noch manchmal auf und fühle mich wieder richtig jung…..

Aktualisiert am 06.09.2023 - 08:15 Uhr
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