Floramalia
Floramalias Blog
vor 6 Jahren - 09.09.2018
20 43

Hier nun der ausführliche Bericht zu unseren Duftentdeckungen in Singapurs arabischem Viertel Kampong Glam

Ende August verbrachte ich eine Woche in Singapur, zusammen mit meinem zum Glück auch sehr duftinteressierten Mann und unserer gerade volljährig gewordenen Tochter (die sich tapfer von uns beiden im 5-Minuten-Abstand einen unserer vier Unterarme zum schnuppern bieten lassen und sich hin und wieder fremdschämen musste)

Vorab hatte ich im Parfumo-Forum nach Tipps für einschlägige Adressen gefragt und habe sehr nette Antworten erhalten: einen super Essenstipp von Yalla und einen sehr guten Tipp für eine Parfümadresse von Globomanni. Lieben Dank an die beiden!

Bevor ich zu Globomannis Adresse etwas schreibe, möchte ich gerne ein paar allgemeine olfaktorische Beobachtungen zu Singapur machen. In der Stadt gibt es sehr viel Grün mit der entsprechenden tropischen Vegetation, Naturparks mit fast unberührt wirkendem Regenwald, einen faszinierenden Botanischen Garten, aber auch Bäume und Grünstreifen an vielbefahrenen Straßen und nicht zu vergessen, die Vegetation, die in Form von Dachgärten, bewachsenen Balkonen und Terrassen und begrünten Fassaden den grünen Gesamteindruck der Stadt prägen. All dieses Grün verströmt nach dem Regen einen stark würzigen, grünen, sehr angenehmen und deutlich wahrnehmbaren Duft. Auffällig fand ich außerdem die überall recht präsenten, aber unaufdringlichen und sehr angenehmen Raumdüfte (Hotellobby etc.). Insgesamt definitiv eine wohlriechende Stadt. Aber Menschen, die so parfümiert sind, dass man es bemerkt, sind mir nicht aufgefallen. Allerdings habe ich selber auch die Beobachtung gemacht, dass sämtliche Düfte, die man verwendet, durch das tropische Klima und die hohe Luftfeuchtigkeit sich offenbar rasant schnell verabschieden. Einige der in Singapur ansässigen Parfümmarken haben sich darauf eingestellt und werben damit, dass ihre Düfte selbst im tropischen Klima lang anhalten würden.

Natürlich hatte ich mir im Vorfeld genau überlegt, welche Düfte ich mitnehmen möchte, stellte dann aber fest, dass alles, was wir uns als sommertauglich vorstellen (leicht, frisch, zitrisch, Tee-Düfte) dort gar nicht so passend und auch zu flüchtig ist.

Jamal Kazura Aromatics (Headoffice 728, North Bridge Road, ein weiterer Laden in der North Bridge Road und zwei Läden in der Bussorah Street)

Da wir im arabischen Viertel wohnten, fanden wir sehr schnell den Weg zu Jamal Kazura Aromatics (Globomannis Tipp). Kazura ist eine Art Parfümimperium mit vier Läden im Viertel. Kazura gibt es in Singapur seit 1933, das Unternehmen handelt sowohl mit verschiedensten puren Parfümölen, als auch mit Parfümölen, die Mischungen sind. Diese Mischungen sind Eigenkreationen, aber auch Düfte, die Parfüms der bekannten westlichen Parfümhäuser nachahmen. Diese Attare ermöglichen es den muslimischen Kunden, bekannte Düfte wie die Evergreens aus dem Hause Chanel und Ähnliches tragen zu können, da diese ohne Alkohol auskommen. Die verwendeten Grundstoffe sind erkennbar von sehr hoher Qualität. Zwar kommen diese Düfte den Vorbildern manchmal nur entfernt nahe (sind eher ein Zitat selbiger), stehen ihnen aber qualitativ nicht in allergeringsten nach. Allerdings haben die Attare nicht die Sillage und Strahlkraft von EDP's oder EDT's. Sie sind eher hautnah, dafür lange anhaltend. Ich vermisse etwas das Belebende, das die Düfte auf Alkoholbasis haben. In einem der Läden gibt es auch einige wenige Eau de Parfums, die die Duftkombinationen der Öle auf Alkoholbasis in schlichten Sprühflakons anbieten, wie zum Beispiel das von Globomanni bereits in die Datenbank hinzugefügte Dhakar, das wir auch erstanden haben. Bei Kazura kann man zudem auch ätherische Öle zu therapeutischen Zwecken sowie Räucherwerk wie den wunderbaren hochwertigen Weihrauch aus dem Oman erwerben. Die Preise sind allesamt mehr als zivil.

Link: http://jamalkazura.com/

Sifr Aromatics (42, Arab Street)

Nur eine Ecke weiter befindet sich Sifr Aromatics, ein Geschäft, das einem Enkel des Kazura-Gründers und Sohn des Inhabers von Kazura gehört. In der Parfümwelt von Johari Kazura habe ich mich wesentlich mehr „zu Hause“ gefühlt. Seine Düfte sind mit denselben hochwertigen Parfümölen hergestellt, wie bei Kazura, die Ergebnisse sind absolut eigenständige und sehr überzeugende Düfte, die jeweils sowohl als EDP, als auch als Attar angeboten werden. Der Laden in einem schön renovierten Shopping House ist wunderschön eingerichtet und vereint in seinem Stil sehr gekonnt Tradition und Moderne. Die Düfte sind sehr ansprechend präsentiert und im hinteren Teil des Ladens ist der Arbeitsplatz des Parfümeurs zu sehen. Am Klavier im Laden wird meistens nebenbei musiziert und man kann sich dort auch ein maßgeschneidertes Parfum entwickeln lassen. Die Atmosphäre ist entspannt und freundlich, sehr zuvorkommend und unaufdringlich. Wellness-Öle und Duftkerzen sind ebenfalls im Angebot. Wir haben „Tobacco Sea“ für meinen Mann und „Lila“ für unsere Tochter gekauft, ich konnte mich dort irgendwie nicht entscheiden, sollte aber später an anderer Stelle auch noch zum Zuge kommen. Johari Kazura erklärt seinen Ansatz in dem unten verlinkten Artikel. Er konstatiert, dass Parfümeurskunst heute stets mit der großen französischen Tradition in Verbindung gebracht werde, die eigentlichen Wurzeln aber im arabischen und indischen Raum lägen. Bei Sifr werden diese unterschiedlichen Wurzeln und Traditionen miteinander verbunden, was sich einerseits in der Tatsache widerspiegelt, dass es die Düfte als Öle und als Eau de Parfums gibt, andererseits auch in der Bandbreite der verschiedenen Düfte von „Eiffel“ bis „Sultan“.

Um zu unterstreichen, dass es sich um einen Neubeginn handelt und um sich vom Traditionsunternehmen des Vaters abzugrenzen, nannte Johari Kazura sein Unternehmen „Sifr“, was auf arabisch „Null“ bedeutet – man fängt von Null an. Sifr unterscheidet sich auch in der Preisgestaltung deutlich von Kazura, was nicht heißt, dass ich die Düfte teuer finde, aber eben auch nicht mehr so atemberaubend günstig.

Links:

http://sifr.sg/

https://www.straitstimes.com/singapore/sifr-experi...

Oudh Madina (52, Bussorah Street)

Ich tue mir eigentlich mit orientalischen Düften und Oudh eher schwer und wäre in den nächsten Laden gar nicht erst reingegangen, wäre ich nicht auf den groß beworbenen Honig aus dem Jemen aufmerksam geworden. Oudh Madina in der Bussorah Street hat ebenfalls Parfümöle im Stil von Kazura im Angebot. Der Jemenitische Honig erwies sich mit umgerechnet etwa 60 Euro pro Glas als eher unbezahlbar, aber das Regal mit den Oudh Düften als Eau de Parfum hat mich angezogen, zumal sie sehr schön präsentiert waren und zum Riechen diese schönen Porzellanhütchen bereitstanden. Nach ausführlichem Hin- und Herriechen und mehreren Runden um den Block fiel die Wahl auf „Raudhah“ (bedeutet soviel wie „Paradies“), einen blumig-cremigen Duft mit einer Kopfnote aus Orangenblüten und Neroli mit fruchtigen Orangenanklängen und einem zahmen, runden Oudh für Anfänger wie mich. Aber das ist alles nur geraten, denn auf die Frage nach den Duftnoten erntete ich nur ein freundliches Lächeln, aber keine wirklich informative Antwort („some flowers“). Jedenfalls bin ich sehr glücklich, dass mein Mann mir Raudhah geschenkt hat und habe den Duft auch durchaus schon im Alltag benutzt und mich sehr wohl damit gefühlt. Der befürchtete Effekt, dass man, kaum ist man wieder zu Hause, den Urlaubsduft als nicht in die Umgebung daheim passend empfindet (ähnlich dem bekannten Phänomen, dass der Urlaubswein daheim nicht mehr schmeckt), ist zum Glück nicht eingetreten. Für richtige Oudh-Liebhaber wären bei Oudh Madina sicherlich noch einige Entdeckungen zu machen.

Link:

https://www.oudhmadina.com/

Freda 'D und andere – außerhalb des arabischen Viertels

Offenbar gibt es derzeit in Singapur eine Szene für sogenannte Bespoke Perfumes, also Düfte, die im Gespräch mit dem Kunden oder der Kundin zusammengestellt werden. Ich war etwas skeptisch, ob dies wirklich in einem halbstündigen Termin machbar ist und hatte vielleicht auch nicht den Mut, es auszuprobieren. Hier gibt es einen Artikel, in dem einige Anbieter für maßgeschneidert Parfüms in Singapur vorgestellt werden: https://thehoneycombers.com/singapore/singapore-pe...

Wir hatten ja auch noch das eine oder andere Vorhaben in Singapur und daher habe ich es auch nicht geschafft, mich noch ausführlicher mit der dortigen Parfüm-Szene zu befassen. Von den im oben angeführten Artikel genannten Adressen konnte ich mir noch Freda D'Parfum ansehen.

http://www.freda-d.com

Die fertigen Düfte, die im kleinen Counter in einer Shopping Mall angeboten werden, hätten genauso nach in Berlin gepasst, hier konnte ich nichts Asientypisches oder Orientalisches erkennen. Ich fand die Düfte sehr gut gemacht, konnte aber nicht ganz nachvollziehen, als mir die Dame am Counter erklärt hat, dass sie speziell auf bessere Haltbarkeit in tropischem Klima angelegt seien. Das waren feinziselierte Düfte, keine Wuchtbrummer. Am besten gefiel mir „Christmas“ und dummerweise hat mich allein der blöde Name vom Kauf abgehalten, was ich heute schon ein wenig bereue.

Leider hatte ich die Idee zu einem Blog-Artikel erst nach der Reise und habe nur sehr unprofessionelle Schnappschüsse gemacht oder überhaupt ganz vergessen zu fotografieren. Ein paar der mitgebrachten Flakons haben wir zu Hause abfotografiert und ich hoffe auf Eure Nachsicht und denke, zur Illustration sind die Bilder doch okay und es wäre schade, sie ganz wegzulassen.

Falls von Euch noch jemand Tipps für Duftentdeckungen in Singapur hätte, würde es mich natürlich freuen.

20 Antworten

Weitere Artikel von Floramalia