Fhfhfh

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1 - 5 von 23
Fhfhfh vor 4 Jahren 9 5
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ein Theaterstück
Unter den verschiedenen Arten Parföngs sind mir die "theatralischen" die liebsten.
Um nicht missverstanden zu werden, hier sind nicht Gattungen wie "Fougere, Gourmant oder Chypre" etc gemeint. Sondern die Art ihres Auftritts. Da gäbe es die "Linearen", die, big bang, in die Welt gesprüht werden und unveränderlich darinnen bleiben und dann, endlich, irgendwann unverändert verwehen. Oder die "klassischen-Dreiteiler", die brav nach ihrem innewohnenden Countdown ihre eingebauten Triebwerksstufen abbrennen: Kopf, Herz und Basis.
Und dann eben auch das Theater auf dem Handrücken – ich rechne "Henry Cotton's In Red" zu diesen. Auf dem Theater treten handelnde Personen auf, oft in unerwarteter Reihenfolge, und haben dann ihre Händel und Gemechtel mit- und gegeneinander. Das ist, je nach dargebotenem Stück, durchaus keine chaotische oder zufällige Angelegenheit und so etwas wie die Einteilung in drei oder fünf Akten wird schon immer nachvollziehbar sein. Nur ganz so wie im Musikantenstadl, wo sich alle schon immer einig sind, so wird es in einem richtigen Drama auch nicht sein.

Was das handelnde Personal bei "Henry Cotton's In Red" betrifft, darüber informiert oben das Duftnotenverzeichnis. Hier kommt jetzt auch kein Handlungsverlauf. Sondern nur die schöne Feststellung, dass sich das Stück jedes mal, jeden Tag etwas anders darstellt. Hatte gestern nicht der Ledertyp (der gar nicht gelistet ist) mit Dame Rose eine Schmachtszene, dass es nur so krachte? Und heute ihr gegenüber so kühl, doch nun so augenzwinkernd kokett mit Jungfer Alpenveilchen?
Mache sich jeder selbst einen Reim darauf. Ganz so jugendfrei ist die Show aber nicht – und richtet sich auch deutlich an Männer. Stark, aber nicht laut. Schon klare, direkte Ansprache, kein Geschleime – aber in keiner Weise raubautzig. Das Stück ist unverstellt und witzig. An und mit einer selbstbewussten Frau muss es ein Knaller sein.

Über die Parfönglinie von Henry Cotton's ist wenig in Erfahrung zu bringen (habe aber auch kein Forschungsprojekt daraus gemacht). Offensichtlich ein Textilienhändler, der sich 1989 ein Parföng-Triplett gönnte und einen Hauptgewinn zog. Später gab es noch sparsam weitere Versuche daran anzuknüpfen, aber die Resultate scheinen ernüchternd gewesen zu sein – ich kenne sie nicht.

So, und jetzt kommt auch schon die schlechte Nachricht: wer sich dafür interessiert, muss sich sehr sehr beeilen. Der Artentod ist eigentlich längst schon eingetreten (die Mondpreise zeugen davon), aber von Zeit zu Zeit zeigt sich noch ein Exemplar in bezahlbarer Unschuld.

Die anderen beiden – "Henry Cotton's In Green" und "Henry Cotton's In Blue" – sind Brüderstücke im Geiste. Ich habe Miniaturen davon, die sich aber in die Unauffindbarkeit ferner Kisten zurückgezogen haben. Die Erinnerung an sie hatte mich allerdings "In Red" erwerben lassen.

Freue mich schon auf die nächste Aufführung.
5 Antworten
Fhfhfh vor 4 Jahren 7 6
8
Haltbarkeit
9
Duft
Wir Waldläufer
Tja, wir Waldläufer, habben es nicht leicht. Sag ich nicht um Mitleid zu schinden.
Unsere Lieblingsingredenzien sind flüchtig, wie Geister bei Tageslicht. Tanne, Fichte, Zirbe, Konifere, Wacholder (Wald?) & Co.: als rasante Kopfnoten (= Geist aus der Flasche) überwältigen sie uns und gaukeln uns ewige Erfüllung (= dauerhafte Haltbarkeit) vor. Doch bricht schnell der schöne Schein zusammen - meist im Minutentakt. Oft folgt dann ein grummeliges Gemisch aus Eichenmoos (hält lang, ist aber eigentlich wenig waldig), erdigen Patchouli-Noten (nichts dagegen) und/oder allgemeine Holzigkeit (Zeder und Familie).
Das ist aber nicht, was der Waldläufer sucht.
Der will nämlich eintauchen in das schattig-feuchte Grün unter den Bäumen – und will dort auch verweilen. Das darf erdig/pilzig sein (aber nicht zu sehr), darf bitter sein (aber keinesfalls süß), holzig-grün sowieso – und darf sich gerne auch entwickeln. Es muss aber Wald bleiben.
"Tears of Eros" – auf den Namen will ich, siehe unten, gar nicht weiter eingehen – bietet das: man betritt den Wald, und ein schönes, vielfältiges Spektrum an Aromen eröffnet sich. Im Verlauf behält das Stöffchen seinen Charakter, verändert sich auch, bleibt aber auch stark in der Spur – bei großartiger Performance. Also, das große Welttheater findet hier nicht statt – alles bleibt im Wald. Und das ist weit mehr als andere Vertreter der Gattung drauf haben.

Um noch kurz gegen zwei merkwürdige Vorbehalte zu sprechen.
* "Tears of Eros" ist wirklich ein dämlicher Name. Das hat er mit gefühlten 70% aller Parfüm-Namen gemeinsam. Es ist mir seit langem unverständlich, wie eine Branche, die zum Luxus-Segment gehört, wo eigentlich alles stimmen muss – Verpackung, Werbung, Gesichter, Kostüme – so viel dämliche Namen lanciert werden. Kann man sich die 25€ für einen sprachlich kreativen Mitarbeiter nicht leisten? Es bleibt ein Geheimnis. Allerdings bleibt mir auch unverständlich, wie man so einen dämlichen Namen zum Gegenstand einer Duftkritik machen kann.
* Ich kann nicht verstehen, wie hier so viel von "synthetischen" Ingredenzien die Rede ist. Es ist doch bestens bekannt, dass weit über 80% aller Riechstoffe gegenwärtiger Parfümerie aus aromachemikalischen Stoffen besteht – dies tritt hier, bei ToE, aber nicht weiter auffällig hervor (im Unterschied zB zu 98,5% aller als "Oud" gekennzeichneten Stoffe, die in der Regel zu 100% synthetisch sind und auch so riechen). Warum besonders hier "Synthetik" festgestellt wird – ich kanns nicht nachvollziehen.
Schließlich noch die Angaben, nach denen ich oft suche: Die Rede ist hier von einem EdP von dem 50ml den Ladenpreis von 155€ hatten (2020.03).
Mir wars den Preis wert. Auch vor dem Hintergrund, dass 19 Bewerter sich nur für eine 58%-Bewertung durchringen konnten. Eine, aus meiner Sicht, krass unterbewertete Aktie.
Dies die Meinung eines Waldläufers.
Leute, die sich lieber in der Komfortzone aufhalten, mögen sich fernhalten. Ist nichts für Jedermann (ist aber auch in keiner Weise extrem).
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Fhfhfh vor 8 Jahren 25
Schlimmer Name – Herausragendes Parföng
Welcher Künstler auch immer eines seiner Werke „Ecstasy“ nennt ist nicht ganz dicht Punkt. So bescheuert kann eigentlich niemand sein. Geht eigentlich nur in der Sparte „sex support“.
Damit könnte man’s bewenden lassen, aber glücklicherweise sind die Ergebnisse der Künstler ja oft besser als ihr Gefühl für Namensgebung.
Das hier vorliegende Parföng ist hervorragend – und damit meine ich: Eines der TopTen des 21. Jahrhunderts (von dem wir im 15ten Jahre stehen – das Jahr 2000 gehört noch dem 20sten Jahrhundert an).
Die Terenzi-Reihe habe ich nach dem Zufallsfund „Ecstasy“ mehr oder weniger systematisch (von den momentan (2016.02) gelisteten 17 Parföngs kenne ich 5 nicht) durchgescannt – keines reicht ihm die Höhe.
Viele werden nach hinten raus das, was ich für mich „ambratisch“ nenne (egal ob da Ambra-Zeugs im Spiel ist oder irgendwas anderes aus der Süßigkeiten-Industrie). Schwer und klebrig und eindimensional.
Dieses aber nicht.
Dieses startet frisch und voluminös und verheißungsvoll wie der Tag eines Fauns unter mediterraner Sonne. Ein großes Bouquet an Kräutern und Gewürzen ist an diesem Sommermorgen bereits im Spiel – aber keinesfalls erschlagend. Nein, frei nach Hölderlins „komm ins Offene, Freund“ eröffnen sich Landschaften reizvollster Provenienzen. Und der Ausflug lohnt sich. Er führt durch großartige Panoramen olfaktorischer Kunst.
Und am Ende des Tages ist man an einem Ort, an dem man schon immer sein wollte.
Kaum kann ich verstehen, warum dieser Fehlbenannte innerhalb des Terenzi-Universums so im Schatten steht. Für mich gehört er ganz nach oben, auf dem Siegertreppchen.

PS: 100% vergebe ich für Parföngs, die ich glaube 100mal mit dem Gefühl „das ist es!“ tragen zu können. Hieran habe ich bei „Ecstasy“ (was für ein bescheuerter Name) keinen Zweifel.
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Fhfhfh vor 10 Jahren 35
Ein Jahrtausenparfüm
Watt is Ein Jahrtausenparfüm? Wir schreiben das Jahr 14 (manche sagen 13) im 21. Jahrhundert - watt dann datt Dritte Jahrtausen wäre -, ist das nicht ein bisschen früh um "Ein Jahrtausenparfüm" auszurufen? 'türlich, aber wer von uns könnte bis 3001 warten (nein, 2999 reicht nicht) um zaghaft vorzubringen: 'Wahrscheinlich war Pierre Bourdons French Lover / Bois d'Orage Ein Jahrtausenparfüm' [übrigens, das fehlende „d“ ist absichsvoll]. Ich jedenfalls nicht. So lange warte ich nicht. Aus nachvollziehbaren Gründen, wie ich meine.
Um zu ermessen, warum FL Ein Jahrtausenparfüm ist, möge man sich "Portrait of a Lady" als Gegenspieler vor Nase halten. Nein, mehr sage ich nicht (kann ich auch nicht, siehe dort).
Nein, es ist nicht die Geschichte, die das Parfüm erzählt, beginnend mit Asche, gefolgt von Lippenstift und Abschiedsblume, dann Weihrauch, dann Transzendenz – wieviel Fernsehserien kommen mit weniger als der Hälfte dieser Ingredienzien aus…
Es ist das Drama (im Sinne von: Schauspiel) der Olfaktorien das gewinnt. Denn hier riecht nicht irgendwas nach irgendwas und dann kommt das oder was. Hier betreten nach und nach Charaktere die Bühne und nein, kein KommenUndGehen, sondern das Personal, es bleibt und tritt mit den anderen Charakteren in Zwiesprache. Ein Drama, dass einen ganzen Abend fortgeht.
Hier jetzt eine kleine Beichte: Bin ja manchmal so buiseness-mäßig (oder wie immer man das schreibt) genötigt mir die Schwaddelleien von Monologisten anzuhören. Mit FL am Handgelenk geht das prima. Nase am Handgelenk, Blick zum Schwaddel. Selten macht Schwaddel das Rennen. Das Drama liegt (fast) immer bei FL.

PS 1: Alle, die sich fragen, wie FL denn nun riecht, mögen die allwissende Pyramide konsultieren. Könnt ich auch hübsch illustriert nacherzählen, aber, wozu?
PS 2: Die prüden Amis. Nö, "French" mögen sie nicht. Und "Lover" ist auch Scheiße, da sind sie ganz Taliban. "Holz des Sturmes" scheint ihnen da schon passender, das ballert besser, jedenfalls viel besser als irgendwelche sexuelle oder gar homo- Konnotationen zuzulassen. Ach, wer kann da helfen… wo bei der Frage nach Gewalt oder Liebe stets die Gewalt bevorzugt wird…
PS 3: Pierre Bourdon – der feingestaltende Aquarellist unter den Parfümisten. Er wird und kann nicht vergessen werden. Seinen Nobelpreis wird er aber für einen für ihn untypischen Stoff bekommen: für FL. Soviel Prophetie möge erlaubt sein.
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Fhfhfh vor 10 Jahren 7
Acquaten für Windsurfer
Manchmal ist es besser fast nichts zu schreiben, als gar nichts zu schreiben. Auch wenn so ein Kommentar natürlich das Label "minderwertige Meinung" einheimsen wird. Egal.
1. Sergio Soldano ist ein Hersteller toller Parföngs in der "User-League" – also für den täglichen oder ständigen Gebrauch bestimmt, aber nichts, womit man die Connaiseure zu einer mehr als einer fadenscheinigen Grimasse verlocken wird. Aber darauf kommt es ja auch nicht an.
2. Sergio Soldano ist eine hierzulande vollständig unterschätzte, weil weitestgehend unbekannte Marke. Italienische Wertarbeit, by the way.
3. ''Yes for Men'' ist definitiv nicht mein Geschmack. Warum? Weil ich eine Idiosynkrasie (Abneigung, Allergie, Brechreiz, Hass, Gewaltphantasien, blutige-Tribunal-Visionen und, oh god…) gegen Aquaten habe. Dieses widerliche calonehaltige, brackigen, brechreizerrregenden Geruchsnoten, die von unbefangenen Geistern als: frisch, ozeanisch, meersalzig und weiß der Teufel noch was gefeiert wird. Feiert, aber ich werde nicht dabei sein (was aber auch beiläufig vollkommen egal sein wird).
4. Wahrscheinlich ist das dennoch ein guter Duft – das bemöge beurteilen, wer ihn schätzen kann…
5. Soldano ist in jedem Fall ein schwergewichtiges Parfümhaus.
6. (Anitiaquatische) Männer, probiert mal "Nero Scuro Men", das hat Kaliber…
So wird eine kurze Anmerkung doch eine lange. Egal. Look around…
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