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Der Parfüm-Status-Boost

Der Parfüm-Status-Boost

Ach ja, diese Werbung & diese Influencer.... Wie bei vielen Produkten wird uns suggeriert, dass wir bei der Benutzung/des Erwerbs eines bestimmten Produktes einer bestimmten Brand auch ein bestimmtes  Lebensgefühl miterwerben. Unser allerliebster Top-Content-Creator spricht -bezogen auf Parfums-  hier von einem Status-Boost.  Dies ruft eine neue Spezies hervor, auf die die Evolution bis ins 21 Jahrhundert warten musste: Den Parfum-Flexer!

Es gibt hier nur ein Problem:
Im Gegensatz zu vielen anderen Luxusartikeln, die- aufgrund ihrer Beschaffenheit, visuellen Wahrnehmung und Nutzbarkeit,  schon wesentlich plakativer daherkommen, kann ich den reinen Statusanspruch hier allerdings nur bedingt präsentieren. Ich erzähle zwar allen Menschen im Büro und im (seltsamer Weise) immer kleiner werdenden Freundeskreis was ich auflege und dafür bezahlt habe, aber irgendwie mangelt es mir an geeigneter Außenwirkung.
Sicherlich komme ich mir wahnsinnig erhaben vor, wenn ich ´mal eben für ein 500€-Wässerchen die Karte durchziehe und dabei den anderen Leuten -in der Schlange hinter mir- bedeutungsschwanger in die Augen gucke ….aber danach?

Im Gegensatz zu einem Ritt in meinem Porsche durch die verkehrsberuhigte Zone der Hamburger Innenstadt (mindestens 10x muss ich um die Ecken der kleinen Straßen im Bereich des Jungfernstiegs schleichen) oder dem Schaulaufen meiner Gattin mit einer ihrer „Birkin-Bags“, friste ich auf der anderen Seite in meiner Rolle als „Parfum-Flexer“ ein recht bedeutungsloses Dasein.
Das muss doch anders gehen. Warum kaufe ich mir denn Düfte für den Preis einer Monatsmiete, wenn es niemand mitbekommt? Da kam mir eine Idee…Schließlich lasse ich auch die orangefarbenen Schilder an meinen Sneakers oder den silbernen Aufkleber auf meinen Basecaps.

So entschloss ich mich zu einer radikalen Maßnahme, um die Öffentlichkeit auf meine doch so stark geboosterte (ok…das klingt jetzt irgendwie nach einem Corona-Flexer) Parfumsammlerseele aufmerksam zu machen. Ich schnitt also die Logos der Brands & Düfte fein säuberlich mit einem Skalpell aus der Parfümverpackung. Auf die Rückseite meiner Gucci-Jacke ließ ich mir den Hinweis: Mein Duft des Tages aufsticken. Nun klebe ich täglich eines meiner Parfümschilder mit doppelseitigem Klebeband unter den genannten Hinweis; gut sichtbar und aufgrund des Hamburger Wetters natürlich laminiert.
Kommen mir auf der Straße gerade einmal viele Menschen entgegen, so scheue ich mich auch nicht, die nächsten 50 Meter rückwärts zu gehen. Ich ernte zwar manchmal für derartige Aktionen fragende Blicke oder touchiere dabei parkende Autos (habe eine kleine Schwäche, längere Strecken gerade gehen zu können)…aber ich werde von Tag zu Tag dabei besser.

Schon nach gut 2 Wochen fand ich Nachahmer. Am Anleger der Alsterschiffe nahm ich einen jungen Mann in einen offensichtlich gefälschten D&G-Mantel wahr; auf seinem Rücken bannte der Aufdruck „Kriet“!
Zart lächelnd drehte ich mich, so dass dieser Dulli meinen laminierten Xerjoff-Aufnäher sehen konnte. Ich genoss seinen neidischen Blick und zog tänzelnd von dannen. Ach was ist es schön, dass ich meine Leidenschaft nun mit der ganzen Welt teilen kann! Ich bin mir auch zu 100% sicher, dass es wirklich jeden interessiert….

Ein Kollege meinte doch allen Ernstes, dass er sich nur Düfte kauft, die er auch mag, und sich beim Tragen dadurch rundum wohl fühlt…. Was für ein Hirni!

Aktualisiert am 26.01.2024 - 10:19 Uhr
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