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vor 8 Monaten - 04.09.2023
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Ein Jahrzehnt auf der Suche: von innerer Leere, Signaturdüften und magischen Pilzreisen.

Ein Jahrzehnt auf der Suche: von innerer Leere, Signaturdüften und magischen Pilzreisen.

Vor exakt zehn Jahren begann ich, mich zu fragen, ob es sinnvoll wäre, einen Signaturduft zu besitzen. Ein Duft, der die Menschen an mich erinnert und gleichzeitig meine Persönlichkeit widerspiegelt. Ein paar Monate später, nach dem die Welt der Düfte mein Interesse geweckt hat, erstellte ich hier mein Parfumo-Account. Um ganz ehrlich zu sein, diese Suche nach dem einen Duft entsprang meiner inneren Leere, die ich mein Leben lang in mir trug. Ein Mangel an Aufmerksamkeit von den Menschen, die mich umgaben, und ein Versuch, dieses Loch in meiner Seele mit materiellen Dingen zu füllen. Diese materiellen Dinge umfassten von nun an auch Parfümflakons aus Nischen- und Designerkollektionen.

Obwohl ich zu dieser Zeit noch ein armer Student war, wusste ich, wie ich andere mit materiellen Gütern beeindrucken konnte, während ich auf wichtigere Dinge verzichtete, um mir diese teuren Luxusgüter leisten zu können. Es ging mir um Anerkennung, die mir verwehrt blieb, um Liebe, die ich vergeblich suchte, und um einen Platz in einer Gesellschaft, in der ich als Fremder aus einem anderen Land galt. Zwar sprach ich bereits akzentfrei Deutsch und sah europäisch aus, aber mein Vorname und vermutlich meine etwas andere Mentalität verrieten meine ausländische Herkunft. Besonders in der Liebe wollte es nicht wirklich klappen: während russischsprachige Frauen oft an mir interessiert waren, zeigten deutsche Frauen mir die kalte Schulter, sobald sie erfuhren, dass ich russischstämmig aus Kasachstan war. Selbst die Tatsache, dass meine Großmutter ihre Wurzel in dem Schwarzwald hatte, half mir in dieser Situation nicht weiter. 

Trotzdem versuchte ich unermüdlich mich in diese Gesellschaft zu integrieren und dabei ausgerechnet deutschstämmige Frauen zu beeindrucken und für mich zu gewinnen. Tatsächlich gelang es mir, eine Beziehung zu beginnen, die jedoch nach einigen Jahren aufgrund eines Seitensprungs meiner Partnerin zerbrach. Der schmerzhafte Ausgang dieser Beziehung stürzte mich in die bis dahin schlimmste Krise meines Lebens. Sie riss alte Kindheitswunden auf und verursachte mir Leiden, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte. 

In den nächsten Jahren versuchte ich verzweifelt, mich selbst zu heilen. Ich las zahlreiche Bücher über Persönlichkeitsentwicklung und die stoische Philosophie und verbrachte unzählige Stunden bei Psychotherapeuten in der Hoffnung, Antworten auf mein Leiden zu finden. Mir wurde erstmals bewusst, dass ich mich nirgendwo wirklich zuhause fühlte und mich nie wirklich akzeptiert und geliebt fühlte. All mein Streben nach teuren Dingen und Parfums war letztendlich nur ein Hilfeschrei nach Liebe und Akzeptanz in dieser Gesellschaft. Es war zwar schön, das Problem zu erkennen, doch das allein reichte nicht aus, um mich glücklicher zu machen, denn die Lösung fehlte. Ich versuchte weiterhin, meine innere Leere mit unnötig teuren Dingen und Parfumkäufen zu füllen. Dies funktionierte jedoch nur vorübergehend, da die innere Leere immer wieder auftauchte. Auch eine weitere Beziehung scheiterte, da sie nicht auf echter Liebe basierte, sondern nur ein Versuch war, die Leere zu überwinden.

Schließlich zog ich nach dem Studium in eine andere Stadt, 600 Kilometer entfernt von allem, was ich kannte, in der Hoffnung auf einen Neuanfang. Ich wollte mich neu erfinden, denn meine gegenwärtige Identität verursachte mir nur Schmerzen. Doch egal, wie weit ich vor mir selbst flüchtete, ich konnte mich selbst nie wirklich loswerden. So reproduzierte ich mein Leiden an einem neuen Ort, genauso wie zuvor, wenn nicht sogar schlimmer. Gleichzeitig suchte ich weiterhin obsessiv nach diesem einen Duft, der mich repräsentierte und die Menschen auf magische Weise anzog. 

Dann kam die Coronakrise und damit ein weiterer tiefgreifender Umbruch in meinem auf mich selbst fokussierten Leben. Ich fühlte mich gelähmt und wusste nicht mehr weiter. Selbst Parfums verloren ihre Bedeutung für mich, und ich wusste nicht mehr, was in meinem Leben überhaupt noch wichtig war. In dieser fremden Stadt kannte ich kaum jemanden, und alle schotteten sich wegen der Pandemie ab. Ich fühlte mich noch einsamer, als ich es mein ganzes Leben lang schon gewesen war.

Doch eines Tages geschah etwas Seltsames. Ich saß allein in einem fast leeren Bürogebäude auf der Arbeit, das aufgrund von Kurzarbeit verwaist war, und ein Gedanke durchfuhr meinen Geist. Dieser Gedanke war vollkommen losgelöst von jeglichem Kontext und lautete: "Ich sollte magische Pilze ausprobieren!" Obwohl ich zuvor nie mit Substanzen jenseits von Alkohol, Zigaretten und gelegentlichem Cannabis auf Studentenpartys in Kontakt gekommen war, begann ich, mich neugierig in das Thema einzulesen. Ich verschlang zahlreiche Bücher und sah unzählige Dokumentarfilme auf YouTube, darunter auch Berichte von Scobel. Dabei entdeckte ich, dass in den USA und der Schweiz bereits Studien zur medizinischen Anwendung von psychedelischen Pilzen bei Depressionen und anderen psychischen Leiden liefen. 

Voller Hoffnung wagte ich eines Tages den mutigen Schritt, diese Pilze allein in meiner Wohnung zu konsumieren. Den wohl bedeutsamsten und zugleich herausforderndsten Wandel in meinem Leben, den ich während dieser Reise erlebte, werde ich hier nicht in allen Einzelheiten beschreiben, da dies den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen würde. Dennoch kann ich sagen, dass während dieser Erfahrung all meine inneren Wunden, die die innere Leere in mir verursacht hatten, ans Licht kamen und ich ihre Ursprünge erkannte. Mir wurde zudem die Absurdität der Oberflächlichkeiten, die mein Leben umgaben, klar. Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben die Gelegenheit meinem inneren Kind die Liebe zu schenken, auf die es so lange gewartet hatte! Mit weiteren Zeremonien entwickelte ich mich zunehmend zu einem zufriedenen und entspannten Menschen. Zu einem Menschen, der sich selbst bedingungslos akzeptiert hat, so wie er ist. Mir wurde klar, dass es nicht die Gesellschaft war, die mich nie akzeptiert hatte, sondern ich selbst!

Ich knüpfte rasch Verbindungen zu Menschen, mit denen Freundschaften entstanden, die nicht authentischer sein könnten. Vor einem Jahr begegnete ich einer Frau, und es ist bereits jetzt offensichtlich, dass wir noch nie zuvor eine so aufrichtige und tiefgehende Liebe erlebt haben, weder empfangen noch geschenkt. Endlich habe ich mein wahres Zuhause gefunden, und die einst quälende innere Leere hat sich in winzige Fragmente aufgelöst. Diese schweben zwar noch in der Luft wie Erinnerungen aus meinem früheren Leben, doch sie haben keinerlei Einfluss mehr auf mein gegenwärtiges Dasein.  Ich möchte keinesfalls jemandem uneingeschränkt dazu raten auf die Pilzreise zu gehen, da es nicht für jeden geeignet ist und die Lebenssituation unter Umständen, beim schlechten Set und Setting, sogar verschlechtern kann. Mir ist bewusst, dass ich Glück hatte und meine Selbsttherapie beinahe ideal verlief.

Das Foto, das ich einst als mein Profilbild hier auf Parfumo hochgeladen habe, ist übrigens immer noch präsent und erinnert mich ständig an mein altes Ego. Meine Leidenschaft für Parfums ist trotz allem lebendig geblieben, jedoch entspringt sie nun einer ganz anderen Quelle: einer aufrichtigen Liebe zur der Parfumkunst! Meinen Signaturduft habe ich übrigens nach wie vor nicht gefunden, viel wichtiger ist aber für mich, das ich mich selbst fand. 

Aktualisiert am 04.09.2023 - 10:40 Uhr
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