Einzelkind

Einzelkind

Rezensionen
Einzelkind vor 2 Jahren 13 6
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Stillleben: Feuchte Lederschuhe neben einem Glas Gewürzgurken und einem Flugticket nach NYC
Welcher Duft wäre besser für die erste Rezension geeignet als einer, der auch nach 10 Jahren noch für Gesprächsstoff sorgt? Was wurde über diesen Duft nicht schon alles geschrieben: Alte Lederschuhe, neues Auto, abgestandenes Blumenwasser, Gewürzgurken, Dill, kalt, warm, cremig, modrig. Das namensgebenden Sandelholz hält sich - wie beim Duft selbst - in der Diskussion um ihn dabei dezent im Hintergrund.

Dazu das Image: ein "Influencer-Duft", "DER Duft von New York City", teuer, schwer zu bekommen, wenn man nicht in einer Großstadt lebt, Branding und Marketing als bewusste (oder krampfhafte?) Antithese zu den meisten Designer-Marken (Martin Margiela lässt dennoch grüßen), dabei inzwischen selbst Teil von Estée Lauder...ja, Le Labo macht es einem nicht einfach.

Und dennoch: Santal 33 hat für mich das gewisse Etwas. Egal ob Designer oder Nische, der Duft hebt sich ab, bleibt in Erinnerung und weckt Emotionen - und das obwohl die meisten, angegeben Duftstoffe eigentlich zum 1x1 der Parfümeurskunst gehören. Das Faszinierende ist für mich dabei, dass die meisten Menschen mit Santal 33 im ersten Moment keine bestimmten Duftstoffe in Verbindung bringen, sondern eher Erinnerungen an bestimmte Orte oder Gegenstände.

Für mich persönlich macht Santal 33 in seinem Verlauf eine spannende Entwicklung durch: Der Auftakt hat für mich die stärkste ledrige Note - den Vergleich zu Autositzen oder Lederschuhen kann ich durchaus teilen. Dabei schwingt jedoch stets etwas Grünes, Feuchtes für mich mit. Auf mich wirkt diese Komponente dabei nicht wie Gurken oder Dill, sondern eher wie eine feuchte Wiese. Morgendlicher Spaziergang durch den Stadtpark nach einer durchregneten Nacht? Später wird der Duft dann sehr viel cremiger und weicher, aber die grünen und ledrigen Noten nimmt man trotzdem noch wahr. Gerade diese Gegensätze machen den Duft für mich so spannend. 33 Duftstoffe, 33 verschiedene Assoziationen.

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Haltbarkeit und Sillage sind ebenfalls sehr angenehm: Nicht so stark, dass man dem Umfeld auf die Nerven geht, aber durchaus prominent genug, um während den ersten 3-4 Stunden auch im Freien wahrgenommen zu werden. Danach gewinnt dann tatsächlich das Sandelholz die Oberhand und Santal 33 wird etwas hautnäher und zurückhaltender. Ich nehme den Duft jedoch auch nach 8-9 Stunden noch sehr deutlich war.

Über die Flakons und das Branding von Le Labo kann man sich sicherlich streiten. Mir persönlich gefällt das minimalistische, einheitliche Design, aber ich verstehe, dass manche bei den Preisen etwas mehr "Luxus" möchten. Glas und Kappe sind auf jeden Fall schwer und hochwertig verarbeitet, aber der "Labor"-Charakter ist natürlich schon ein bisschen Gimmick. Ja, die Düfte werden in den Flagship-Stores frisch zubereitet, aber die Kühlschränke in den Parfümerien, die Le Labo führen, sind natürlich nur Deko. Sehr schön dagegen die Individualisierung beim Kauf: Das Etikett kann mit einer persönlichen Message versehen werden, wird mit Ort und Datum versehen und auf den Flakon geklebt. Das passt schon sehr gut zum Charakter der Düfte und den Assoziationen an bestimmte Orte und Momente, die sie wecken. Der Preis ist natürlich eine Hausnummer, aber immerhin gibt es beim Refill im Store 20% Rabatt.

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