
Wie ich Parfümeur wurde (Teil 3)
Vom Community-Traum zum Social-Media-Albtraum
Im zweiten Teil meiner Reise habe ich euch erzählt, wie aus jahrelangem Experimentieren endlich der erste, wirklich runde Duft entstand. Ein Durchbruch, der mich beflügelte und mir das Gefühl gab, auf dem richtigen Weg zu sein. Ich hatte Wissen angesammelt und wollte es teilen. Doch genau das, sollte mich an den Rand dessen bringen, was ich psychisch aushalten konnte.
Jahr 4: Das Jahr der Community (und ihrer Schattenseiten)
Beflügelt von meinen Fortschritten, beschloss ich, mein Wissen nicht für mich zu behalten. Ich produzierte einen 10-teiligen YouTube-Kurs, in dem ich alles erklärte, was ich bis dahin gelernt hatte – komplett kostenfrei. Mein Lohn waren nette Kommentare und das gute Gefühl, anderen den Einstieg zu erleichtern, den ich mir selbst so gewünscht hätte.
Die Resonanz war überwältigend. Mein Posteingang füllte sich mit Direktnachrichten, und auf den gut gemeinten Ratschlag eines Nutzers hin gründete ich eine Telegram-Gruppe. Diese wuchs zeitweise auf über 70 Mitglieder an und bot erstmals die Möglichkeit, sich direkt untereinander und mit mir auszutauschen.
Doch mit dem scheinbar steigenden Interesse zeigten sich auch die Schattenseiten von Social Media. In der Telegram-Gruppe wurde das besonders deutlich. Es gab eine Handvoll Nutzer, die bereitwillig ihr Wissen teilten. Es gab viele stille Beobachter, was völlig in Ordnung ist. Aber es gab eben auch jene, die ganz selbstverständlich Ratschläge einholten, aber oft nicht einmal ein "Danke" über die Tastatur brachten. Sie gingen anderen auf die Nerven, weil sie einfach keine Lust hatten, selbst zu recherchieren – fragen war ja bequemer. Und dann waren da noch die Leute, die dachten, die Gruppe sei ihre Gratis-Werbeplattform. Das hatte mich irgendwann so genervt, dass ich die Gruppe auflöste.
Auch die DMs auf Instagram wurden mir zu viel. Neben vielen netten einzelnen Anfragen gab es auch hier einige, die meinten, sie bekämen bei mir kostenlose Nachhilfe in Form von Dauerchats. Zu toppen war das nur noch durch DMs, die mich darauf hinwiesen, dass ich ihren YouTube-Kommentar noch nicht beantwortet hatte.
Alles in allem war dieses Jahr kräftezehrend für mich. Ich hatte anscheinend noch nicht gelernt, mich auf Social Media richtig abzugrenzen.
Jahr 5: Das Jahr, in dem die Leidenschaft fast starb
Konnte es noch schlimmer kommen? Es konnte. Die Geschichte ist schnell erzählt: Ich hatte einem Influencer einen meiner Düfte (ein Prototyp) geschenkt. Nachdem ich ca. ein halbes Jahr nichts von ihm gehört hatte, "bewertete" er den Duft spontan in einem Livestream. Er sprühte ihn auf, erklärte ihn sofort zu einem Zitrusduft und wunderte sich, warum ich ihn als Amber-Duft klassifiziert hatte. Mein Hinweis im Live-Chat, dass Amber-Noten Zeit brauchen, um sich zu entwickeln (Stichwort: Duftverlauf), wurde ignoriert. Nach ca. fünf Minuten war die "Bewertung" vorbei und ging später als permanentes Video online.
Daraufhin veröffentlichte ich ein sachlich gehaltenes Video, in dem ich diesen Sachverhalt richtigstellte. Die Reaktion darauf waren zwei Abmahnungen und darauf folgend zwei Klagen durch eben diesen Influencer. Auf den genauen Sachverhalt gehe ich hier aus Platz- und rechtlichen Gründen nicht ein. Nur so viel: Letztlich ist der Influencer damit gescheitert. Dafür musste ich jedoch zunächst in Berufung gehen, wodurch das Kostenrisiko stieg und der gesamte Prozess – im "Eilverfahren" – über ein Jahr dauerte.
Was ich damit sagen will, ist: Social Media ist mir irgendwann so dermaßen auf den Zeiger gegangen, dass ich einfach keine Energie mehr dafür hatte. Ich produzierte keine Videos mehr und beschäftigte mich auch lange nicht mehr mit der Parfümherstellung. Kurz gesagt: All das, was ich mit so großem Interesse begonnen hatte, drohte für immer im Nichts zu versanden.
War das also das Ende? Hatte ein Streit auf Social Media die Kraft, einen langjährigen Weg zu beenden? Das erfährst du im kommenden vorerst letzten Teil meiner Reise.







